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Das Gewicht wieder ins Lot bringen

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Dem Kähler-Zitat ist also auch aus meiner Sicht ein deutlicher Zweifel hinzuzufügen - und namhafte Theologen sehen das doch sehr ähnlich:

(Vgl: >> Klaus Peter Jörns in: Ritter, Werner H.: Blutiges Verlustgeschäft? Die Vorstellung vom Opfertod Jesu ist fremd und befremdlich – überflüssig ist sie nicht, in: zeitzeichen 4/2006, S. 45. >> Pöhlmann, Horst Georg: Abgründige Wahrheit. Vergibt Gott nur, wenn er Blut sieht? Die Kritik am Sühnetod Jesu, in: zeitzeichen 4/2006, S. 48 >> Dahlferth, Ingolf U.: Der auferweckte Gekreuzigte. Zur Grammatik der Christologie, Tübingen 1994, S. 305; >> Vgl. auch Welt-Artikel: https://www.welt.de/kultur/article3429266/Warum-starb-Jesus-Christus-am-Kreuz.html)

So schreibt auch der ehemalige Ratsvorsitzende der EKD Professor Wolfgang Huber in seinem Buch: Der christliche Glaube: "Jesu Kreuzestod ist nicht eine zwangsläufig geschuldete Sühneleistung zur Besänftigung eines zornigen Gottes, sondern eine aus Freiheit um der Liebe Gottes vollzogene Selbsthingabe." (Zitiert nach http://www.sewaldjo.de/Evangelium_Kernaussagen.pdf; W Huber, Der christliche Glaube, Gütersloh 2008; ähnlich Nikolaus Schneider, Eugen Biser u.a.)

Ist es nicht vielmehr die Auferstehung, die den Kern der Christologie bildet? Liegt nicht in der Überwindung des Todes die Kraft des Glaubens, statt im Tod? Die Kreuzesverkündigung ist doch nur die Manifestation der vermeintlichen Macht der Menschen, die dann in der Auferstehung ad absurdum geführt wird, weil hier der Macht der Menschen zum Tod, die Macht Gottes zum Leben unübersehbar und unverwechselbar machtvoll gegenübergestellt wurde. Genau deshalb ist auch die Deutung des Todes Jesu, von der ersten Urgemeinde an, differenziert betrachtet worden und unterschiedlich bewertet, während an der Auferstehung nichts zu deuten übrigbleibt. Das Leben siegt aus der Kraft Gottes über die Todesmacht der Menschen. Die Auferstehung kann man bezweifeln, verleugnen, virtualisieren, symbolisch, figurativ, metaphorisch auffassen, aber für den Menschen und seine Macht zu deuten gibt es da nichts. Töten kann auch der Mensch. Leben schaffen kann nur Gott. Der naturwissenschaftliche Befund ist eindeutig: Kreativität von Menschen ist Energieumwandlung. Energieschaffung aus dem Nichts ist Gott vorbehalten. Deshalb ist die Auferstehung als „Neuschöpfung“ dem menschlichen Tun vollständig entzogen. In ihr liegt die göttliche Kraft im Wunder Jesu. Deshalb liegt HIER das Geheimnis der Erlösung, die Rechtfertigung des Sünders verankert.

Aber der Tod Jesu, das Menschenwerk, das bedarf der Deutung. Weil Menschen die daraus entstehende Macht für sich beanspruchen können. Pilatus, der römische Kaiser, Herodes, sie alle können sich mit ihrer Macht brüsten, Jesus getötet zu haben. Deshalb ist eine theologische Deutung nötig, um die Macht auf die Seite der Kirche zu bringen. Ihr habt Jesus getötet, aber in Wirklichkeit…

Mit dem Tode Jesus ist die Macht der Menschen aber auch an ihrem absoluten Ende angekommen. Das was danach passiert jedoch macht sie hilflos, sprachlos, wütend, und zeigt sie als kleine Marionetten im großen Räderwerk des allmächtigen Schöpfergottes.

Der Tod Jesu ist deshalb auch weitmöglichst historisches Faktum, die Auferstehung ist jedoch Glaubenssache. Während außerbiblische Quellen vom Tod Jesu berichten (Flavius Josephus, Plinius-Briefe, Sueton, Tacitus, u.a.), gibt es dergleichen, soweit mir bekannt ist, nicht von der Auferstehung (So auch Martin Karrer, Theologie des Neuen Testaments, Göttingen 1998, S. 23f.). Das legt den Verdacht nahe, dass der Tod Jesu kirchenpolitisch, religionspolitisch gedeutet werden wollte und wurde, vielleicht sogar, weil damit ein Stück weit das Überleben der neuen christlichen Gemeinden davon abhing. Wenn man deutlich machen konnte, dass das Sterben Jesu so geplant, gewollt, ja gar nötig war, ein göttliches „muss“ war, wurde dem Vorwurf gegenüber den Machthabern jeglicher Wind aus den Segeln genommen und eine lebensgefährliche Gegnerschaft, die der Kirchenmacht hätte schaden können, erst gar nicht aufgebaut. Das schützte die Christen vor gefährlichen Äußerungen in der Öffentlichkeit und konnte dem Staat gegenüber benutzt werden um die Unbedenklichkeit gegenüber dem Christentum zu unterlegen. Nein – Ihr seid nicht schuld am Tode Jesu, Ihr habt das nicht gemacht, - aber wir sind das, die das so deuten. Und deshalb sind wir die Mächtigeren. Wir haben die Deutungs-hoch-heit. Wir haben die Macht der Wahrheit.

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