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Jesus >musste< nicht am Kreuz sterben

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Einer meiner Lieblings-Erkenntnisse aus 40 Jahren angewandter Theologie steckt in dem Satz: „>Muss< gibt es im evangelischen Wortschatz nicht!“ Gott zwingt nicht. Gott macht frei. Auch seinen Sohn. Sonst hätte er die Welt und die Menschen anders geschaffen. Das wäre ja ein Leichtes für ihn gewesen. Hat er aber nicht! Er hat uns in Freiheit geschaffen, wohl wissend welche Arbeit und Mühe es sein würde, uns immer wieder von Neuem einzuladen, um uns zu werben, zu buhlen, zu reden und zu bebbern, Sonntag für Sonntag auf unzählig vielen Kanzeln sein Wort verkünden zu lassen. Aber er zwingt eben nichts und niemanden. Er stellt es uns frei, einladend, lieb machend, uns für ihn - sprich für Leben und Liebe - zu entscheiden. Das und genau das, hat auch Jesus gemacht. Vorbildlich und superkonsequent. Diese Konsequenz der Liebe und Annahme von Menschen nach dem Willen Gottes stellte die Machtstrukturen der Menschen in Frage, weshalb sie ihn stoppen wollten. Egal wie. Und weil seine Konsequenz vom inneren Prinzip her unantastbar war, dachten sie, es gäbe nur den Weg ihn zu töten. Und hier kommt dann Prof. Wolter mit seinem Artikel. Das Kreuz ist eine geschichtliche Entscheidung DIESER damals agierenden Menschen und kein Plan Gottes.

Gott sandte seinen Sohn nicht auf die Welt um am Kreuz zu sterben, sondern um die Menschen zu erlösen. Heißt: Ihnen noch einmal und eph hapax zu zeigen, sie einzuladen, ihnen bis zur letzten Konsequenz vor Augen zu führen, sich doch „um Himmels willen“ für die Liebe zu entscheiden, also für Gott, statt für eine eigene zweifelhafte, weil zerstörende Macht.

Dass Jesus am >Kreuz< endete, ist seiner Zeitgeschichte, einer konkreten historischen Situation geschuldet. Gott wäre es viel lieber gewesen, die Menschen hätten sich bekehrt und Liebe und Vergebung gelebt und Jesus wäre als alter Mann an Altersschwäche gestorben und das Leben hätte gar keinen Beweis für die Kraft der Liebe in der Auferstehung gebraucht. Aber so lief es nicht. Historisch nicht und deshalb auch theologisch nicht. Und deshalb kam die Auferstehung noch hinzu als untrügliches Zeichen, dass die Liebe stärker ist, sogar stärker als der Tod (Hohes Lied 8,6). Aber eigentlich hätte es das Sterben Jesus gar nicht gebraucht, wären die Menschen Gott auf andere Weise gefolgt.

Dass es das Kreuz wurde, was dann zum Zeichen des Christentums wurde, ist also salopp gesagt historischer Zufall. Die Verkündigung aber hat sich mehr um das zu kümmern, warum es überhaupt zum Kreuz kam: Die Konsequenz der Liebe. Das ist das Thema vom Karfreitag. Das ist der Kern des Abendmahles. Das ist das Zentrum aller Osterverkündigung. Das ist die Mitte der Bibel. Und das unterscheidet die Heilige Schrift des Christentums von anderen heiligen Schriften dieser Welt. Nicht Jesu Tod gilt es zu verkünden, sondern seine Liebe, die stärker ist als alles was wir uns vorstellen können, sogar stärker wie der Tod.

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