Читать книгу Das Reisebuch Europa - Jochen Müssig - Страница 26
ОглавлениеKRAKAU – ALTE SEELE MIT JUNGEM FLAIR
Südpolnisches Zentrum der Künste
Wer Krakau nicht gesehen hat, kennt Polen nicht. Dieses geflügelte Wort könnte zutreffender nicht sein. Nirgendwo anders im Land werden Kultur und Geschichte so liebevoll gepflegt wie in der alten Königsstadt. Dabei zeigt sich Polens südliche Metropole keineswegs museal oder verstaubt. Im Gegenteil: Die vielen jungen Einwohner sorgen für eine frische Atmosphäre.
Die Marienkirche thront am Rande des Rynek Główny.
Als die UNESCO 1978 die ersten zwölf Stätten des Welterbes der Menschheit kürte, fand sich manche Überraschung auf der Liste. Die Altstadt von Krakau gehörte dazu. Damals kannten nur wenige Touristen Polens zweitgrößte Stadt aus eigener Anschauung. Diese Zeiten sind lange vorüber. Mittlerweile hat es sich herumgesprochen, dass Krakaus historische Mitte ein Juwel der Städtebaukunst ist. Doch noch immer reiben sich viele Besucher verwundert die Augen, wenn sie erstmals den Rynek Główny betreten. Der Hauptmarkt ist nicht nur einer der größten, sondern gilt vielen auch als einer der schönsten Stadtplätze Europas.
In seiner Mitte stehen die Tuchhallen, deren Renaissance-Fassaden eher in eine italienische denn in eine polnische Stadt zu passen scheinen. An der Ostecke des Platzes zieht die gotische Marienkirche mit ihren beiden ungleich hohen Türmen die Blicke auf sich. Zu jeder Stunde bläst ein Trompeter von oben sein Signal in alle vier Himmelsrichtungen.
Jazz-Konzert in der urigen Atmosphäre eines Kellerlokals.
Versteckte Plätze der Hoch- und Alltagskultur
Der Rynek Główny ist zu fast jeder Tageszeit belebt und strahlt dennoch eine würdevolle Ruhe aus. Die umliegenden Cafés bieten Gelegenheit zur Stärkung, bevor es hineingeht ins Gassengeviert. Verlaufen ist so gut wie ausgeschlossen, da der Stadtplan einem Schachbrett gleicht. Neben der Marienkirche mit dem kostbaren Hochaltar von Veit Stoß gibt es 18 weitere Kirchen in der Altstadt, darunter die der Franziskaner, deren Besuch allein wegen des in Farben schwelgenden Fensters des Jugendstilkünstlers und Multitalents Stanisław Wyspiański (1869–1907) lohnt.
Im Czartoryski-Museum hängt eines der anrührendsten Gemälde von Leonardo da Vinci, »Dame mit dem Hermelin«. Andere Stätten der Hochkultur verbergen sich hinter unscheinbaren Eingängen, so etwa der Innenhof des Collegium Maius. Die Atmosphäre der nach Prag zweitältesten Universität Mitteleuropas ist dort besonders bezaubernd.
Entdeckergene zahlen sich aus in Krakaus historischem Zentrum. In jedem Straßenzug öffnen sich Tore zu Hinterhöfen oder Treppen in Untergeschosse. Wer ein wenig neugierig ist und seine Schritte dorthin lenkt, wird immer wieder belohnt – sei es mit einer originellen Boutique, einem gemütlichen Jazz-Klub oder einer innovativen Galerie. Wie ein Magnet zieht der Wawel die Besucherströme nach Süden. Der über der Weichsel thronende Burgberg war einst die Residenz der polnischen Könige, von denen die meisten dort ihre letzte Ruhestätte gefunden haben. Bei Sonnenschein weist die golden glitzernde Kuppel der Sigismundkapelle den Weg. Der Besuch gehört für jeden Polen zum Pflichtprogramm.
Spurensuche im alten jüdischen Viertel
Jenseits des Wawel und des Grüngürtels Planty, der die Altstadt umringt, erreicht der Spaziergänger bequem das Viertel Kazimierz. Wo vor dem Zweiten Weltkrieg 64 000 Juden lebten, waren nach deren Vertreibung durch die Nationalsozialisten jahrzehntelang nur noch wenige Spuren jüdischen Lebens zu finden. Kazimierz verfiel. Heute erlebt das Viertel seine Wiedererweckung: Alte Synagogen öffnen wieder ihre Türen, Restaurants bieten koschere Speisen, zwei jüdische Friedhöfe gemahnen an die Vergangenheit. Doch der Blick geht nicht nur zurück: Jeden Sommer zieht das jüdische Kulturfestival internationale Künstler und Besucher an und bringt Leben in die Straßen.
Darüber hinaus hat sich Kazimierz zum In-Viertel der Stadt gewandelt. In den Kneipen und Bars rund um den Plac Nowy schlägt der Puls des jungen Krakau. Studenten und Künstler lieben es, dort den Tag ausklingen zu lassen. Abendliche Flaneure werden gerne willkommen geheißen, auch wenn sie nur zur Stippvisite in Krakau sind.
TOP ERLEBNIS
DIE SALZBERGWERKE VON WIELICZKA UND BOCHNIA
Wie die Altstadt von Krakau gehört auch das Salzbergwerk von Wieliczka zum Weltkulturerbe. 2013 wurde die Stätte um das Salzbergwerk in Bochnia erweitert. Beide Minen liegen östlich der Stadt und sind bequem mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen. In Bochnia wurde erstmals 1248 Salz abgebaut, in Wieliczka begann der Abbau wenig später. Im Lauf der Jahrhunderte sind zahlreiche Höhlen und teilweise riesige Hallen entstanden, die sich in Wieliczka auf einer Strecke von rund 300 Kilometern verteilen. Die berühmteste ist die Kapelle der heiligen Kinga, in der die Bergleute einst Skulpturen aus dem Salz gehauen und Gottesdienste gefeiert haben. Zu den beeindruckendsten Räumen in Bochnia gehört ein unterirdisches Basketball-Spielfeld. In beiden Bergwerken finden Patienten mit Atemwegserkrankungen Linderung. Sowohl Wieliczka als auch Bochnia können im Rahmen von geführten Touren besichtigt werden.
WEITERE INFORMATIONEN
Das Salzbergwerk von Wieliczka birgt die Kapelle der heiligen Kinga.