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PRAG – DIE UNTERSCHÄTZTE SCHÖNE
ОглавлениеTradition, Tragödie und neues Tempo
Die tschechische Metropole ist »eine Verführerin mit tausend Schleiern«, wie Miloš Forman gesagt hat. Und sie lässt einen nicht mehr los, befand Franz Kafka, einer der großen Söhne der Stadt, vor mehr als 100 Jahren. Bis heute ist Prag eine Stadt voller Magie. Ihr Herz schlägt unter goldenen Dächern, in historischen Kaffeehäusern, Kellerkneipen und im alten Jüdischen Viertel.
Ein Einblick ins mittelalterliche Prag bietet der Alte Jüdische Friedhof. Aus Platzmangel begrub man die Verstorbenen in bis zu zwölf Schichten.
Die kleine Galerie, in der es vergilbte Fotos, neue Grafik und böhmisches Kristallglas zu kaufen gibt, passt zum Burgviertel und seinen engen Gassen. Und die alte Dame, die ein aus der Zeit gefallenes Deutsch spricht und anrührend erzählt von der bitteren Vergangenheit und der lebensfrohen Gegenwart, passt zu diesem Laden. Diese zufällige Begegnung wiederum passt zu Prag, dieser vibrierenden und zugleich an so vielen Stellen melancholisch wirkenden Metropole. Auch das Grand Café Orient, nur ein paar Schritte vom Platz der Republik entfernt, gilt als ein solcher Platz, an dem sich die Zeiten und Welten begegnen. Das Orient, ein Hort des Kubismus und eine Herberge der Nostalgie, ist eines der sechs oder sieben erhaltenen unter den legendären Kaffeehäusern, in denen sich einst die Elite der deutsch-jüdisch-österreichisch-tschechischen Dichter, Denker und Komponisten getroffen hat. Für die Prager Journalistin Bára Procházková bis heute ein inspirierender Ort.
Aharon Ester gehört zu den engagierten Mitgliedern der kleinen jüdischen Gemeinde von Prag, die einmal eine der größten in Europa war. Der junge Historiker führt Besucher auf dem Friedhof aus dem 15. Jahrhundert zum Grab des Rabbi Löw, einer Symbolfigur des mystischen Prag. Für die Gäste sortiert Aharon Eindrücke aus den sechs Synagogen der Josefstadt, dem ehemaligen Wohnviertel der Juden, er ordnet Stilrichtungen, Jahreszahlen, einstige Bedeutung. In der Pinkas-Synagoge jedoch, vor den Zeichnungen der Kinder aus dem KZ Theresienstadt, die sie kurz vor ihrer Ermordung gemalt haben, bleibt nur stumme Fassungslosigkeit.
In goldenem Licht: Nachtspaziergang über die Karlsbrücke.
Der Altstädter Brückenturm über dem ersten Brückenpfeiler stammt aus dem 14. Jahrhundert.
Das Jan-Hus-Denkmal und die Teynkirche am Altstädter Ring.