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Sightseeing per Straßenbahn

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Drei Tage reichen für das Gesamtkunstwerk Prag kaum aus, obwohl die Stadt kompakt ist mit ihren 1,2 Millionen Einwohnern auf einer Fläche von gut 500 Quadratkilometern. Die Straßenbahn stellt hier die ideale Ergänzung zum lustvollen Sich-treiben-Lassen dar. Die Tramlinie 22 zum Beispiel verbindet nicht nur einige herausragende Sehenswürdigkeiten zwischen dem Burgviertel auf der Kleinseite, wie das westliche Ufer der Moldau genannt wird, und der Neustadt auf der anderen Seite. Eine solche Fahrt ermöglicht immer auch einen Seitenblick auf den Alltag der Prager.

Die berühmte Karlsbrücke allerdings, Wahrzeichen und historisches Bindeglied beider Seiten, ist nur Fußgängern zugänglich, und das in der Regel auch nur im gedrängten Miteinander von Pragbesuchern aus aller Welt. Man mag das alltägliche Spektakel auf dieser 520 Meter langen Brücke touristisch nennen. Aber so ein Spaziergang macht einfach Spaß, er gehört zu Prag wie der Fischmarkt zu Hamburg oder die Tower Bridge zu London. Zwischen den Heiligenfiguren auf beiden Brücken wird Jazz geboten, Scherenschneider, Maler, Schmuckdesigner und ein geschätztes Dutzend T-Shirt-Verkäufer lenken kurzfristig vom Blick auf die Moldau und die Türme an ihren Ufern ab: ein sympathischer Rummelplatz mit Traumkulisse.

Viele Prag-Besucher bringen ihre Klischees mit an die Moldau. Das Folklore-Bild vom kleinen Volk, das sich mit List, Tücke und Humor über schwere Zeiten der Unterdrückung hinweggesetzt hat, manifestiert sich in liebenswerten Figuren wie dem braven Soldaten Schwejk, dem Überlebenskünstler aus Jaroslav Hašeks Schelmenroman, oder dem Vater-Sohn-Duo Spejbl und Hurvínek, holzgeschnitzte Philosophen des Alltags. Was sich heutzutage eher in Werbetafeln vor Schwejkschen Kellerkneipen oder auf Postkarten findet, hat ja über Jahrzehnte tatsächlich einen wesentlichen Teil des Volkscharakters gespiegelt: Mit hintergründigem Humor und einer offenbar angeborenen Pfiffigkeit haben sich die Schwejks, also vor allem die kleinen Leute dieses Landes, durch schwere Zeiten gerettet.

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