Читать книгу Das Reisebuch Europa - Jochen Müssig - Страница 27
ОглавлениеPOLENS OSTSEEKÜSTE – FEINER SAND UND STOLZE STÄDTE
Die Heimat der Hanse
Für viele Polen ist ihre Küste Urlaubsziel Nummer eins, und auch immer mehr Ausländer werden neugierig auf die Region. Nicht täglich kann die Ostsee im Sommer mit schönsten Temperaturen punkten. Doch wenn die Sonne strahlt, dann sorgen die endlos scheinenden Sandstrände für ein Karibikgefühl. Magnete sind auch die Hansestädte, allen voran das nach dem Zweiten Weltkrieg wiederauferstandene Danzig.
Der Blick an der Mottlau fällt auf das Danziger Krantor.
Von Lübeck im Westen bis Danzig im Osten bildet die Ostseeküste eine Einheit. Die Grenze zwischen Deutschland und Polen führt zwar zu einem künstlichen Bruch, doch hüben wie drüben locken geschichtsträchtige Städte, ein weiter Horizont und reizvolle Strände. Nach den Jahrzehnten des Eisernen Vorhangs ist es heute ein Leichtes, so weit an Usedoms Strand nach Osten zu wandern, bis man unversehens auf dem Strand von Uznam steht – eine Insel, zwei Namen: Willkommen an der polnischen Ostseeküste!
Dem Erbe der Handelsmacht verpflichtet
Wie auf einer Perlenkette reihen sich an Polens Küste Städte mit großer Vergangenheit aneinander, die ein Wort verbindet: Hanse. Die erste Stadt ist Szczecin, ehemals Stettin. Sie hat sehr unter den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs gelitten und strahlt heute eher die Geschäftigkeit einer pulsierenden Hafenstadt als die Backsteingemütlichkeit einer Hansestadt aus. Dennoch sollte man sie auf der Route die Küste entlang nicht links liegen lassen.
Rund zwei Fahrtstunden gen Osten bietet das schmucke Städtchen Kołobrzeg beste Möglichkeiten, um sich am Meer zu erholen. Ältere Semester schätzen das frühere Kolberg als Kurbad und erfreuen sich an seiner Überschaubarkeit sowie der salzhaltigen Luft, und junge Familien mit Kindern sorgen dafür, dass es an den Eisständen der Altstadt und am Strand nicht allzu beschaulich zugeht.
Die Königin an Polens Ostseeküste kennt jeder: Gdańsk, das Deutschen unter dem Namen Danzig leichter über die Lippen geht. Nach dem Zweiten Weltkrieg stand in der alten Rechtstadt kein Stein mehr auf dem anderen. Heute ist davon nichts mehr zu spüren. Entlang von Langgasse und Langem Markt recken die Patrizierhäuser ihre sanierten Giebel wieder so stolz in den Himmel, als wäre es nie anders gewesen. Wer im Schatten der gewaltigen Marienkirche am Ende des Besuchs kein Souvenir aus Bernstein erstanden hat, der kann nicht in Danzig gewesen sein.
Sand, soweit das Auge reicht
Über kleinere Städte wie Darłowo (Rügenwalde) oder Ustka (Stolpmünde) nähern sich Reisende aus dem Westen dem ersten Naturhöhepunkt der polnischen Ostseeküste: dem Slowinzischen Nationalpark. Er bietet Sand satt. Kilometerlang ziehen sich die Strände an der Küste entlang. Der Badeort Łeba gilt als Eingangstor zum Nationalpark und zu seiner bekanntesten Attraktion: Mit 42 Metern Höhe wälzt sich die Wanderdüne Łaçka Góra über die Landschaft. Pro Jahr schafft sie rund zehn Meter und begräbt alles, was sich ihr auf dem Weg nach Osten in den Weg stellt. Dieses gigantische Meer aus Sand, nicht zufällig »Polnische Sahara« genannt, lässt sich gut auf Wanderwegen erkunden.
Auf der weiteren Reise wartet nahezu jeder Ort mit einem eigenen Sandstrand auf. Die beste Verbindung zwischen Natur und Stadt gelingt Danzigs Nachbarstadt Sopot. Vor dem Zweiten Weltkrieg war es unter dem Namen Zoppot als mondänes Seebad bekannt, und nach Jahrzehnten des Niedergangs präsentiert es sich heute wieder wie aus dem Ei gepellt. Vom Pflaster der Fußgängerzone bis zum Sand der Ostsee ist es ein einziger Schritt.
Wer in der Region über Sand spricht, kommt nicht an der Halbinsel Hel vorbei. Ihre Form erinnert an eine Sichel, und an ihrer schmalsten Stelle misst die 34 Kilometer lange Landzunge gerade einmal 200 Meter. In einer nicht absehbaren Zukunft wird das Meer dort den Sand abtragen und an einem anderen Ort wieder anlagern. Bis dahin bleibt jedoch genügend Zeit, sich den Badefreuden hinzugeben. An der Nordseite sind die Wellen kälter und rauer als im geschützten Süden an der Danziger Bucht.
Einmalig schön geht die Sonne über der Sandlandschaft des Slowinzischen Nationalparks unter.
TOP ERLEBNIS
BEI KOPERNIKUS IN FROMBORK
Obwohl der berühmteste Einwohner der Stadt spottete, dass es sich bei Frombork um den »hintersten Winkel der Welt« handele, hat Frauenburg, wie es bis 1945 hieß, einiges zu bieten. Über den Häusern trutzt der gotische Dom, der 1388 seiner Bestimmung übergeben wurde und mit seiner Länge von fast 100 Metern viel zu groß für die Stadt am Frischen Haff wirkt. Ergänzt wurde das Gotteshaus im Jahrhundert darauf durch eine Burg und einen wuchtigen Glockenturm. Die Grenze zum russischen Kaliningrad oder Königsberg ist zum Greifen nah, und der Blick von oben offenbart die Lage am Rand von Polen. Dass sich Neugierige bis hierhin verirren, ist in erster Linie Nikolaus Kopernikus zu verdanken, der hier von 1513 bis 1543 als Domherr arbeitete. Er war es, der den damals revolutionären Gedanken hatte, dass nicht die Erde Mittelpunkt des Universums sein kann, sondern sich die Planeten um die Sonne drehen. Ihm zu Ehren wurde im Nordwestturm ein Zimmer wie zu seinen Lebzeiten eingerichtet.
WEITERE INFORMATIONEN
Frombork prunkt mit einem Dom.