Читать книгу Masada - Jodi Magness - Страница 14
DIE AUSGRABUNGEN IN KASTELL F IM JAHR 1955
ОглавлениеObwohl Yigael Yadin Experte für antike Kriegführung war und selbst als Generalstabschef der israelischen Streitkräfte gedient hatte, konzentrierte er sich bei seinen Ausgrabungen auf die Überreste auf dem Gipfel des Tafelberges von Masada und ließ die römischen Belagerungswerke beinahe gänzlich außen vor. Bis ich im Sommer 1995 zusammen mit drei israelischen Kollegen – Professor Gideon Foerster von der Hebräischen Universität Jerusalem, Professor Haim Goldfus (heute an der Ben-Gurion-Universität des Negev) und Benny Arubas (ebenfalls von der Hebräischen Universität) – Ausgrabungen in den Belagerungswerken leitete, waren diese praktisch unberührt. Wir konzentrierten uns zunächst auf Kastell F, weil es das besser erhaltene der beiden Legionskastelle ist (siehe Abb. unten). Unsere Ausgrabungen erbrachten wertvolle Informationen über römische Belagerungstechniken im Allgemeinen und den Fall Masadas im Speziellen.10
Die Überreste bei Masada sind das wohl besterhaltene Beispiel für Belagerungswerke in der gesamten römischen Welt. Für den guten Erhaltungszustand gibt es zwei Gründe: Erstens sind sie aus Stein gebaut, während in anderen Teilen der römischen Welt Belagerungswerke oft aus vergänglichen Materialien, wie etwa Holz und Grassoden, bestanden; und zweitens wurden die Belagerungswerke bei Masada aufgrund ihrer abgeschiedenen Lage in der Wüste niemals zerstört oder überbaut.11 An den Steinhaufen, die man vom Plateau des Berges aus sehen kann, sind die Umwallung und die Kastelle noch heute deutlich zu erkennen. Von außen betrachtet, wirken die Kastellüberreste öde und wenig ergiebig, aber im Kastellinneren fanden wir viel zerbrochene Keramik und weitere Gegenstände.
Kastell F von Osten her
Bemalter Amphoriskos aus dem Praetorium in Kastell F
Die Umwallung und die Mauern der Kastelle wurden ohne Lehm oder Mörtel als Bindemittel aus trockenen Feldsteinen errichtet, das heißt aus unbehauenen Steinen, die man dem felsigen Untergrund abgewann. Die Außenmauern jedes Kastells waren ursprünglich etwa drei Meter hoch, die der Einheiten im Inneren nur etwa einen Meter. Bei Letzteren handelte es sich nicht um Gebäudemauern, sondern eher um Sockel oder Fundamente für Lederzelte, wie sie die römische Armee bei ihren Feldzügen im Gelände aufschlug. Im Inneren von Kastell F haben wir mehrere Einheiten freigelegt: Sie bestehen jeweils aus einem oder mehreren „Räumen“, deren Innenwände meist eine niedrige Bank aus Erde und Steinen säumt. Diese Bänke dienten sowohl als Schlafstellen wie auch als Speisesofas.
Das Praetorium – die Unterkunft des Befehlshabers Silva – befindet sich in der Mitte von Kastell F, an der Kreuzung der beiden Hauptstraßen. Zwar wurden die meisten Steine des Praetoriums zum Zweck einer Wiederverwendung entfernt, als man Kastell F2 baute, aber die Funde belegen, dass wir es hier tatsächlich mit dem Quartier des Befehlshabers zu tun haben: Luxuswaren wie aus Italien importierte Glasgefäße und eierschalendünne, bemalte nabatäische Tonschalen. Zu meinen persönlichen Lieblingsfunden gehört ein mit Efeublättern bemaltes Tischgefäß mit stumpfem Fuß, ein sogenannter Amphoriskos (siehe Abb. auf S. 25). Mir gefällt die Vorstellung, dass Silvas Diener ihm daraus Wein einschenkte.
Neben dem Praetorium befindet sich eine steinerne Plattform, das Tribunal – ein erhöhtes Podium, von dem aus Silva seine Truppen, die auf dem offenen Platz davor zum Appell antraten, inspizieren und zu ihnen sprechen konnte. In der Nähe liegt eine rechteckige, π-förmige Struktur, die mit ihrer schmalen offenen Seite nach Masada hin ausgerichtet ist. Dieser Bau wurde bis auf das Fundament abgerissen, als darüber die Mauer des Kastells F2 errichtet wurde. Nach Anlage und Standort könnte es sich um das Triclinium gehandelt haben, also den Speiseraum der römischen Offiziere. Als „Kline“ (altgriechisch κλίνη) bezeichnen Archäologen eine Liege. Ein Triclinium war ein Speisesaal, in dem an drei Seiten Klinen aufgestellt waren. Wenn die Offiziere hier speisten, blickten sie hinaus auf den Berg von Masada.
Unmittelbar innerhalb der Mauer von Kastell F2 und teils von ihr verdeckt liegt die Principia – das Stabsgebäude. Hier waren zwar kaum Funde zu verzeichnen, aber es handelt sich um die einzige von uns ausgegrabene Einheit, deren Wände innen verputzt und deren Böden gepflastert waren.
In der Nähe und ebenfalls innerhalb der Mauern von F2 haben wir eine Reihe identischer Ein-Raum-Einheiten ausgegraben, sogenannte Contubernia (siehe Abb. oben). Ein contubernium („Zeltgemeinschaft“) war die kleinste Unterabteilung einer Legion. Sie bestand aus acht Mann, die während eines Feldzugs gemeinsam marschierten und lagerten. Jede dieser Ein-Raum-Einheiten beherbergte also eine Gruppe von acht Männern. Das Innere eines solchen Raums säumte eine Bank aus Steinen und Erde, auf der die Soldaten schliefen und aßen. Diese Räume sind klein, weil die Männer gewissermaßen Schichtarbeit leisteten; man kann sie mit dem „Wohnbereich“ in einem heutigen U-Boot vergleichen. Vor jedem solchen Raum befindet sich ein kleiner, offener, von einer Mauer umgebener Vorbau oder Vorplatz mit einem kleinen Herd in der Ecke, auf dem die Männer ihr Essen zubereiteten. Ein römischer Soldat hatte in seinem Marschgepäck Kochgeschirr, das er auf dem Feldzug benutzte. Schön zu sehen ist dies an der Trajanssäule in Rom: Reliefs zeigen Soldaten, wie sie mit ihrem Kochgeschirr losziehen, das an einer über die Schulter geworfenen Stange baumelt (siehe Abb. auf S. 28).
Contubernium in Kastell F; das Buch (etwa in der Bildmitte) soll eine Einschätzung der Größenordnung ermöglichen.
Die Böden der Einheiten, die wir in Kastell F freigelegt haben, waren bedeckt mit Schichten von Keramikscherben, die größtenteils von Vorratsgefäßen stammten. Dass sich kaum Kochtöpfe und Speisegeschirr, wie etwa Schüsseln, Schalen und Becher, fanden, liegt augenscheinlich daran, dass die Mannschaften ihr eigenes Kochgeschirr benutzten; Silva und seine Offiziere hatten feines Tafelgeschirr aus Ton und Glas. Mit ihrer bauchigen, beutelartigen Form waren die Vorratsgefäße typisch für Judäa im 1. Jahrhundert n. Chr.; wahrscheinlich wurden sie von jüdischen Töpfern für die römische Armee gefertigt.
Römische Soldaten mit ihrem Marschgepäck: Relief auf der Trajanssäule (Abguss im Victoria and Albert Museum, London)
Aufgrund der Lebensmittel- und Wasserknappheit in der unmittelbaren Umgebung war die Belagerung von Masada eine logistische Herausforderung. Tagtäglich mussten ausreichend Vorräte herangeschafft werden, um ungefähr 8000 Soldaten samt Lasttieren, Dienern und Sklaven zu versorgen. Lebensmittel und Wasser wurden von weit her über Land auf Lasttieren befördert oder auf Booten transportiert, die Orte rund um das Tote Meer anfuhren.12 Flavius Josephus beschreibt die Versorgung der Truppen bei Masada:
Denn nicht allein musste der Speisevorrat von fern und unter großen Schwierigkeiten durch die dazu beorderten Juden herbeigeschafft werden, auch das Trinkwasser musste eigens ins Lager gebracht werden, da der Platz selbst keine nahe Quelle heraustreten ließ. (Jüdischer Krieg 7, 278)
Flavius Josephus zufolge waren es jüdische Sklaven, die Lebensmittel und Wasser schleppten. Die Vorräte wurden in Körben und Tierhäuten transportiert, die einfacher zu tragen sind als Tongefäße und zudem nicht so leicht kaputt gehen. Bei der Ankunft vor Masada wurde der Inhalt aus diesen Behältnissen zur Lagerung in Tongefäße umgefüllt. Und nach dem Ende der Belagerung wurden diese Vorratsgefäße dann ausgeleert und zurückgelassen.