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DIE BELAGERUNGSRAMPE

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Die Römer gingen die Belagerung Masadas mit ihren üblichen Mitteln an: Sie bauten Kastelle und errichteten eine sogenannte circumvallatio, eine Umwallung. Auf diese Weise konnten sie den Berg abriegeln und von jeglicher Zufuhr abschneiden. Bei manchen Belagerungen waren weitere Maßnahmen gar nicht notwendig, um einen Feind durch Aushungern zur Kapitulation zu zwingen. Doch nicht so im Fall Masada, wo die Belagerten mit großen Mengen Nahrungsmitteln und Wasser versorgt waren, die in Herodes’ Palästen lagerten, während die römischen Streitkräfte ihren Nachschub über große Entfernungen heranschaffen mussten. Daher waren die Römer bei Masada bestrebt, die Belagerung zu einem raschen Ende zu bringen. Zu diesem Zweck mussten sie ihre Truppen und Belagerungsmaschinen die steilen, felsigen Hänge des Berges hinaufschaffen und Herodes’ Befestigungsmauer oben auf dem Plateau überwinden.

Es gab zwei Wege, um auf die Anhöhe zu gelangen: den Schlangenpfad im Osten und einen weiteren (heute unter der römischen Rampe verschütteten) Pfad im Westen (siehe Kapitel 4). Hätten die Soldaten diese Pfade nutzen wollen, wären sie gezwungen gewesen, im Gänsemarsch bergan zu steigen. Und dabei hätten sie nicht nur ihre persönliche Ausrüstung, sondern auch den Rammbock tragen müssen, den sie, oben angekommen, hätten aufrichten müssen, um die herodianische Kasemattenmauer zu durchbrechen. Die ganze Zeit über wären die Soldaten Steinen, Felsbrocken und anderen von den Verteidigern über ihnen geworfenen oder geschleuderten Geschossen schutzlos ausgesetzt gewesen. Also ließ Silva seine Männer aus Erde und Steinen eine Belagerungsrampe aufschütten. Sie sollte von einer niedrigen „weißen Anhöhe“ (Flavius Josephus nennt sie „Leuke“) am Fuß der Westflanke des Berges zum Gipfel ansteigen:

Wie zuvor gesagt, hatte der römische Feldherr alsdann bereits den ganzen Platz von außen her mit einem Wall umgeben und peinlichste Sorgfalt darauf verwandt, dass niemand mehr entfliehen konnte. Jetzt erst begann er mit der eigentlichen Belagerung. Nur eine einzige Stelle fand er, die das Aufwerfen von Erdwällen zuließ. Hinter jenem Turm nämlich, der den Weg versperrte, welcher vom Westen herauf zunächst zum Palast und dann zur Bergspitze führte, war ein Felsenvorsprung, recht breit und auch weit hervorragend. Er lag indes noch 300 Ellen unterhalb der Höhe von Masada und trug den Namen „Leuke“ [der „Weiße“]. Zu diesem Felsen stieg Silva also hinaus, besetzte ihn und befahl dem Heer, Schutterde herbeizuschaffen.

(Jüdischer Krieg 7, 304f.)

Über die fertige Rampe, eine leichte Schräge, konnten die Soldaten dann zu mehreren nebeneinander problemlos bergan steigen. Am höchsten Punkt der Rampe errichteten sie eine steinerne Plattform für den Rammbock:15

Da mit großer Bereitschaft und unter allem Kräfteeinsatz gearbeitet wurde, war der massive Wall bald zu 200 Ellen erhöht. Doch schien selbst dieses Maß weder fest noch tragfähig genug zu sein, um den Belagerungsmaschinen als Plattform zu dienen. Folglich wurde auf den Wall noch eine Schicht von großen, gut zusammengesetzten Steinen gebaut, sowohl 50 Ellen breit wie hoch. (Jüdischer Krieg 7, 306f.)

Während der Belagerungsoperation gaben die Hilfstruppen mit einem Trommelfeuer aus Pfeilen und Ballistasteinen – großen, runden Steinen, die von Torsionsmaschinen abgeschossen wurden – Feuerschutz:

Im Allgemeinen ähnelten die Kriegsmaschinen in ihrer Ausstattung jenen, die zunächst von Vespasian, danach auch von Titus für die Belagerungen ersonnen worden waren. Dazu war ein 60 Ellen hoher Turm errichtet worden und ganz und gar mit Eisen beschlagen. Von diesem Turm aus schossen die Römer mit Katapulten und Steinwerfern; so drängten sie die von der Mauer aus Kämpfenden rasch ab, ja hinderten sie sogar, sich vorzubeugen. (Jüdischer Krieg 7, 308f.)

Rings um den Bereich am oberen Ende der Rampe hat Yadin eiserne Pfeilspitzen und Ballistasteine gefunden, was Flavius Josephus’ Schilderung eines konzentrierten Deckungsfeuers bestätigt.16 Andrew Holley zufolge, der die Ballistasteine publiziert hat, legt ihr relativ geringes Gewicht (fast alle wiegen weniger als vier Kilogramm, die meisten sogar weniger als ein Kilogramm) nahe, dass sie mit kleinkalibrigen Maschinen verschossen wurden. Sie waren also offenbar gegen menschliche Ziele gerichtet und sollten nicht etwa eine Bresche in die Kasemattenmauer schlagen.17 Die meisten Ballistasteine wurden entlang der nordwestlichen Abbruchkante des Tafelberges entdeckt, gegenüber der Belagerungsrampe. In zwei Kasemattenräumen (L1039 und L1045) kamen sogar größere Depots zutage. Gegen Ehud Netzers These, diese Steine hätten zu Maschinen gehört, die von den jüdischen Aufständischen benutzt wurden, hat Holley überzeugend eingewendet, dass die Römer ihre Kastelle E und F niemals in Geschoss-Reichweite errichtet hätten. Vielmehr seien die Ballistasteine in L1039 (der „Schriftrollenkasematte“ – siehe Kapitel 8) und L1045 von den Römern aus dem Turm auf der Belagerungsrampe in die Festung geschleudert und nach dem Ende der Belagerung eingesammelt und in diesen Räumen gestapelt worden.18 In der sogenannten Schriftrollenkasematte wurden zudem Fragmente römischer Schilde gefunden, wie sie sich nur selten erhalten haben. Diese Schilde waren aus drei Schichten Holz gefertigt, die dann mit leimgetränktem Stoff überzogen und mit Leder bespannt wurden. Die Funde wiesen noch Spuren roter Farbe auf.19

Flavius Josephus schildert, wie die Römer mit „Katapulten und Steinwerfern“ schossen, um der Belagerungsoperation Feuerschutz zu geben. Und tatsächlich kamen bei Yadins Ausgrabungen in Masada neben den zahlreichen Ballistasteinen auch eiserne Pfeilspitzen des charakteristischen römischen Typs zutage: dreiflügelig, mit Widerhaken und einem Dorn (der einst in einem Schaft aus Holz oder Schilfrohr steckte). Rätselhafterweise fand sich jedoch keine einzige eindeutig identifizierbare eiserne Geschossspitze (Katapultbolzen). Katapultbolzen sind schwerer als Pfeilspitzen (die von Handbogen abgeschossen wurden) und unterscheiden sich von ihnen insoweit, als sie einen massiven Geschosskopf und einen Sockel statt eines Dorns haben. In Gamla hingegen wurden zahlreiche eiserne Geschossspitzen in Fundkontexten gefunden, die mit der römischen Belagerung des Jahres 67 in Verbindung zu bringen sind, bei der die Römer Flavius Josephus zufolge Katapulte einsetzten (siehe Kapitel 7).


Ballistasteine aus Masada

Angesichts dieses Fehlens eiserner Geschossspitzen in Masada haben Guy Stiebel und ich ursprünglich die These zur Diskussion gestellt, dass der Winkel von der Rampe zur Befestigungsmauer womöglich zu steil war, als dass man während der Belagerung Katapulte hätte einsetzen können.20 Dies würde Flavius Josephus allerdings widersprechen und ihm gewissermaßen eine pauschale Schilderung für diese Belagerung unterstellen. Heute bin ich der Ansicht, dass man die archäologische Befundlage durchaus mit Flavius Josephus’ Zeugnis in Einklang bringen kann. Wie Gwyn Davies angemerkt hat, ist es „unvorstellbar, dass die Römer bei der Belagerung [Masadas] keine Bolzen-Abschussvorrichtungen einsetzten. Die Bolzen-Abschussvorrichtungen dürften sogar mit ziemlicher Sicherheit im Belagerungsturm in Stellung gebracht worden sein, damit man den Wall beschießen konnte – selbst wenn die Vorrichtungen nicht die Rampe hoch vorverlegt wurden, als man den Turm hochwand, oder wenn sie nicht am Fuß der Rampe positioniert wurden.“21 Davies zufolge seien die Bolzen bei Aufräumaktionen nach der Belagerung von den Römern aufgesammelt und wiederverwendet worden, wie auch die Ballistasteine zusammengesucht und eingelagert wurden.

Einerseits mag es schwer zu glauben sein, dass die Römer derart gründlich waren, dass sie bei ihren Aufräumaktionen jede eiserne Bolzenspitze bargen, andererseits spricht das Ergebnis einer Untersuchung zur Verteilung eiserner Pfeilspitzen in Masada für diese Möglichkeit. Die allermeisten Pfeilspitzen wurden auf der unteren Terrasse des Nordpalastes und in der Werkstatt im Westpalast gefunden (zu Letzterer siehe Kapitel 8). Diese Orte wurden durch den feuerbedingten Einsturz verschüttet – vermutlich verblieben die Pfeilspitzen deshalb dort, weil sie von den Römern nicht geborgen werden konnten. Kleinere Mengen von Pfeilspitzen wurden an Stellen an der Westflanke des Berges gefunden, in einem Bereich, der offenbar vom Deckungsfeuer aus der Richtung der Rampe betroffen war. Abgesehen von den Pfeilspitzen im Nord- und im Westpalast, die beim Einsturz verschüttet wurden, scheinen die Römer jedoch die meisten Pfeilspitzen wie auch sämtliche eisernen Bolzenspitzen geborgen zu haben. Die kleinen Ansammlungen verbliebener Pfeilspitzen scheinen zurückgelassen worden zu sein, weil sie aufgrund ihres schlechten Zustands nicht mehr zu gebrauchen waren. Anders als Masada, besetzten die Römer Gamla nach der Belagerung nicht. Vermutlich bargen sie bei Gamla einige der eisernen Bolzenspitzen, aber weil keine Garnison zurückgelassen wurde, um den Ort zu besetzen und aufzuräumen, blieben die übrigen Bolzen inmitten der Trümmer liegen.22

In der entsprechend benannten Kasematte wurden Schriftrollen biblischen und außerbiblischen Inhalts gefunden sowie die einzigen lateinischen Papyri, die man in Masada entdeckt hat. Diese lateinischen Papyri stammen entweder ungefähr aus der Zeit der Belagerung oder aus der Phase, als eine Abteilung Legionäre nach dem Ende der Belagerung noch mehrere Jahrzehnte auf dem Plateau stationiert war.23 Einer der lateinischen Papyri ist mit einem Hexameter aus Vergils Epos Aeneis (4, 9) beschrieben. Bei einem anderen lateinischen Papyrus – mit dem längsten in Masada entdeckten lateinischen Text – handelt es sich um eine Quittung: Dieses Dokument verzeichnet Zahlungen, die ein Legionär namens Gaius Messius aus Beirut geleistet hat. Sie wurden ihm für Güter wie Gerste und Kleidung von seinem Sold abgezogen. Ein dritter, allerdings schlecht erhaltener Papyrus listet Sanitätsartikel für Verwundete oder kranke römische Soldaten auf; explizit erwähnt werden Bandagen und „Speiseöl“.24 Neben den Papyri wurden in der Nähe des großen Badehauses im Nordpalast-Komplex (siehe Kapitel 4) 22 Ostraka (beschriebene Tonscherben) gefunden: Auf ihnen stehen auf Lateinisch die Namen römischer Soldaten, darunter Aemilius, Fabius und Terentius – sie waren wohl Legionäre. Die Beschriftungen sind insofern ungewöhnlich, als sie auf den Innen-, nicht auf den Außenseiten der Tonscherben zu finden sind.25

Als wir 1995 die Belagerungswerke untersuchten, unternahmen wir etwas oberhalb der halben Höhe der Rampe eine Schnittgrabung, um ein Schichtprofil zu erhalten und festzustellen, wie sie konstruiert war. Wer sich die Rampe heute ansieht – man kann noch immer auf ihr gehen –, sieht einen feinen weißen, kalkhaltigen, mit kleinen bis mittelgroßen Steinen vermischten Staub, der unter den Füßen in Wolken aufwirbelt. Unsere Ausgrabungen erbrachten Informationen zur Konstruktionsweise: Die Römer nahmen Holzstücke – überwiegend Tamariske und Dattelpalme – und verlegten einige davon flach, andere verwendeten sie als senkrechte Pflöcke, um eine Holzverstrebung zu errichten; diese verfüllten sie anschließend mit Steinen, Schutt und Erde.26 Am unteren Ende der Rampe sieht man einige Spitzen von Balken hervorragen. Geologische Analysen deuten darauf hin, dass die Rampe auf einem natürlichen Bergsporn aufgeschüttet wurde, der von der Leuke über die Westflanke des Berges ansteigt – allerdings sind wir bei unseren Ausgrabungen nicht bis auf diesen Geländesporn vorgedrungen.27 Als die Rampe fertig war, bauten die Römer eine steinerne Plattform für den Rammbock und begannen, Herodes’ Befestigungsmauer zu durchbrechen. Noch heute ist an der höchsten Stelle der Rampe eine große Bresche in der Kasemattenmauer zu sehen.

Masada

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