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FLAVIUS JOSEPHUS (37 – CA. 100 N. CHR.)
ОглавлениеFlavius Josephus schloss seinen Bericht über den Jüdischen Krieg nicht mit dem Fall Jerusalems und der Zerstörung des Zweiten Tempels im Jahr 70, sondern mit der Belagerung von Masada und dem Massenselbstmord drei Jahre später – einer Begebenheit, von der kein anderer antiker Autor berichtet. Tatsächlich stammt ein Großteil unserer Informationen über die Geschichte Judäas in der Spätzeit des Zweiten Tempels und insbesondere über den Jüdischen Krieg aus seinen Schriften.29 Flavius Josephus war Augenzeuge einiger der Ereignisse, die er beschreibt, wie etwa der Belagerung Jerusalems, in anderen Fällen stützte er sich auf literarische Quellen, die seitdem verloren sind.30 Zu den großen Ironien der Geschichte gehört, dass sein Zeugnis für Christen von überragender Bedeutung ist, während man sich seiner in der jüdischen Überlieferung als Verräter erinnert. War Flavius Josephus ein Schurke, der die Juden verraten hat, oder ein Held, dessen Werke bis heute eine Fundgrube für Informationen über Judäa in der Spätzeit des Zweiten Tempels sind?
Geboren wurde Flavius Josephus als Josef ben Mathitjahu, „Josephus, Sohn des Matthias“, im Jahr 37 n. Chr. in Jerusalem, in demselben Jahr, in dem Gaius Caesar Augustus Germanicus, genannt Caligula, Kaiser wurde. Er stammte aus einer priesterlichen Familie und behauptete, mütterlicherseits mit den Hasmonäern (siehe Kapitel 5) verwandt zu sein. Als Quellen über ihn und sein Leben haben wir nichts weiter als seine eigenen Werke, darunter seine Autobiographie (Vita), die er als Anhang zu den Jüdischen Altertümern (Antiquitates Judaicae) verfasste.31
Josephus tritt uns als ein frühreifer junger Mann entgegen.32 Im Alter von 16 Jahren schickte er sich an, die drei bedeutenden Sekten des Judentums – Sadduzäer, Pharisäer und Essener – aus erster Hand kennenzulernen, und verbrachte als Schüler eines Asketen namens Bannus drei Jahre in der Wildnis. Mit 19 wurde er Pharisäer (Vita 9–12).33 Flavius Josephus ist der einzige der antiken Autoren, die über die Essener geschrieben haben, der behauptet, sie aus erster Hand zu kennen (siehe Kapitel 5). Außerdem ist er einer von nur zwei Juden des Altertums, die sich selbst als Pharisäer bezeichnen; der andere ist Paulus von Tarsos.34 Im Alter von 26 Jahren reiste Josephus im Jahr 64 mit einer Gesandtschaft nach Rom, um über die Freilassung von Priestern zu verhandeln, die von dem Prokurator Felix dorthin geschickt worden waren, damit sie von Nero vor Gericht gestellt würden (Vita 13).35 Zufällig war dies das Jahr des Großen Brandes in Rom, als „Nero fiedelte, während Rom brannte“.
Nachdem im Jahr 66 der Jüdische Krieg ausgebrochen war und die Juden eine provisorische Regierung eingerichtet hatten, wurde Josephus jüdischer Militärkommandeur im Gebiet Galiläa. Das war die Region, die von der römischen Armee als erste unterworfen worden war, als der Feldherr Vespasian von Antiochia aus südwärts nach Judäa marschierte. Galiläa fiel rasch, da die Juden den römischen Streitkräften in keiner Hinsicht gewachsen waren. Einige Siedlungen, darunter die Stadt Sepphoris, kapitulierten kampflos. Die letzte Festung, Jotapata (hebräisch Jodefat), fiel im Anschluss an eine Belagerung, die 47 Tage dauerte (siehe Kapitel 7). Danach suchten Josephus und 40 weitere Überlebende Zuflucht in einer Zisterne. Als sie von den Römern entdeckt wurden, schlossen Josephus’ Kameraden einen Selbstmordpakt. Josephus selbst wollte nicht Selbstmord begehen, musste aber mitmachen. Er überredete die anderen, Lose zu ziehen, und am Ende blieben er und ein anderer übrig:
… man mag dabei von Zufall oder von Gottes Vorsehung reden. Und da ihm daran lag, weder vom Los getroffen zu werden noch auch als bis zuletzt Übriggebliebener seine Hand mit dem Blut eines Volksgenossen zu beflecken, überredete er auch ihn, auf Treu und Glauben am Leben zu bleiben. (Jüdischer Krieg 3, 391–394).36
Statt Selbstmord zu begehen, ergab sich Josephus den Römern, weshalb er in der späteren jüdischen Überlieferung als Verräter gilt.
Als man ihn vor Vespasian brachte, prophezeite er, dass der Feldherr eines Tages Kaiser werden würde: „Du, Vespasian, wirst Kaiser und Alleinherrscher, sowohl du wie dieser dein Sohn [Titus]“ (Jüdischer Krieg 3, 401). Diese Prophezeiung zeigt, dass Josephus Kenntnis von den Ereignissen im Rom des Jahres 67 hatte. Dort war Nero nach dem Großen Brand äußerst unbeliebt, nachdem er einen großen Teil des städtischen Grundbesitzes für sein „Goldenes Haus“ (Domus Aurea) enteignet hatte, statt die Häuser der Bürger Roms wieder aufbauen zu lassen. Josephus muss geahnt haben, dass Nero sich nicht mehr lange würde halten können und dass ein mächtiger Feldherr wie Vespasian Ambitionen auf den Kaiserthron hegen würde. Wegen dieser Prophezeiung überführte Vespasian Josephus der Gefangenschaft, statt ihn zu Nero zu schicken, damit ihm in Rom der Prozess gemacht würde.
Die Ereignisse in Rom gaben Josephus bald recht. Nero beging im Jahr 68 Selbstmord, und nach einem Jahr Bürgerkrieg wurden Vespasian mit der lex de imperio Vespasiani alle Vollmachten eines Princeps übertragen. Vespasian ließ Josephus nun frei.
Josephus war bei der Belagerung Jerusalems durch Titus zugegen und sah die Zerstörung der Stadt mit eigenen Augen. Von den Juden wurde er gehasst, weil er im Auftrag der Römer um die Mauern lief und die Belagerten zur Kapitulation anhielt. Als Jerusalem gefallen war, ließ Josephus sich in Rom nieder. Er erhielt das römische Bürgerrecht und wurde ein Klient der Flavier, deren Familiennahmen er annahm – er wurde bekannt als Titus Flavius Josephus anstelle von Josephus, Sohn des Matthias. Von seinen kaiserlichen Patronen erhielt er den Auftrag, eine Geschichte des jüdischen Volkes und eine Geschichte des Jüdischen Krieges zu schreiben.37 Flavius Josephus lebte bis zu seinem Tod um das Jahr 100 in Rom.