Читать книгу Das Geheimnis des wahren Evangeliums - Band 1 - Johanne T. G. Joan - Страница 8
Оглавление2. Kapitel
Seine Praxis lag in Roms Stadtzentrum. Schon sehr früh hatte Gilberto den Zusammenhang zwischen Gesundheit und dem Konsum roher Nahrung an sich und an seinen Patienten erkannt und es lag dem Therapeuten immer wieder sehr am Herzen, seine Patienten über diese Zusammenhänge aufzuklären. Grundsätzlich zeigte er ihnen ihr trübes und schmutziges venöse Blut, das er ihnen abnahm und das wie Kaffeesatz sich in dem Spritzenbehälter herabsenkte, wenn sie hilfesuchend zu ihm kamen. Wie ein Ritual hielt er die Spritze mit dem Blut gegen das Licht, das die Farbe einer verwelkten Rose zeigte, die ihre Leuchtkraft und Lebendigkeit verloren hat, wie er zu sagen pflegte. Doch der aufregendste Moment war jener, als der Kranke, nachdem er seine Ernährung umgestellt, gefastet und sich aus roher Nahrung ernährt hatte, nach Tagen sein Blut erneut in der Spritze gegen das Licht betrachtete, das nun aber wie ein blühendes Mohnblumenfeld im Sonnenschein leuchtete. Dieser Moment war immer sehr beeindruckend und entscheidend für viele seiner Patienten und obwohl der Samen nicht immer auf fruchtbaren Boden fiel, wusste er, dass der Betroffene diese Erfahrung, die sein weiteres Leben positiv verändern sollte, niemals vergessen würde.
Auch wenn er sich darüber im Klaren war, dass er von den Krankheiten der Kranken lebte, brachte er es nicht übers Herz, wie viele seiner Kollegen aus Unwissenheit oder gar vorsätzlich, denen, die ihn in ihrer Not vertrauensvoll aufsuchten, die Regeln der Gesundheit vorzuenthalten und ihr Wohlergehen von seiner Therapie abhängig zu machen oder gar sie in eine Medikamentenabhängigkeit zu bringen, die ein volles Wartezimmer über Jahre hinweg gesichert hätte. Mit diesen Kollegen wollte er nichts zu tun haben und sie mit ihm ebenfalls nicht. Seine Meinung über sie stand fest: Ein Arzt, der seine Patienten in eine Medikamentenabhängigkeit bringt und sie beständig auf kleiner Flamme vergiftet, obwohl der Kranke auf eine natürliche Weise schneller und ohne gesundheitliche Schäden gesund werden könnte, ist ein Gegenspieler der Menschheit, ein Heuchler, dem man das Handwerk legen sollte. Besonders im Gebiet der Psychiatrie lag vieles im Argen, wenn sich die Nervenärzte ihre „Schäfchen“ hörig hielten.
Die Vorstellung, einige Tage rohe Nahrung essen zu müssen, um gesund zu werden und darüber hinaus, um gesund zu bleiben, löste aber bei den meisten Patienten eine Art Abgeneigtheit aus, denn viele wollten schnell und möglichst ohne Entbehrungen wieder gesund werden und schon gar nicht den Obst- und Rohkosttrip durchziehen, um „nur“ ein Leben lang gesund zu bleiben.
Er wusste, dass er sich mit dieser Belehrung und mit den hohen Erwartungen, die er an seine Patienten stellte, bei seiner Kundschaft nicht allzu beliebt machte, aber er hatte sich bewusst für diesen Weg entschieden. Einen Weg, der ihm zwar kein Leben in Wohlstand sicherte, ihm aber ein ruhiges Gewissen und seine Selbstachtung wahrte. Täglich konnte er in den Spiegel blicken und dieses Gefühl der Stärke und Aufrichtigkeit, das er dabei empfand, hätte er für nichts in der Welt aufgegeben, erst recht nicht für Geld.
Erst wenn das „Gerüst“ am Zusammenbrechen war, wenn der Mensch am Boden lag und vor dem Trümmerhaufen seiner Gesundheit stand, griffen die schwerkranken Patienten nach dem letzten Strohhalm; und dann waren alle bereit, diesen mühsamen Weg zu beschreiten. Es galt aber, sie in erster Linie von ihrer Medikamentenabhängigkeit zu befreien und sie auf dem schweren und beschwerlichen Pfad, der vor ihnen stand, zu begleiten. Seine Behandlung würde die Heilung beschleunigen, doch den größten Beitrag, das Beharren bis zum Schluss, leistete der Patient selbst. Am Ziel angekommen, hatten diese Patienten aus eigener Kraft erfahren und verstanden, dass sie weder Arzt noch Medikamente benötigten, um körperlich und seelisch gesund, ausgeglichen und folglich glücklich zu sein. Er hatte ihr Vertrauen gewonnen, sie hatten ihm geglaubt und aus dem Glauben, der zu ihrer Heilung führte, wurde Wissen. Für diese Patienten wurde die Krankheit zum Segen. Sie waren sein ganzer Stolz und ein Zeugnis seiner Kompetenz, denn denjenigen, die seinen Beistand auch im Nachhinein suchten, stand er mit guten Ratschlägen bei. Seine Aufgabe sah er nicht darin, ihre Krankheiten zu heilen, sondern seine Kunden gesund zu erhalten.