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Die tragende Rolle der Schwangerschaft

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Junge Stare flüchten flinker, wenn sie schon im Ei dem Cortisol ähnlichen Stresshormon Corticosteron ausgesetzt waren. Das haben Forscher der kanadischen University of British Columbia bei Vögeln beobachtet, die sie in Kästen auf einer Farm eingenistet hatten. Zur Vortäuschung mütterlichen Stresses wurde der Corticosteron-Gehalt frisch gelegter Eier künstlich erhöht. Daraus geschlüpfte Nestlinge wuchsen zwar ebenso schnell heran wie Stare aus unbehandelten Eiern und wurden wie sie im Alter von drei Wochen flügge. Bei ihren ersten Flugversuchen schnitten sie aber merklich besser ab. Sie besaßen nicht nur größere Flügel, sie konnten auch kräftiger damit schlagen. Deutlich weiterentwickelt, enthielten ihre Flugmuskeln so viel Eiweiß und so wenig Wasser, wie es sonst für erwachsene Vögel typisch ist. Flugtechnisch derartig frühreif zu sein, dürfte sich vor allem dann auszahlen, wenn die Jungen in einem riskanten Umfeld aufwachsen. Vermutlich verbessern gestresste Starenweibchen, die ihre Eier mit Corticosteron anreichern, die Überlebenschancen der Brut.

Das erklärt: Die Umwelt greift über die Prägekraft der Hormone schon während der Schwangerschaft in unser Leben ein.

Dass Mütter ihren Stress an die Kinder weitergeben, noch ehe der Nachwuchs das Licht der Welt erblickt, ist zwar schon lange bekannt, bisher wurden meist negative Effekte entdeckt: gebremstes Wachstum etwa oder ein geschwächtes Immunsystem. Anscheinend können Stresshormone sehr wohl die positive Auswirkung haben, dass die Sprösslinge bei Zeiten für ein gefahrvolles Leben vorbereitet werden. Man könnte sagen, sie werden epigenetisch abgehärtet.

In der Geburtshilfe nimmt die Epigenetik der Schwangerschaft einen immer größeren Raum ein: die Folsäure ist ein epigenetischer Buchstabe, deswegen ist sie in der Schwangerschaft wichtig. Ein Vitamin-D-Mangel der Mutter kann Jahrzehnte später beim Kind eine Osteoporose beschleunigen. Ja selbst die Nahrung des Vaters vor der Zeugung kann sich ungünstig – noch Jahrzehnte nach der Geburt – auswirken. Hat sich der Herr Papa zeit seines Lebens von Schnitzel, Stelzen und Schweinsbraten ernährt, wird das Kind später wahrscheinlich leichter zunehmen. Sogar Mobbing kann über die DNA wie eine Portion Gift in die nächste Generation einfließen. Ist die Mutter während der Schwangerschaft boshafter Kritik ausgesetzt, beeinflusst ihre Angst das Stressverhalten des späteren Erwachsenen.

Die Natur gibt weiter, was der Mensch begonnen hat.

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