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Vorrede zu dieser Ausgabe
ОглавлениеIm Jahre 2010 durfte ich mit dem international angesehenen Physiker Walter Thirring in einen Diskurs über die Rechtfertigung des Gottesglaubens treten. Die Frucht dieser Auseinandersetzung fand ihren Niederschlag in dem 2011 erschienenen Buch »Baupläne der Schöpfung. Hat die Welt einen Architekten?«, das sich vornehmlich an eine akademische Lesergemeinde wandte.
Seither hat sich die allgemeine Debatte zu diesem Thema womöglich noch zugespitzt. Gretchens Frage an Faust »Nun sag’, wie hast du’s mit der Religion?« scheint brennender denn je. Dies machte es notwendig, das Thema, ergänzt um jüngste Erkenntnisse und in allgemein verständlicher Sprache, einem breiten Leserkreis anschaulich vorzutragen.
Noch vor seinem Tod 2014 hatte Professor Thirring angeregt, dieses Buch einer ergänzten Ausgabe zuzuführen. Diesem Wunsch komme ich jetzt, wenn auch verspätet, nach.
Professor Thirring und ich waren immer der Meinung, dass Religion und Naturwissenschaft zwar getrennt bleiben mögen, jedoch es nicht widervernünftig ist, in Lebenssinn stiftenden Fragen an Inhalte zu glauben, die jenseits des menschlichen Erfahrungshorizontes liegen. Dies darzustellen war eine Intention des Buches, das mit einem von Professor Thirring verfassten Memorandum zu dieser Frage schließt.
Das Buch vertritt auch die Meinung, dass unser alteuropäisches Erbe aus einer weltgeschichtlich einzigartigen Symbiose jener Geistesrichtungen entstanden ist, die an den drei geistigen Metropolen Jerusalem, Athen und Rom festgemacht werden können. Die daraus entstandene Weltsicht hält auch modernen Diskursen statt. Das Christentum ist meines Erachtens die an Reflexion tiefste Religion und die Unkenntnis seines jahrtausendelangen gedanklichen Ringens darf nicht dazu führen, dass es in den Rang einer Märchenerzählung hinabgestuft wird. Deshalb muss das empfangende Subjekt in die Interpretationen von Offenbarungsinhalten eingebunden werden, wie es Peter Sloterdijk in seinem Buch »Nach Gott« fordert und wie es eigentlich auch in der sogenannten »Tradition« des Christentums als zweite Offenbarungsquelle vorgedacht ist.
Vielleicht ist es heute schwieriger, Christ zu sein – aber es ist unverändert aufregend und tröstend zugleich.
Johannes Huber
Wien, im März 2018