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III. Auflösende Bedingung bei Prüfrecht (Abs 2)
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Abs 2 betrifft die sektorübergreifende Prüfung von Unternehmenserwerben gem §§ 4 Abs 1 Nr 4, 5 Abs 2, §§ 55 ff AWV[24] und stellt in diesem Zusammenhang die Rechtswirkungen eines Rechtsgeschäfts unter auflösende Bedingung. Abgesehen von editorischen Änderungen, wurde die Vorschrift durch die AWG-Novelle im Jahr 2013 materiell-rechtlich nicht verändert. Der Wortlaut der Norm stellt nunmehr klar, dass nicht nur der unmittelbare sondern auch der mittelbare Beteiligungserwerb an einem Unternehmen erfasst ist. Die Reichweite dieser Vorschrift wurde allerdings durch die 9. VO zur Änderung der AWV indirekt beeinflusst. Da nunmehr das Prüfrecht nicht mehr binnen 3 Monaten ab Abschluss des schuldrechtlichen Vortrages, sondern ab Kenntnis des BMWi[25] ausgeführt werden muss, wird der Schwebezustand entsprechend verlängert und ist nur durch die absolute Frist zur Eröffnung des Prüfverfahrens bis zum Ablauf von fünf Jahren seit Abschluss des schuldrechlichen Vertrags gem § 55 Abs 3 S 6 begrenzt. Auch nach Einführung einer Meldepflicht gem § 55 Abs 4 AWV im Falle des Erwerbs von besonders sicherheitsrelevanten Unternehmen, verbleibt es bei der Anwendbarkeit von Abs 2. Der sich zwar auf den Fall einer Meldepflicht beziehende Abs 3 ist ausdrücklich auf eine solche beschränkt, die letztlich auf § 4 Abs 1 Nr 1 und § 5 Abs 3 basiert. Das ist jedoch nur die sich aus §§ 60 ff AWV ergebende Meldepflicht.[26] Dies beabsichtigt die Bundesregierung mit dem am 31.3.2020 vorgelegten Gesetzentwurf für ein Erstes Gesetz zur Änderung des AWG zu ändern.[27]
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Schuldrechtliche Rechtsgeschäfte über den Erwerb eines Unternehmens, die nach §§ 4 Abs 1 Nr 4, 5 Abs 2, §§ 55 ff AWV dem Prüfrecht unterfallen, sind wirksam und bleiben es endgültig, wenn das BMWi den Erwerb nicht gem § 59 Abs 1 mit der Zustimmung der Bundesregierung innerhalb der Frist untersagt. Abs 2 bezieht sich auf eine Untersagung „innerhalb einer bestimmten Frist“. Diesbezüglich sei angemerkt, dass die Fristen für eine Untersagung mit der 9. VO zur Änderung der AWV sehr aufgeweicht wurden: Das BMWi hat die Möglichkeit, ein förmliches Prüfverfahren innerhalb von drei Monaten ab Kenntnis vom Abschluss des schuldrechtlichen Vertrags einzuleiten.[28] Diese Möglichkeit entfällt erst mit Ablauf von 5 Jahren seit Abschluss des schuldrechtlichen Vertrages oder – wenn der Erwerber einen Antrag auf Unbedenklichkeitsbescheinigung gem § 58 Abs 1 stellt – mit deren tatsächlicher oder fingierter Erteilung gem § 58 Abs 2 AWV mit dem Ablauf von zwei Monaten nach Eingang des Antrages. Bei Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens hat das BMWi nun weitere vier Monate ab Eingang vollständiger Unterlagen, um einen Erwerb zu untersagen.[29] Gerade mit Blick auf die mit Abs 2 verbundene Rechtsunsicherheit während des Schwebezustandes, ist daher zu fordern, dass unter die vollständigen Unterlagen iSv § 59 Abs 1 S 1 iVm § 57 nur solche fallen, die mit Einleitung des Prüfverfahrens gefordert werden.[30] Im Falle von Verhandlungen über einen öffentlich-rechtlichen Vertrag wird die Frist zudem gem § 59 Abs 2 AWV für die Dauer der Vertragsverhandlungen gehemmt. Untersagt das BMWi den schuldrechtlichen Erwerb fristgemäß und bestandskräftig, tritt, analog § 158 Abs 2 BGB, die auflösende Bedingung ein und die Rechtsfolgen entfallen.[31] Eine Rückwirkung der Unwirksamkeit auf den Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts ist vom Wortlaut, anders als in Abs 1 S 2, nicht gedeckt und die auflösende Bedingung entfaltet ihre Wirkung daher ex nunc.[32] Ein vor Ablauf der Prüffrist vollzogenes, dingliches Rechtsgeschäft ist – soweit deutsches Recht Anwendung findet – nach den Regeln der ungerechtfertigten Bereicherung gem § 812 Abs 1 S 2 Alt 1 BGB rückabzuwickeln.[33] Hierbei stellen sich in der Praxis mitunter schwierige Rechtsfragen, da der Unternehmenskauf oder die Direktinvestition häufig nicht nach deutschem Recht erfolgt.
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Die Vertragsparteien können sich während des Schwebezustands Sicherheit verschaffen, indem sie eine Unbedenklichkeitsbescheinigung nach § 58 AWV beantragen.[34] Um eine Rückabwicklung zu vermeiden, wird in der Praxis in den Unternehmenskaufvertrag eine aufschiebende Bedingung der Wirksamkeit aufgenommen, etwa bezogen auf den ereignislosen Ablauf der Untersagungsfrist oder die Erteilung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung (closing condition).[35]