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Enttäuschte Hoffnungen Der Neubeginn von 1945

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Vornehmlich Männer aus Dableiberkreisen gründeten am 8. Mai 1945 in Bozen die Südtiroler Volkspartei. Nach über zwei Jahrzehnten Fremdbestimmung bekamen so die Südtiroler wieder eine eigene politische Führung. Das Programm der jungen Partei war kurz, aber durchdacht und klar. Sie setzte sich zum Ziel:

1. Nach 25jähriger Unterdrückung durch Faschismus und Nationalsozialismus den kulturellen, sprachlichen und wirtschaftlichen Rechten der Südtiroler auf Grund demokratischer Grundsätze Geltung zu verschaffen.

2. Zur Ruhe und Ordnung im Lande beizutragen.

3. Ihre Vertreter zu ermächtigen – unter Ausschluß aller illegalen Methoden – den Anspruch des Südtiroler Volkes auf Ausübung des Selbstbestimmungsrechtes bei den alliierten Mächten zu vertreten.


Am 5. Mai 1946 demonstrierten auf Schloss Sigmundskron rund 20.000 Südtiroler für die Rückkehr ihres Landes zu Österreich.

Im Aufruf, der zugleich mit dem Programm erschien, hieß es: „Nicht Haß, Gewalt und nationale Überheblichkeit, sondern gegenseitiges Verstehen, Freiheit der Persönlichkeit, Achtung vor der Menschenwürde und ein auf ewigen, göttlichen und menschlichen sittlichen Gesetzen beruhendes Handeln sichern nicht nur dem einzelnen, sondern auch einem Volke die Kraft, sich zu behaupten und zu erhalten.“11 Dies waren Grund- und Leitsätze ganz nach dem Herzen Sepp Kerschbaumers.

Es finden sich keine Unterlagen, die Aufschluss darüber geben könnten, wie Sepp Kerschbaumer diese Zeit des Hoffens und Bangens erlebt und beurteilt hat. Man geht aber sicher nicht fehl in der Annahme, dass er sich Hoffnungen machte, Hoffnungen auf eine grundsätzliche Wende, konkret auf die Gewährung des Selbstbestimmungsrechtes, noch genauer: auf die Rückkehr Südtirols zu Österreich. Doch es kam anders. Der Wunsch der Südtiroler war eines, das Spiel der Mächte etwas anderes. Die Außenministerkonferenz beschloss am 30. April 1946, zwischen Österreich und Italien keine größeren Grenzverschiebungen vorzunehmen. Das hieß mit anderen Worten, dass Südtirol bei Italien zu verbleiben hatte. Ganz Tirol reagierte auf diese Entscheidung mit einer Welle von Demonstrationen. In Innsbruck trat die Landesregierung zurück. In ganz Nordtirol wurde ein Generalstreik ausgerufen. In Südtirol kam es zu einer Reihe von Kundgebungen: Am 5. Mai 1946 forderten in Sigmundskron, in Brixen und in Meran Zehntausende Südtiroler eine Volksabstimmung. Am 12. Mai vereinigten sich die Wipptaler in Sterzing, am 19. Mai die Eisacktaler in Klausen und die Vinschgauer in Schlanders, am 28. Mai die Pusterer, die Enneberger, die Ampezzaner und die Buchensteiner in Toblach zu Kundgebungen für das Selbstbestimmungsrecht.12 Alles umsonst. Auf der Friedenskonferenz in Paris konnte der österreichische Außenminister nur mehr mit Italien ein Abkommen schließen, das Südtirol eine Autonomie in Aussicht stellte. Der Volksbote in Bozen bedauerte, dass Südtirol die Entscheidung über seine staatliche Zugehörigkeit verweigert worden war. Doch machte er den Lesern auch etwas Mut. Immerhin, meinte das Blatt, sei den Südtirolern das beschränkte Recht eingeräumt worden, sich selbst zu regieren.13

Sepp Kerschbaumer

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