Читать книгу Der Dreißigjährige Krieg Band 1-3: Der Winterkönig / Der tolle Halberstädter / Der Hexenbrenner - Jörg Olbrich - Страница 12
ОглавлениеBöhmen, 09. Juni 1618
»Wir haben unser Ziel fast erreicht«, sagte Philipp, als er gemeinsam mit Magdalena aus der Kutsche ausstieg, um sich die Beine zu vertreten.
Johann hatte angehalten und schöpfte mit einem Eimer Wasser aus einem Bach, damit die beiden Pferde trinken konnten.
»Dann werden sich unsere Wege jetzt trennen«, antwortete Magdalena und sah ihren Begleiter traurig an.
»Das muss nicht so sein«, entgegnete Philipp.
»Wird es aber. Du reist spätestens morgen weiter nach Prag und ich werde im Gasthof meiner Eltern bleiben.«
»Und wenn du mich begleiten würdest?«
»Ich habe dir doch schon mehrmals gesagt, dass ich das nicht kann.«
Philipp antwortete nicht und sah schweigend in die Ferne auf eine Hügelkette. Dahinter lag das Gasthaus von Magdalenas Eltern. In den Tagen seit ihrer Abreise aus Wien hatten sich die beiden viel unterhalten. Mit jeder Stunde, in der Philipp den Worten seiner schönen Begleiterin lauschen konnte, verliebte er sich mehr in sie. Alles in ihm wehrte sich dagegen, sie zurückzulassen. Und das würde er auch nicht. Zuerst musste Philipp Magdalenas Vater überzeugen. Wenn der einer Heirat seiner Tochter zustimmte, konnte auch sie selbst nicht mehr dagegen sein.
Dank einer großzügigen Entlohnung durch den Kaiser konnten es sich die Reisenden leisten, unterwegs in Gasthöfen zu übernachten, wodurch die Fahrt wesentlich angenehmer verlief als der Hinweg. Während Johann es vorgezogen hatte, in der Nähe seiner Tiere zu schlafen, waren Philipp und Magdalena jeweils in einem Zimmer untergekommen. Der Traum einer gemeinsamen Nacht mit seiner Angebeteten war dem Sekretär aus Prag leider nicht erfüllt worden. Er respektierte aber, dass sich die junge Frau nicht zu einer sündhaften Tat hinreißen lassen wollte.
Im Laufe des letzten Tages ihrer Reise war Magdalena immer schweigsamer geworden. Philipp vermutete, dass ihr die bevorstehende Trennung genauso schwerfiel wie ihm selbst.
»Ein Unwetter zieht auf«, erklärte Johann kurze Zeit später. »Wir müssen weiter, wenn wir unser Ziel trocken erreichen wollen.«
Philipp schaute zum strahlend blauen Himmel, der lediglich von ein paar kleineren Wolken durchzogen wurde. Für ihn sah es nicht so aus, als sollte es am heutigen Tag noch regnen. Dennoch verließ er sich auf die Aussage des Kutschers. Er war bereits sein ganzes Leben lang in der Gegend unterwegs und hatte mehr Erfahrung.
Magdalena ließ sich von Philipp in die Kutsche helfen und warf ihm als Dank einen liebevollen Blick zu. Auf der weiteren Reise sprachen die beiden nur wenig. Jeder hing seinen eigenen Gedanken nach, die sich um die nahe Zukunft und ihren baldigen Abschied drehten. Aus Angst, dass sie ihm dieses Vorhaben wieder ausreden konnte, hatte Philipp Magdalena bisher nicht gesagt, dass er mit ihrem Vater reden wollte.
Als sie die Hügelkuppe erreichten und ins Tal schauen konnten, sahen sie plötzlich Rauch aufsteigen.
»Das ist in der Nähe unseres Gasthauses«, schrie Magdalena entsetzt und klammerte sich an Philipps Arm.
»Bist du sicher?«
»Natürlich bin ich das. Ich habe mein ganzes Leben hier verbracht.«
»Johann, wir müssen sofort dorthin«, schrie Philipp nach draußen.
Der Kutscher trieb seine Pferde an, so schnell es der steinige Untergrund zuließ. Als sie näher herankamen, erkannten sie, dass ein Teil des Rauches dort aufstieg, wo das Gasthaus lag. Außerdem schienen das Dorf und das Jesuitenkloster betroffen zu sein.
»Ich muss hier raus«, schrie Magdalena. Sie wehrte Philipp ab, der versuchte sie festzuhalten, und sprang aus der Kutsche, bevor diese zum Stehen kam.
»Vater!« Magdalena rannte auf die rauchenden Überreste zu, die einmal das Gasthaus ihrer Eltern gewesen waren. Das Dach war eingestürzt und auch Teile der Wände waren zusammengefallen. Menschen sahen sie nicht.
Philipp spürte einen Kloß im Hals, als er das Bild der Verwüstung sah. Er sprang ebenfalls aus der Kutsche und sah aus dem Augenwinkel, dass Johann ihm folgte. Hier kam jedoch jede Hilfe zu spät. Philipp spürte die Panik in sich aufsteigen, als er Magdalena nicht mehr entdecken konnte. War sie etwa in die Trümmer des Gebäudes gelaufen?
»Magdalena, wo bist du?«, schrie der Sekretär so laut er konnte, bekam aber zunächst keine Antwort. Irgendwo bellte ein Hund. Ansonsten lag eine gespenstische Stille über dem Ort.
Plötzlich hörte er einen Schrei. Ohne zu zögern, stürmte auch Philipp jetzt in die Reste des Gasthauses und wäre dabei beinahe über einen heruntergefallenen Balken gestürzt. Es stank entsetzlich nach Rauch und verkohltem Holz. Die Luft war noch immer so heiß, dass jeder Atemzug schmerzte.
»Wo bist du?«, schrie Philipp, doch Magdalena antwortete nicht. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als die Trümmer weiter zu durchsuchen. Er fand Magdalena im ehemaligen Gastraum über einen reglosen Körper zwischen den verkohlten Überresten gebeugt. Als er ihr die Hand auf die Schulter legte, sah sie ihn mit rußverschmutztem Gesicht und Tränen in den Augen an.
»Wir sind zu spät gekommen.«
Philipp erkannte, dass es sich bei der Toten um die Wirtin handelte. Er griff Magdalena am Arm und wollte sie aus der Ruine ziehen, doch die wehrte in ab. »Lass mich in Ruhe.«
»Komm hier rüber«, rief Johann, der sich ebenfalls zwischen den Trümmern bewegte. Der Kutscher hatte Magdalenas Vater gefunden, der den Angriff auf sein Anwesen genauso wenig überlebt hatte wie sein Weib. Seine Kleidung war teilweise verschmort und es stank nach verbranntem Fleisch.
»Was kann hier geschehen sein?«, fragte Philipp entsetzt.
»Ich weiß es nicht. Lange her ist es jedoch noch nicht. Ich denke, dass es hier am Morgen einen Überfall gegeben hat.«
»Ich kann mir auch denken, wer die Verantwortung dafür trägt.«
»Ich glaube nicht, dass es die protestantischen Stände waren«, widersprach Johann.
»Wer denn sonst? Siehst du die Rauchwolken am Hügel? Dort steht ein Jesuitenkloster. Sicher hat es hier einen Angriff gegeben. Der Ort und das Gasthaus waren einfach nur im Weg.«
Philipp ging zurück zu Magdalena und legte ihr behutsam den Arm auf die Schulter. »Wir können nicht hierbleiben«, sagte er leise.
»Wohin soll ich denn sonst? Ich lebe hier. Wie oft soll ich dir noch sagen, dass ich den Gasthof meiner Eltern nicht verlassen werde?«
»Es gibt keinen Gasthof mehr. Wir müssen von hier weg. Wer auch immer hinter diesem hinterhältigen Anschlag steckt, er könnte wieder zurückkehren. Hier bist du nicht sicher. Komm mit nach Prag. Hier kannst du nichts mehr tun.«
»Das würde dem feinen Herrn so passen«, schrie Magdalena und schlug Philipps Hand weg. »Dir scheint der Tod meiner Eltern ja gerade recht zu kommen.«
Philipp sah Magdalena schockiert an. Wie konnte sie so etwas sagen? »Es tut mir schrecklich leid, was hier geschehen ist«, entgegnete er leise. »Das musst du mir glauben.«
»Warum? Immerhin ist alles deine Schuld. Wären wir einen Tag früher aus Wien abgereist, hätten meine Eltern noch gelebt. Ach, was sage ich. Ich hätte erst gar nicht mit dir kommen sollen.«
Philipp erschrak bis ins Mark, als er Magdalenas wütenden Blick sah. Er verstand den Schmerz, den die junge Frau in diesen Minuten durchlitt, immerhin hatte er selbst seine Eltern bei einem Brand verloren, als er gerade einmal so alt war, dass er laufen konnte. »Ich weiß, wie furchtbar der Tod deiner Eltern für dich ist. Du hättest ihn aber nicht verhindern können. Wärst du hier gewesen, als man das Gasthaus angegriffen hat, würdest du jetzt selbst nicht mehr leben. Und das weißt du auch.«
»Geh endlich weg!«, schrie Magdalena. »Ich will dich nie wiedersehen.«
Philipp wich ein Stück zurück, als ihn der unbändige Zorn in Magdalenas Augen traf. Er ahnte, dass sie nicht ernst meinte, was sie sagte. Dennoch war es ein großer Schock, solche Worte aus ihrem Mund zu hören. Langsam ging er zurück zur Kutsche, wo Johann ihn bereits erwartete.
»Wird die junge Dame uns nicht begleiten?«
»Das weiß ich nicht. Lassen wir ihr einfach einen Moment Zeit. Sie hat gerade ihre Eltern verloren.«
Philipp setzte sich in die Kutsche, lehnte sich zurück und schlug die Hände über seinem Gesicht zusammen. Die Ereignisse der letzten Tage waren zu viel für den jungen Sekretär. In seinem bisherigen Leben gehörte es zu den spannenden Geschehnissen, wenn sich zwei Adelige über Ländereien stritten und dabei die Statthalter um eine Entscheidung gebeten hatten.
Wenige Augenblicke später riss ihn ein Donnerschlag aus seinen Gedanken. Johann hatte recht behalten. Der Regen ließ nicht lange auf sich warten und ergoss sich in Strömen über die Kutsche und die Überreste des Gasthauses. Johann kam zu Philipp in die Kabine geflüchtet und sah seinen Herrn fragend an.
»Wir warten noch«, erklärte Philipp. »Der Regen wird Magdalena zwingen, zu uns in die Kutsche zu kommen.«
Tatsächlich öffnete sich wenige Augenblicke später die Tür zum Innenraum, und Magdalena stieg ein. Sie war völlig durchnässt. Die Haare klebten an ihrem Kopf, und in ihrem Gesicht schimmerten die Wassertropfen. Philipp wusste, dass diese nicht nur vom Regen kamen.
»Ich habe es nicht so gemeint«, sagte Magdalena nach einer Weile. »Es tut mir leid.«
»Das weiß ich«, antwortete Philipp und legte seiner Begleiterin eine Decke über die Schultern. Gerne hätte er sie jetzt einfach tröstend in den Arm genommen, wagte aber nicht Magdalena anzurühren.
»Wenn es aufhört zu regnen, begraben wir Vater und Mutter.«
»Wir müssen weiter«, entgegnete Johann, als der Regen langsam schwächer wurde. »Wenn das Unwetter vorbei ist, werden Leute kommen. Wir können nicht wissen, ob sie auf unserer Seite stehen.«
»Wir können sie doch nicht einfach so da liegen lassen!«, schrie Magdalena den Kutscher an.
»Wir haben keine andere Wahl. Wir können uns nicht gegen einen Angriff wehren. Im Moment ist es einfach zu gefährlich. Wir sind schon viel zu lange hier. Wir müssen so schnell wie möglich aufbrechen.«
»Er hat recht«, sagte Philipp und Magdalena nickte stumm. Während der Kutscher ausstieg, um nachzusehen, ob mit den Pferden alles in Ordnung war, strich Philipp Magdalena sanft über die Wange. »Begleite mich nach Prag. Ich werde für dich sorgen und schwöre dir, dass ich dich niemals zu irgendetwas drängen werde.«
»Ich komme mit«, antwortete Magdalena und sah Philipp tief in die Augen. »Das hätte ich auch getan, wenn meine Eltern nicht ermordet worden wären.«
***
Sie erreichten Prag am Abend des nächsten Tages, kurz vor Einbruch der Dämmerung. Philipp war sehr gespannt darauf, was ihn in der Stadt erwartet. Sicher hatte sich vieles verändert, seit er sie vor etwas mehr als drei Wochen verlassen hatte. Bisher hatte er vorgehabt, direkt nach seiner Ankunft die Prager Burg zu besuchen. Eine innere Stimme riet ihm jetzt allerdings davon ab.
Zunächst wollte er versuchen zu erfahren, was aus Slavata und Martinitz geworden war. Dazu war es am besten, zunächst die Statthalter von Sternberg oder von Lobkowitz aufzusuchen. Die Herren waren beim Aufstand der Protestanten verschont worden und würden sicher noch in der Stadt sein.
»Wohin soll ich Euch fahren?«, wollte Johann wissen, nachdem sie die Tore der Stadt passiert hatten.
»Zum Anwesen der Polyxena von Lobkowitz«, antwortete Philipp. Er kannte die Gräfin als strenge Katholikin, die bedingungslos auf der Seite der Habsburger stand. Dort würden Magdalena und er sicher sein. Er war überrascht, wie ruhig es in der Stadt zuging. Die Tore waren normal bewacht und die Soldaten machten sich nicht einmal die Mühe, die Kutsche genauer zu durchsuchen. Nichts deutete mehr auf die Ereignisse hin, wegen der Philipp die Stadt verlassen hatte.
»Gleich sind wir am Ziel«, sagte Philipp zu Magdalena. Die junge Frau tat ihm unendlich leid. Nachdem sie vom verbrannten Gasthof ihrer Eltern aufgebrochen waren, hatte sie kein Wort gesprochen, sondern die ganze Zeit über nur stumm ins Leere geschaut. Philipp hatte sie in Ruhe gelassen und ebenfalls geschwiegen. Er hoffte, dass es seiner Begleiterin schnell gelingen würde, sich in der Stadt zurechtzufinden. Bisher hatten sie nicht darüber gesprochen, wo Magdalena wohnen wollte. Philipp hatte die kleine Kammer im Haus eines Schneiderehepaars stets ausgereicht. Er brauchte nicht viel und hatte sein Leben seiner Arbeit verschrieben. Für zwei Personen würde der Platz jedoch nicht ausreichen. Außerdem würden die Besitzer des Hauses nicht dulden, dass er die Kammer gemeinsam mit einer Frau bewohnte, ohne dass die beiden verheiratet waren. Jetzt bedauerte er es, dass er sich nicht früher um eine größere Bleibe gekümmert hatte.
Als sie das Anwesen von Polyxena von Lobkowitz erreichten, wurden sie dort von deren Gemahl und Ladislaus von Sternberg begrüßt, die im Freien standen und sich unterhielten.
»Es freut mich sehr, dich bei voller Gesundheit zu sehen«, sagte Diepold von Lobkowitz und schlug Philipp freundschaftlich auf die Schulter. »Wie ist es dir in der Zwischenzeit ergangen?«
»Ich war in Wien und habe dem Kaiser von der Rebellion in unserer Stadt berichtet.«
»Was sagt Matthias zu den Vorfällen?«, wollte von Sternberg wissen.
»Er ist an einer friedlichen Lösung interessiert.«
»Das ist gut. Gilt das auch für König Ferdinand?«
»Nein«, antwortete Philipp. »Er hat versucht den Kaiser zu überzeugen, gegen die Protestanten vorzugehen. Er will den Krieg. Wie stehen die Aufständischen in der Stadt dazu? Wollen sie sich wirklich auf einen langwierigen Streit mit ihrem König einlassen?«
»Lasst uns das drinnen besprechen«, warf Diepold von Lobkowitz ein. »Wir sollten nicht riskieren, dass jemand unsere Worte mithört.«
Eine halbe Stunde später saß Philipp mit den beiden Statthaltern und Polyxena zusammen am Tisch. Magdalena hatte es vorgezogen, sich zurückzuziehen und ein Zimmer bekommen, in dem sie sich ausruhen konnte. Die Hausherrin hatte ihrer Dienerschaft aufgetragen, ein Mahl und Wein aufzutischen. Philipp merkte erst jetzt, wie hungrig er nach der langen Reise war und ließ sich nicht lange bitten, sich an den Speisen zu bedienen.
»Die Stimmung in der Stadt ist zwiegespalten«, nahm von Sternberg das Gespräch wieder auf. »Es gibt ein Direktorium, welches die Macht in Böhmen übernommen hat. Graf von Thurn ist dabei, ein Heer aufzustellen und rüstet zu einem möglichen Kampf.«
»Also wollen die Protestanten ihr Recht mit Gewalt durchsetzen«, stellte Philipp fest.
»Zumindest sind sie dazu bereit«, bestätigte von Lobkowitz. »Es sind aber nicht nur die protestantischen Stände, die sich gegen den König formiert haben. Auch ein Großteil des katholischen Adels hat sich auf die Seite der Aufständischen geschlagen. Sie wollen Frieden im Reich. Diesen sahen sie bedroht, als ihr Kaiser sich gegen den Majestätsbrief gestellt hat.«
»Das hat er gar nicht«, entgegnete Philipp. »Zumindest behauptete er das. Matthias will keinen Krieg.«
»Den wollen wir auch nicht«, sagte von Lobkowitz.
»Wie steht Ihr zu der Rebellion?« Philipp war gespannt, welche Antwort er nun von den beiden ehemaligen Statthaltern bekommen würde. Offensichtlich sahen sie sich nicht in Gefahr. Sie mussten sich also mit von Thurn und seinem Gefolge arrangiert haben.
»Wir können die Beweggründe der Protestanten nachvollziehen, auch wenn wir sie keinesfalls billigen«, übernahm Polyxena das Wort. »Die Rebellen gehören an den Galgen. Ein Krieg würde allerdings sehr großes Leid über unsere Stadt bringen. Letztlich geht es uns allen um eine friedliche Lösung. Daher haben wir eine beratende Position übernommen und wollen versuchen, zwischen dem neuen Direktorium und dem König zu vermitteln.«
»Was ist mit Martinitz und Slavata?«
»Sie sind nach ihrer Genesung nach München aufgebrochen und wollen dort abwarten, wie sich die Lage entwickelt«, erklärte Polyxena. »Hier wären sie ihres Lebens nicht mehr sicher gewesen.«
»Was soll ich jetzt tun? Kann ich mich überhaupt in der Stadt blicken lassen?«
»Die Menschen in Prag sind geteilter Meinung über eure wundersame Rettung«, antwortete von Sternberg. »Die katholischen Bürger glauben, dass ihr von der Jungfrau Maria persönlich gerettet worden seid und damit unter ihrem Schutz steht. Graf von Thurn behauptet, ein Misthaufen habe euren Fall gebremst und auch so vor schlimmeren Verletzungen bewahrt. Sein Groll richtet sich aber nicht gegen dich. In der Stadt wird dir nichts geschehen. Du kannst in deine Kammer zurück. Das Schloss solltest du allerdings nicht aufsuchen. Halte dich von Graf von Thurn und dem Direktorium fern.«
»Was soll ich noch in Prag, wenn ich meine Arbeit als Sekretär nicht mehr aufnehmen kann?«
»Wir können einen Schreiber gut gebrauchen«, sagte Diepold von Lobkowitz. »Wenn du einverstanden bist, kannst du hier für meine Gemahlin und mich tätig werden.«
»Das ist ein großzügiges Angebot, das ich gerne annehme.« Philipp war erleichtert, dass ihm die Möglichkeit geboten wurde, wieder Fuß in der Stadt zu fassen. Er brauchte ein Einkommen, wenn er Magdalena ein gutes Leben bieten wollte. Zwar würde er mit dem Geld des Kaisers noch einige Zeit auskommen, irgendwann würde es aber aufgebraucht sein. »Was ist mit Magdalena?«
»Die junge Frau wird bei uns bleiben«, erklärte Polyxena mit fester Stimme, die keinen Widerspruch duldete. »In der heutigen Nacht wirst auch du Gast in unserem Haus sein. Alles Weitere wird sich morgen ergeben. Ich bin sicher, dass du nach der langen Reise müde bist und dich ausruhen willst. Es ist spät geworden.«
Philipp war froh, dass er in dieser Nacht nicht mehr zu seinem eigenen Haus aufbrechen musste. Tatsächlich steckten ihm die langen Tage in der Kutsche in den Knochen. Ein paar Stunden Schlaf würden ihm guttun.
Von einer Bediensteten der Gräfin wurde Philipp in ein Gästezimmer geführt. Er zog seine Kleidung aus, legte sich auf das Bett und schlief wenige Sekunden später ein.