Читать книгу Der Dreißigjährige Krieg Band 1-3: Der Winterkönig / Der tolle Halberstädter / Der Hexenbrenner - Jörg Olbrich - Страница 20

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Heidelberg, 26. Juli 1618

»Wenn es dir recht ist, werde ich mich jetzt zurückziehen.«

»Natürlich ist es das, meine Liebe. Ich weiß ja, wie schwer dir solche Empfänge in deinem Zustand fallen. Ich werde noch bleiben müssen, komme aber so schnell nach, wie es mir möglich ist.« Friedrich warf seiner Gattin einen liebevollen Blick zu.

Er wusste, wie ungern sich Elisabeth im Festsaal aufhielt, wenn dieser voller Menschen war. Weil sie nicht verstand, was am Tisch gesprochen wurde, langweilten sie solche Anlässe. Hinzu kam, dass sie deutlich mehr unter ihrem Umstand litt, als bei den ersten beiden Kindern, die sie zur Welt gebracht hatte.

»Du musst dich nicht beeilen«, sagte Elisabeth. »Vermutlich schlafe ich bereits, wenn du zu Bett gehst.«

Nachdem seine Gattin sich verabschiedet und den Saal so würdevoll, wie es ihr derzeitiger Umstand gestattete, verlassen hatte, widmete sich Friedrich wieder seinen Gästen. Am Mittag war der sächsische Kurfürst mit einem Gefolge von etwa achtzig Personen in Heidelberg angekommen. Friedrich hatte es sich nicht nehmen lassen, am Abend ein Fest zu Ehren seiner Gäste abzuhalten. Der Wein floss in großen Mengen und nicht nur der Kurfürst lobte dessen Qualität.

Im Gegensatz zu Elisabeth mochte Friedrich solche Empfänge und zeigte sich bei der Bewirtung großzügig. Die Dienerschaft hatte eine große Weinmenge aus dem Fass im Gewölbe, das so groß war, dass eine Familie mit vier Personen darin hätte wohnen können, geholt. Der Vorrat in diesem Behältnis schien grenzenlos.

Bisher waren weder Friedrich noch Johann Georg I. auf den eigentlichen Grund des Besuches zu sprechen gekommen. Dazu hatten sie am nächsten Tag genug Zeit, wenn sie mit ihren Beratern zusammenkamen. Friedrich war gespannt darauf, was diese Gespräche bringen würden. Das Direktorium in Prag hatte die beiden Kurfürsten offiziell um die Vermittlung zwischen ihnen und Kaiser Matthias gebeten. Jetzt galt es, einen Krieg zu verhindern, der immer unausweichlicher zu werden schien, je länger die Landsknechte beider Seiten ihr Unwesen in den Gebieten der jeweils anderen Partei trieben.

»Geht es Eurer Gattin nicht gut?«, riss Johann Georg Friedrich aus seinen Gedanken.

»Oh doch. Sehr gut sogar. Wir erwarten ja unser drittes Kind.«

»Da darf ich gratulieren! Wann wird es denn so weit sein?«

»Genau können wir das nicht sagen. Frühestens aber im September.«

»So bald schon. Eurer Gattin sind ihre Umstände kaum anzusehen. Im Gegenteil ist sie dadurch noch schöner geworden.«

Friedrich nickte zustimmend. Er wusste, dass Johann Georg ein Schmeichler war und anderen hochrangigen Personen gerne nach dem Mund redete, um sich nach Möglichkeit einen Vorteil zu verschaffen. Was Elisabeths Schönheit anging, war er aber mit seinem Gast absolut einer Meinung. Die beiden unterhielten sich noch etwa eine Stunde, dann schien der sächsische Kurfürst genug von dem Wein zu haben. Den ganzen Abend über hatten die Mägde dafür gesorgt, dass die Kelche niemals leer wurden. Jetzt zeigte der Alkohol auch bei Johann Georg seine Wirkung.

Friedrich war das nur recht. Wenn sein Gast zu Bett ging, konnte er sich ebenfalls zurückziehen. Das Gefolge aus Sachsen und die eigenen Berater von Friedrich konnten sich auch alleine beschäftigen und der Musik der Spielleute lauschen. Er selbst wollte lieber nach Elisabeth sehen und hoffte, dass seine Gattin noch wach war.

***

»Ich habe nicht so rasch mit dir gerechnet«, begrüßte Elisabeth ihren Gatten, als er das Schlafgemach betrat.

»Georg Johann hat sich ebenfalls zurückgezogen. Es gibt für mich keinen Grund, länger bei dem Empfang zu bleiben.«

»Du bist wegen mir früher gegangen«, Elisabeth sah ihren Gatten lächelnd an. »Das hättest du nicht tun müssen.«

»Ich wollte dich nicht zu lange warten lassen.« Friedrich legte seine enge Uniform ab und streifte ein Nachtgewand über. Dann legte er sich zu Elisabeth in das breite Himmelbett.

»Wird es einen Krieg geben?«, fragte sie, während er ihr zärtlich über die Wölbung ihres Bauches strich.

»Ich werde alles daransetzen, um das zu verhindern. Spätestens, wenn Ferdinand Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation ist, wird er seine Truppen nach Böhmen schicken. Vielleicht sogar früher.«

»Kannst du etwas dagegen tun?«

»Ich fürchte, nein. Georg Johann und ich werden versuchen, zwischen den Protestanten in Prag und dem Kaiser zu vermitteln. Aber auch Graf von Thurn wird nicht nachgegeben. Er darf sich keine Schwäche leisten, wenn er nicht will, dass die Zustände von vor dem Aufstand zurückkommen. Und das werden sie, wenn er jetzt die Macht zurück an König Ferdinand gibt.«

»Auf welcher Seite stehen wir?«

»Das weißt du, meine Liebe. Wir sind als Kalvinisten den Protestanten näher als den Katholiken. Wenn es zum Krieg kommt, wird sich die Protestantische Union auf die Seite von Böhmen stellen.«

»Gibt es keinen Weg, unser Reich zu schonen?«

»Nicht, wenn es zum Äußersten kommt. Du darfst nicht vergessen, dass ich das Oberhaupt der Union bin.«

»Ist das nicht Christian von Anhalt?«

»Er ist in meinem Namen tätig. Sorge dich nicht zu sehr, wir sind weit weg von Böhmen und in Sicherheit. Selbst wenn es zu einem Krieg kommt, wird er nicht in der Kurpfalz stattfinden.«

»Ich habe Angst um unsere Kinder.«

»Das verstehe ich sehr gut. Ich kann dir aber versichern, dass ihnen nichts geschehen wird. Und dir auch nicht.«

Friedrich sah Elisabeth an, dass seine Worte sie nicht beruhigten. Gerne wollte er ihr die Sorgen nehmen, wusste aber nicht, was er noch sagen sollte. Sie hatte ja recht. Es konnten ihnen durchaus sehr schwere Zeiten bevorstehen.

»Versuch jetzt zu schlafen. Du musst dich schonen und darfst dir nicht zu viele Sorgen machen. Denk an unser Kind. Schon bald wird es zur Welt kommen und uns zu noch glücklicheren Eltern machen, als wir es ohnehin bereits sind.«

»Du hast recht«, sagte Elisabeth. Sie sah ihren Gatten liebevoll an und küsste ihn sanft auf den Mund. »Du solltest ebenfalls schlafen. Morgen wird ein anstrengender Tag für dich werden.«

Friedrich löschte die Kerze und es wurde fast komplett dunkel im Raum. Der zunehmende Mond schickte lediglich einen kleinen Lichtschimmer durch das Fenster des Schlafzimmers. Der Kurfürst lag noch lange wach und dachte an die Zukunft der Kurpfalz und den Konflikt zwischen Böhmen und seinem König. Elisabeths gleichmäßige Atemzüge verrieten ihm, dass sie eingeschlafen war. Er würde alles daransetzen, für die Sicherheit seiner Gattin und der Kinder zu sorgen. Sie waren sein ganzes Glück. Auf keinen Fall durfte ihnen etwas geschehen.

***

»Wir müssen das neue böhmische Direktorium mit unseren Truppen unterstützen!«, forderte Christian von Anhalt mit energischer Stimme.

»Unsere Aufgabe ist es, zwischen Prag und Wien zu vermitteln«, entgegnete Georg Johann I.. »Im Interesse der Menschen in unserem Reich, sollten wir versuchen, einen Krieg mit aller Kraft zu verhindern. Wenn wir jetzt Truppen entsenden, beschwören wir den Krieg nur eigenhändig herauf!«

Friedrich sah die Männer nacheinander an. Im Grunde genommen hatten sie beide recht. Genau hier lag das Problem. Böhmen hatte die beiden Kurfürsten offiziell um Vermittlung gebeten. Beide gehörten der Protestantischen Union an, und Graf von Thurn erwartete sicher Hilfe von ihnen, sollte es tatsächlich zu Kämpfen kommen. Ihr Eingreifen zu Gunsten des Direktoriums in Prag würde aber auch die katholische Liga auf den Plan rufen. Herzog Maximilian stand sicher bereits bereit und würde sich uneingeschränkt auf die Seite von Kaiser Matthias und Ferdinand stellen. Dann war zu befürchten, dass sich der Krieg sehr schnell über die Grenzen von Böhmen hinaus ausweiten würde.

»Wir müssen besonnen vorgehen«, sagte Friedrich daher. »Die Lage ist angespannt. Wenn wir jetzt voreilige Schlüsse ziehen, kann das zum Auslöser eines Krieges werden, der unser gesamtes Reich spalten wird. Wir müssen den Protestanten in Böhmen aber auch beistehen, wenn es zum Äußersten kommt.«

»Beides zugleich wird kaum möglich sein«, gab Georg Johann zu bedenken.

»Vielleicht doch«, entgegnete Friedrich nachdenklich.

»Wie meint Ihr das?«

»Wir werden zunächst darauf verzichten, offen Partei zu ergreifen, und die Aufgabe erfüllen, die an uns herangetragen wurde. Ich werde Graf von Solms als Vermittler nach Prag entsenden. Ihr schickt einen Boten nach Wien, der dem Kaiser und Ferdinand mitteilt, dass die Protestanten in Prag eine gütliche Lösung suchen.«

»Ist das alles?«, fragte Christian von Anhalt enttäuscht, der offensichtlich mit einer anderen Entscheidung des Kurfürsten gerechnet hatte.

»Zunächst ja. Darüber hinaus werden wir unser Heer in Bereitschaft halten. Außerdem wird Graf von Mansfeld mit seinen Truppen nach Prag reisen, um die Stände dort zu unterstützen, falls die kaiserlichen Truppen einfallen.« Friedrich wusste, dass durchaus die Gefahr bestand, dass gerade Ferdinand es als Grund zum Feldzug gegen Böhmen sehen konnte, wenn dort ein weiteres Heer Stellung bezog. Weil von Mansfeld aber neutral war, konnte man der Protestantischen Union nicht vorwerfen, zu Gunsten der Rebellion Stellung bezogen zu haben.

»So soll es geschehen«, sagte Georg Johann, und auch Christian von Anhalt schien mit dieser Lösung einverstanden zu sein.

Sie alle wussten, wie viel auf dem Spiel stand und keiner wollte einen Fehler machen, der sein eigenes Reich in einen Krieg stürzen konnte.

Der Dreißigjährige Krieg Band 1-3: Der Winterkönig / Der tolle Halberstädter / Der Hexenbrenner

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