Читать книгу Der Löwe aus Mitternacht. Geschichten des Dreißigjährigen Krieges. Band 5 - Jörg Olbrich - Страница 7

Wien, 16. Januar 1631

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Eintrag in die kaiserliche Chronik des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation:

Nach den Ereignissen beim Kurfürstentag in Regensburg zeigte sich Kaiser Ferdinand II. nicht bereit, gegenüber den katholischen Kurfürsten Zugeständnisse zu machen, die über die bisherigen hinausgehen und lehnte weitere Treffen ab. Den Jahreswechsel verbrachte er zurückgezogen mit seiner Familie und der Jagd.

Die Befürchtungen, dass Albrecht von Wallenstein nach seiner Entlassung einen Rachefeldzug gegen den Kaiser und vor allem Maximilian von Bayern führen würde, haben sich bisher nicht bewahrheitet. Der Herzog von Friedland hat sich auf seine Güter in Gitschin zurückgezogen und scheint sich dort von den vergangenen Schlachten und der erlittenen Schmach zu erholen.

Unterdessen setzt König Gustav Adolf von Schweden seinen Eroberungszug in Mecklenburg fort und bringt dabei großes Leid über das Land. Die mächtigen Fürsten aus Sachsen und Brandenburg lehnen ein Bündnis mit dem selbsternannten Befreier der Protestanten ab und halten dem Kaiser ihre Treue.

Herzog Franz Karl von Sachsen-Lauenburg hat seine Truppen an der Elbe versammelt, um sich mit den Schweden zu verbünden, konnte aber von Feldmarschall Gottfried Heinrich zu Pappenheim besiegt und gefangen genommen werden.

Anton Serger legte die Feder zur Seite und gönnte sich zufrieden einen Schluck Wein. Er saß am Schreibtisch in seiner geliebten Bibliothek und hoffte, dass er den Kaiserhof in Wien nicht so schnell wieder würde verlassen müssen. Es war erst wenige Wochen her, dass er mit Ferdinand II. und dessen Gefolge vom Kurfürstentag in Regensburg zurückgekehrt war. In der Ruhe dieser Räume fühlte er sich wesentlich wohler als in dem Trubel, dem er in Bayern ausgesetzt gewesen war.

Während seiner mehrmonatigen Abwesenheit hatte sich in der Bibliothek einiges an Schriftrollen und Büchern angesammelt, die nun sortiert und katalogisiert werden mussten. Anton freute sich auf diese Arbeit und hoffte, dass er sie ohne große Störungen erledigen konnte.

Kaiser Ferdinand II. hatte in Regensburg ein Debakel erlebt und keines seiner Ziele verwirklichen können. Er war von den Reichsfürsten gezwungen worden, seinen obersten Heerführer General Albrecht von Wallenstein des Amtes zu entheben. Gleichzeitig hatte er auf seine Ansprüche in der Erbfolge für das Herzogtum Mantua in Italien verzichten müssen. Auch der Plan, seinen Sohn Ferdinand III. zum römischen König krönen zu lassen und ihn damit praktisch vorzeitig zu seinem Nachfolger zu machen, war fehlgeschlagen.

Die Bedrohung aus Schweden war von den Fürsten in Regensburg noch unterschätzt worden. Sie hatten die Landung Gustav Adolfs auf Usedom zwar zur Kenntnis genommen, sich aber nicht weiter damit befasst. Anton befürchtete, dass sie diesen Fehler noch bitter bereuen würden. Auch nach der Rückkehr nach Wien hatte Ferdinand II. nichts von der Gefahr in Pommern hören wollen. Sollten sich doch die Fürsten selbst darum kümmern.

Der Kaiser erledigte nur die allernotwendigsten Regierungsgeschäfte und ging ansonsten viel auf die Jagd oder unternahm kurze Reisen mit seiner Gemahlin. Seinem Schreiber war das mehr als recht.

Plötzlich stieß Prinz, der wie immer, wenn er mit Anton alleine in der Bibliothek war, unter dem Schreibtisch seines Herrn lag, ein freudiges Bellen aus. Dann sprang er auf und rannte auf die Tür zu, die in diesem Moment geöffnet wurde. Der kaiserliche Schreiber brauchte sich nicht umzudrehen, um zu wissen, wer gekommen war. Dies hatte er bereits an der Reaktion des Schäferhundes erkannt.

»Ich habe hier etwas, dass du dir unbedingt ansehen musst«, rief Peter Heinlein seinem Meister und Freund bereits von der Tür aus zu. »Die Schweden behaupten von sich selbst, dass sie ihre protestantischen Freunde vom Einfluss des Kaisers befreien wollen. Sie haben Flugschriften gedruckt, die sie überall im Reich verteilen.«

»Zieh erst einmal den nassen Mantel aus und setz dich hin«, antwortete Anton, als sein Helfer triefend nass vor ihm stand und mit zusammengebundenen Blättern vor dem Gesicht herumfuchtelte. »Und gib mir das.«

Der kaiserliche Schreiber konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Peter war zwar nicht mehr der unbekümmerte junge Mann, den Anton in der Wiener Universität kennengelernt hatte; wenn er aber in Rage war, erinnerte er ihn doch wieder an diese Zeit.

Damals hatte Anton an der Universität unterrichtet. Peter war einer seiner Studenten gewesen und hatte ihn angefleht, ihm eine Arbeit in der Bibliothek zu geben. Nach langem Hin und Her hatte Anton schließlich zugestimmt und dies seither nicht bereut. Er war seinem Helfer dankbar, dass er ihm mit Prinz einen treuen Begleiter gebracht hatte, auch wenn er den Hund zunächst nicht hatte haben wollte.

Für den jungen Heinlein war es dagegen nicht immer nach dessen Vorstellungen gelaufen. Im Auftrag des Kaisers hatte Anton Peter zu General von Wallenstein geschickt, damit der den Feldherrn als Berichterstatter begleitete. Diese Zeit hatte den jungen Studenten aus Wien geprägt. Mehr als einmal war er selbst nur knapp mit dem Leben davongekommen. Nach der Entlassung Wallensteins war Peter dann mit seiner Frau nach Regensburg und später mit Anton zurück nach Wien gereist.

»Woher hast du das?«, fragte Anton und schaute sich die Flugschrift neugierig an.

»Ein Bote Tillys brachte es aus Mecklenburg mit.«

»Schwedisches Kriegsmanifest«, las Anton laut und schüttelte den Kopf. »Der Wasserkönig rechtfertigt also seinen Überfall auf das Reich. Behauptet er, dass er lediglich seinen Glaubensbrüdern zu Hilfe kommt?«

»Nicht nur«, antwortete Peter lachend. »Aber lies selbst. So wie Gustav Adolf es ausdrückt, wurde er vom Kaiser zu seinem Handeln gezwungen.«

»Wer soll ihm das glauben?«

»Ein Großteil der protestantischen Bevölkerung im Reich.«

»Unsinn.« Neugierig schlug Anton die Schrift auf und begann, darin zu lesen.

Es ist ein altes Sprichwort, dass niemand länger Frieden haben könne, als seinem Nachbar es beliebe oder gefalle: Wie wahrhaftig ein solches Sprichwort ist, hat die Königliche Majestät in Schweden in vergangenen Jahren erfahren und erfährt es noch täglich. Denn obwohl sie sich emsig und beflissen bemüht hat, während ihrer königlichen Regierung mit ihren Nachbarn Freundschaft und Frieden zu erhalten, hat sie doch nicht verhindern können, dass entsetzlich gemeine Friedenshasser ihr nachstellten, nachdem dieselben fast das ganze Heilige Römische Reich mit Mord und Brand verwüstet haben.

Ihre Königliche Majestät ist auch von vielen Ständen in ermahnt worden, sie müsse alsbald die Waffen ergreifen, ins Reich kommen und das Feuer mit vereinter Kraft auslöschen. Darüber hinaus wurde Ihre Königliche Majestät erinnert, dass sie von den Gefahren, wegen denen die benachbarten Provinzen in Feuer stünden, ebenfalls betroffen sei.

»Unfassbar«, sagte Anton und schlug mit der Faust auf den Tisch. »Der Wasserkönig scheint völlig vergessen zu haben, dass der Krieg damals in Böhmen von den protestantischen Ständen ausgelöst wurde.«

»Er hätte danach aber schon mehrfach beendet werden können«, gab Peter zu bedenken. »Ohne das Restitutionsedikt hätte es längst Frieden gegeben.«

»Solche Äußerungen solltest du in diesen Mauern nicht von dir geben«, tadelte Anton seinen Gehilfen. »Sie könnten dich an den Galgen bringen.«

»Das mag sein. Mit Böhmen hat dieser Krieg allerdings schon lange nichts mehr zu tun.«

»Das tut nichts zur Sache. Gustav Adolf ist ungebeten in unser Reich gekommen und hat begonnen, es zu erobern. Daran ändern auch seine fadenscheinigen Begründungen nichts.« Anton atmete tief durch und zwang sich zur Ruhe. Dann richtete er seine Aufmerksamkeit wieder auf das Manifest.

Der Kaiser hat nicht nur die Feinde des Königreichs Schweden unterstützt, sondern auch unschuldige Untertanen Ihrer Majestät angegriffen und beraubt, wenn diese als friedliche Händler in den Seehäfen des deutschen Landes angelegt hatten. Das alles und der Vorstoß der kaiserlichen Truppen unter Wallenstein nach Norddeutschland hat nur dahin gezielt, die Untertanen des Königreichs Schweden ganz abzudrängen und diese Gelegenheit zu nutzen, selbst Schiffe und Rüstung auf das Baltische Meer zu bringen. Das wurde durch die Betitelung des Generalats über das Baltische Meer umso deutlicher.

»Jetzt behauptet der Wasserkönig auch noch, dass es der Kaiser war, der die Kriegshandlungen mit Schweden begonnen hat«, regte sich Anton auf und musste sich beherrschen, nicht wieder mit der Faust auf den Tisch zu schlagen. »Das ist ungeheuerlich.«

»Du musst aber zugeben …«

»Nein«, unterbrach Anton seinen Gehilfen zornig. »Hör damit auf, für diesen Gottlosen Partei zu ergreifen.«

»Das tue ich ja nicht.«

»Dann halt den Mund.« Anton überflog ein paar Absätze, in denen die Vorwürfe gegen den Kaiser noch konkretisiert wurden, und kam dann zu einer Stelle, an der die Schweden behaupteten, in Gottes Auftrag zu handeln.

Zum Schutz seines Volkes und dem seiner Nachbarn war Seine Königliche Majestät schließlich gezwungen, mit den Waffen und Gottes Hilfe für seine und der seinigen Sicherheit zu sorgen.

Als Ihre Königliche Majestät auf dem Lande in Usedom angekommen war, da hat er öffentlich und im Beisein vieler Offiziere und Hauptleute seine Augen und gefalteten Hände nach dem Himmel gestreckt und gebetet.

Ach, du gerechter und allerhöchster GOTT, Herr des Himmels und der Erden, dir ist bekannt meines Herzens Sinn und Meinung und dass dies mein hohes Werk nicht zu meinem, sondern zu deinem und deiner bedrängten Christenheit Ehren gereichen soll und muss. Wenn es also dein göttlicher Wille und in deinem Sinne ist, so gib mir Wind und Wetter, dass ich meine Armee, die ich aus vielen Völkern gesammelt habe, bald zusammen und zu mir bekommen möge.

Anton warf die Schrift auf den Tisch und schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht, dass sich die Kurfürsten von diesem schändlichen Machwerk beeindrucken lassen werden«, sagte er schließlich.

»Nein«, gab Peter zu. »Von den Soldaten, die ihnen Gustav Adolf gegenüberstellt, aber vielleicht schon.«

»Sie werden nicht so dumm sein, sich gegen Kaiser Ferdinand II. zu stellen«, entgegnete Anton entschlossen. »Ist Seine Majestät über diese Hetzschrift informiert?«

»Er hat ebenfalls ein Exemplar bekommen, ja.«

»Er wird wissen, was er davon zu halten hat.«

»Was wollte Seine Majestät eigentlich von dir?«, wechselte Peter das Thema.

»Der Kaiser?«

»Nein, Ferdinand III.«

»Ich wusste nicht, dass er mit mir sprechen wollte«, antwortete Anton und sah seinen Helfer verwirrt an.

»Das habe ich dir aber heute Morgen gesagt«, entgegnete Peter. »Du sollst dich im Laufe des Tages bei ihm melden.«

»Davon weiß ich nichts.« Anton versuchte, sich an das kurze Gespräch zu erinnern, das er am Morgen mit Peter geführt hatte. Er war sich sicher, dass da nicht ein einziges Wort über den Sohn des Kaisers gefallen war. Anton hatte nicht einmal gewusst, dass sich Ferdinand III. zurzeit im Kaiserhof in Wien befand.

»Dann solltest du dich dringend auf den Weg machen und Seine Majestät nicht länger warten lassen.«

***

»Ihr wolltet mich sprechen, Eure Majestät?«, fragte Anton, nachdem er die Tür des Audienzzimmers von Friedrich III. geschlossen hatte und verbeugte sich leicht. Den ganzen Weg von der Bibliothek bis in diesen Bereich des Schlosses hatte er darüber nachgedacht, was der Sohn des Kaisers von ihm wollen könnte, war aber auf kein Ergebnis gekommen. Mit dem Erzherzog von Österreich und König von Böhmen, Ungarn und Kroatien hatte er bisher wenig zu tun gehabt, und ihn das letzte Mal auf dem Kürfürstentag in Regensburg gesehen.

»Das ist richtig«, sagte Ferdinand III., der bisher am Fenster gestanden und auf den Hof geschaut hatte, und drehte sich um. »Wir kennen uns schon eine Ewigkeit, ohne wirklich etwas voneinander zu wissen.«

Was wird das denn jetzt für ein Gespräch?

»Mein Vater sagte mir, dass er ein vertrauensvolles Verhältnis zu Euch hat«, fuhr Ferdinand III. fort und ersparte es Anton damit zunächst, eine Antwort geben zu müssen. »Ihr wisst, dass ich irgendwann ebenfalls Kaiser sein werde.«

»Ja, natürlich, Eure Majestät.« Anton wusste nicht so recht, was er von der Situation halten sollte. Er beschloss, auf der Hut zu sein. Auf keinen Fall wollte er es sich mit dem zukünftigen Herrscher über das Reich verscherzen.

»Dann werdet Ihr mein persönlicher Sekretär sein.«

»Wenn Ihr das wünscht, Eure Majestät.«

»Ich wüsste nicht, was dagegenspricht.«

Auch wenn sich Anton natürlich über diese Aussage freute, gefiel ihm der listige Gesichtsausdruck nicht, den Ferdinand III. aufgesetzt hatte, als er diese Worte sprach. Irgendetwas stimmte hier nicht. Was wollte der Erzherzog von ihm?

»Wie alt seid Ihr jetzt?«

Was soll das nun wieder. »Zweiunddreißig.«

»Und Ihr habt Euch bisher noch nicht mit dem Gedanken getragen, ein Weib zu ehelichen?«

Jetzt wird es gefährlich. »Es hat sich noch keine Gelegenheit ergeben.« Anton wollte mit Ferdinand nicht über die Enttäuschungen sprechen, die er bisher mit dem anderen Geschlecht hatte erleben müssen, und beschloss, so wenig wie möglich zu sagen.

Kurz nachdem er vor fast zwölf Jahren seine Tätigkeit im Kaiserhof aufgenommen hatte, war Anton mit Ferdinand II. nach Preßburg gereist, wo der zum König von Ungarn gekrönt werden sollte. Dort hatte er sich volltrunken mit der Magd Vroni eingelassen. Das durchtriebene Weibsstück war ihm dann nach Wien gefolgt und hatte Ansprüche gestellt, Anton müsse sie zur Gemahlin nehmen. Der hatte allerdings nicht im Traum daran gedacht, auf diese Forderung einzugehen.

Vroni hatte sich daraufhin mit dem Oberst Graf Reimbalt von Collalto eingelassen. Als sie kurz darauf beiden Männern mitgeteilt hatte, dass sie ein Kind erwarte, hatte der spanische Offizier sie ermordet und Anton gezwungen, ihm bei der Beseitigung der Leiche zu helfen.

Damals hatte sich Anton geschworen, sich nicht mehr so unbedarft mit einem Weibsbild einzulassen. Dann war Vronis Schwester Resi in Wien aufgetaucht und hatte begonnen, Fragen zu stellen. Nachdem er die Ungarin in der Bibliothek angestellt hatte und sie sich schließlich nähergekommen waren, hatte Anton Resi sogar heiraten wollen. Die hatte jedoch erfahren, was mit ihrer Schwester geschehen war und sich rächen wollen. Nachdem sie Collalto ermordet, Anton aber verschont hatte, war sie geflohen und hatte sich in den Tod gestürzt.

Etwa drei Jahre später hatte er wieder eine Helferin in der Bibliothek bekommen. Nachdem er Lotte Schneider gegenüber anfangs zurückhaltend gewesen war, festigte sich die Bindung zwischen ihnen. Später musste er dann erfahren, dass sie in einen Mordkomplott verwickelt gewesen war und ihn verraten hatte.

Nach dieser schmerzlichen Erfahrung hatte Anton endgültig mit dem weiblichen Geschlecht abgeschlossen. Bis heute.

»Also habt Ihr Euer Herz noch nicht vergeben?«

»Nein.« In Anton läuteten alle Alarmglocken Sturm. Der Blick des zukünftigen Kaisers war jetzt eindeutig lauernd, und der Schreiber hatte das Gefühl, dass er Ferdinand III. gerade voll in die Falle getappt war.

»Das ist gut«, sagte der Erzherzog und lächelte den Schreiber, der sich immer unwohler in seiner Haut fühlte, wissend an.

»Wie darf ich das verstehen, Eure Majestät?« Anton bereute die Frage in dem Moment, in dem er sie gestellt hatte. Er hätte einfach weiter abwarten sollen, auf was Ferdinand III. hinauswollte. Vielleicht hätte er dann noch eine Möglichkeit gehabt, dem Kommenden zu entgehen. Jetzt würde ihn der Erzherzog nicht mehr vom Haken lassen, was der mit seiner nächsten Aussage auch bewies.

»Ihr werdet bald heiraten.«

Nein. Werde ich nicht. »Wie meint Ihr das, Eure Majestät?«

»Ich habe mir erlaubt, Eurem Glück ein wenig nachzuhelfen und bereits alles arrangiert.«

»Ihr habt was?« Anton spürte, wie seine Knie weich wurden. Plötzlich kam er sich wie in einem Albtraum vor. Welchen Plan der Erzherzog von Österreich auch immer verfolgte: Anton war sich sicher, dass er ihm nicht gefallen würde.

»Eure Braut ist bereits auf dem Weg nach Wien. Ihr werdet im Februar heiraten.«

»Wieso? Wen?« Anton sah den jungen Erzherzog an und schüttelte den Kopf. »Ich habe nicht die Absicht, mir eine Gemahlin zu nehmen.«

»Und doch werdet Ihr es tun«, sagte Ferdinand III. »Es soll nicht zu Eurem Nachteil sein.«

»Könnt Ihr mir das ein bisschen genauer erklären, Eure Majestät?« Alles in Anton schrie danach, aus dem Audienzzimmer des zukünftigen Kaisers zu flüchten und sich in seiner Bibliothek einzusperren. Helfen würde ihm das aber auch nicht.

Der König von Böhmen hatte ihm indirekt zu verstehen gegeben, dass er ihm zu gehorchen hatte, wenn er seine Anstellung als kaiserlicher Schreiber behalten wollte. Da war es besser, sich anzuhören, was ihm Ferdinand III. weiter berichten würde. Im schlimmsten Fall würde er Wien für immer den Rücken kehren. So leid ihm das, alleine wegen seiner Arbeit in der Bibliothek, auch tun würde.

»Wie Ihr wisst, werde ich in Kürze Maria Anna von Spanien ehelichen«, erklärte Ferdinand III.

Was hat das mit mir zu tun? Anton schaute den Erzherzog fragend an und versuchte dabei krampfhaft, sich seinen Ärger nicht anmerken zu lassen. Er wollte kein Eheweib. Er wollte seine Ruhe.

Anna Maria war die Tochter des spanischen Königs Philipp III. Bereits in jungen Jahren war zwischen dem spanischen Hof und Wien vereinbart worden, dass sie Johann Karl, den zweitältesten Sohn Kaiser Ferdinands II., heiraten sollte. Nachdem der junge Prinz aber bereits im Dezember 1619 im Alter von 14 Jahren verstorben war, hatte man Ferdinand III. als möglichen Ehemann der spanischen Infantin in Betracht gezogen.

Es war jetzt bereits fünf Jahre her, dass der Erzherzog sich mit der zwei Jahre älteren Prinzessin verlobt hatte. Der Zeitpunkt der Hochzeit war mehrfach verschoben worden. Neben dem dauerhaft anhaltenden Krieg lag der Grund hierfür darin, dass man sich lange Zeit nicht über Besetzung und Größe des Hofstaats der künftigen Königin einigen konnte. Jetzt befand sich Anna Maria bereits seit über einem Jahr auf dem Weg nach Wien. Durch den Krieg, Seuchen, aber auch Feierlichkeiten, denen die Monarchin nicht absagen konnte, hatte sich die Reise immer wieder verzögert.

»Genau wie der Kaiserhof in Wien lebt auch der Hof von König Philipp III. nach dem spanischen Hofzeremoniell«, sprach Ferdinand III. weiter.

Warum erzählt er mir das. Ich bin schon länger hier am Kaiserhof als der Erzherzog selbst.

»Meine zukünftige Gemahlin hat seit ihrer Jugend in einer Heimat eine gute Freundin, auf deren Gesellschaft sie nicht verzichten will.«

Jetzt kommen wir der Sache langsam näher.

»Leider ist Isabella keine Adelige und käme daher nicht als Hofdame einer Königin infrage, die einmal die Kaiserin des Heiligen Römischen Reichs deutscher Nation sein wird. Ihr werdet die junge Frau heiraten und ihr damit den notwendigen Status verschaffen.«

»Ich enttäusche Eure Majestät nur sehr ungern«, sagte Anton und musste sich beherrschen, um nicht laut loszulachen. »Ich bin selbst nicht adelig und kann Euch daher leider nicht helfen.«

»Da irrt Ihr Euch, Herr Graf Anton von Rezi.«

Der Löwe aus Mitternacht. Geschichten des Dreißigjährigen Krieges. Band 5

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