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Das Maa-Dokument, erster Teil
Оглавление»… schlechte Kunde aus allen Himmelsrichtungen: Es scheint, als sei die Rote Seuche wieder ausgebrochen. Die Stammesältesten haben sich bereits gestern zu einer Beratung zurückgezogen, die – wie üblich – mehrere Tage beanspruchen wird. Bo-o, unser noch junger Anführer, wird sich bei diesen Beratungen zum ersten Mal richtig bewähren müssen. Wer aber kann sagen, was wird, wenn die Rote Seuche nicht zum Stillstand kommt?
(Einige Zeilen im Original nicht mehr zu entziffern. H. P.)
Wir opfern jeden Tag mehrmals; Mi-ra möge uns gnädiger gestimmt werden! Seit Tagen regnet es, die Ernte verfault auf den Feldern. Unser Gott zürnt mit seinem Volk. Die Weise Urfrau möge uns helfen, einen Weg zur Besänftigung des zürnenden Mi-ra zu finden.
Die Ältesten haben ihre Beratungen beendet. Bo-o konnte sich mit seinem Vorschlag nicht durchsetzen. Seine Idee war, vor der Roten Seuche nach Norden auszuweichen. Er verweist auf die Heilige Überlieferung, die davon spricht, dass in den Nordgebieten das Heilmittel zu finden sei, falls einmal die Große Krankheit ausbrechen sollte. Doch weiß man, ob mit dem Begriff ›Große Krankheit‹ die Rote Seuche gemeint ist? Darauf hat Ta-u, der Rivale Bo-os nicht nur im Rat der Stammesältesten, sondern auch um die Gunst von Ba-i, der Tochter von Sa-a, dem Breitkornanbauer, zu Recht hingewiesen. Die Heilige Überlieferung sei nur eine Sage, und im hohen Norden gebe es keine Möglichkeit zu überleben. Ich warte, dass … (Unleserlich. H. P.)
Sa-a ist gerade aus dem Nachbardorf gekommen. Dort sind alle tot. Sa-a hat geschworen, dass er nichts und niemanden berührt hat, aber alle hier haben Angst. Wir haben ihn gezwungen, wegzugehen. Ba-i, seine schöne Tochter; hat sich ihm angeschlossen, nachdem es ihr nicht gelungen war, das Dorf umzustimmen. In der Angst waren sich alle einig. Am ärgsten hat sich Ta-u, der immer um Ba-is Gunst buhlte, gegen das Verbleiben ihres Vaters im Dorf ausgesprochen.
Doch vielleicht ist es schon zu spät, und Sa-a hat die Ansteckung bereits eingeschleppt. Möglicherweise hat Bo-o mit seinem Vorschlag doch recht, auf jeden Fall wird sich der Rat der Ältesten noch einmal damit befassen.
Seit gut zehn Wochen sind wir auf der Wanderung. Bo-o führt uns in die Gebiete des Nordens, nachdem der Ältestenrat nach nur eintägiger Beratung beschlossen hat, seinem Vorschlag zu folgen. In den letzten Wochen war wenig Gelegenheit auszuruhen, daher musste diese Niederschrift warten. Heute haben wir eine etwas längere Rast eingelegt, denn wir haben die ersten Ausfälle. Für viele Maa sind die Anstrengungen zu groß, sie bleiben zurück, denn tragen können wir sie nicht. Wir haben die Rote Seuche hinter uns gelassen, doch die Angst begleitet uns und treibt uns weiter vorwärts.
Es ist kalt geworden. Wir haben festgestellt, dass wir nicht genügend Kleidung mitgenommen haben, um uns zu wärmen. Wir Männer sind da noch in einer besseren Lage, wir sorgen uns um die Jagd und sind daher immer in angestrengter Bewegung, doch Frauen und Kinder leiden stark an der Kälte.
Auch Bo-o weiß keinen Ausweg; so weit im Norden war noch keiner von uns. Ta-u triumphiert wieder einmal. Zwar hatte er sich bei der letzten Ratssitzung der Stammesältesten nicht durchsetzen können, doch nun scheint es, als behielte er recht.
Die Nahrung wird immer knapper, das wilde Breitkorn ist kaum noch zu finden. Wovon sollen unsere Frauen in Zukunft die Fladen zubereiten? Doch schlimmer noch: Auch mit der Jagd geht es nicht mehr wie zu Beginn. Seit Tagen haben wir keinen Wa-bo (d. i. eine Art Springbock, das Hauptjagdtier der Maa. H. P.) mehr erlegen können. Wir leben von den Vorräten, doch wir brauchen dringend frische Nahrung …«