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Oman
ОглавлениеWorauf ich mich besonders freute: Meine Freundin, die Pattiessière Anne Kratz, mit der ich bis kurz zuvor im Schloss Loersfeld zusammengearbeitet hatte, wollte dazustoßen, um mich eine Weile auf meiner »Jagd« nach neuen Geschmäckern zu begleiten.
Ich hatte in Dubai ein Mitglied des Colonia Kochkunstvereins kennengelernt, Ahmed, dessen bester Freund Besitzer einer Travel Agency war. Die beiden hatten eine richtig außergewöhnliche Reise für uns geplant. Wir fuhren fünf Tage quer durchs Land: Sie zeigten uns die schönsten Ecken in der Hauptstadt Muscat und in Nizwah, dem geistigen Zentrum des Landes. Mich interessierte dort allerdings weniger die Moschee als der Viehmarkt. Ein Wahnsinnsspektakel. Ein bisschen fühlte es sich an, als hätten man uns einfach so mal ins Mittelalter gebeamt.
Wir durchquerten die Wüste und besichtigten wunderschöne alte Städte und Burgen. Im Jebel-Akhdar-Gebirge bestaunten wir die Aflaj, uralte Wasserkanäle, die zum UNESCO-Weltkulturerbe gehören. Am meisten werden mir aber immer die Wadis in Erinnerung bleiben: Da sind mitten in den riesigen Bergen plötzlich Oasen mit Palmen, weißem Sand und knallblauem Süßwasser. Ich bin eigentlich nicht so der naturverbundene Mensch, aber das war wirklich überwältigend.
Natürlich wussten Ahmed und sein Freund, dass wir auch kulinarisch unterwegs waren. Und so legten sie immer wieder mal einen Stopp an einer kleinen Bude, einem Café oder einem Restaurant ein, damit wir die Spezialitäten des Landes probieren konnten. Überall schmeckte man den Einfluss der indischen und pakistanischen Küche, da aus diesen Ländern von jeher viele Menschen in den Oman kamen. Von der arabischen Seite her ist die Küche dagegen stark vom Jemen beeinflusst.
Das Essen war meistens recht einfach: Hähnchen, geschmortes Lamm, Hack mit Bohnen, gegrilltes Fleisch, Reis mit Kichererbsen und Zwiebeln, Curry auf Rotibrot, supersalzige eingelegte Gurken … Und natürlich das Nationalgericht Shuwa. Das Fleisch dafür, Kalb, Rind, Lamm oder auch Pferd, wird zwei Tage lang mit Kräutern und Gewürzen in einem Erdofen gegart. Eine faszinierende Technik, die sich seit Jahrhunderten kaum verändert hat und die zeigt, wie sehr die Menschen hier in ihrer Kultur verwurzelt sind. Das mag ich sehr.
Was es auch fast überall gab, waren riesige Platten mit Reis, auf denen dann geschmortes Fleisch oder gebratener beziehungsweise gegrillter Fisch lag. Immer schön im Omani-Style gewürzt mit reichlich Kardamom, Kreuzkümmel, Chili, Koriander und Kurkuma. Dazu gab es einen schlichten Salat mit Gurke, Tomate und Paprika. Statt Dressing bekam jeder einfach ein Stück Zitrone dazu.
Gut gefallen hat mir auch, dass überall alle gemeinsam von einer Platte oder aus einer Schüssel aßen. Oft am Boden und mit den Händen. Das hatte so etwas Familiäres. Auf dem Teppich wurde einfach eine Plastikfolie ausgebreitet und los ging’s. Danach sah es aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen – bis die Folie wieder weggeräumt und entsorgt war. Dann war alles wieder ordentlich.
Die letzten drei Tage verbrachten Anne und ich dann noch allein in Muscat. An einem Abend besuchten wir eine traditionelle Shisabar schräg gegenüber von unserem Hotel. Wir setzten uns an einen Tisch draußen an der Straße, denn im Oman sind solche Bars eigentlich Männerdomänen und wir wollten nicht so auffallen. Aber wir wurden sehr freundlich empfangen. Ein Herr am Nachbartisch reichte uns sogar einfach seinen Teller rüber, damit wir probieren konnten: gebratene Leber mit Zwiebeln. Ein supereasy Essen, das ich ähnlich aus libanesischen Mezeboxen kenne. Dort würzt man die Leber allerdings meist noch mit Granatapfelsirup und Essig.
Ich postete ein Bild auf Instagram und kurz darauf schrieb mich eine junge Marokkanerin an, die mir dort folgte. Sie wäre gerade ganz in der Nähe und fragte, ob wir nicht Lust auf eine Sightseeingtour hätten. Anne war zunächst skeptisch, aber schließlich konnte ich sie doch überzeugen, sich auf das Abenteuer einzulassen. Zum Glück, denn der Abend war dann auch wirklich nett. Unseer neue Bekannte arbeitete in der hiesigen Bibliothek und war total witzig. Nach einer Stadtführung fuhren wir raus in die Berge, von wo aus wir einen wunderbaren Blick auf das nächtliche Muscat hatten. Die Lichter der Stadt glitzerten mit den Sternen über uns um die Wette. Die ganze Szenerie hatte fast etwas Magisches.
Bevor es zurück ins Hotel ging, kehrten wir noch in einem landestypischen Restaurant im Hinterland ein. In einigen Räumen wurde gerade eine Hochzeit gefeiert, während im Hof ein paar Frauen auf Holzkohleherden Brot backten. Klar, dass die Karte nur auf Arabisch war, aber dank unseres »Guides« hielt uns das nicht davon ab, direkt etwas zu bestellen. Anne entschied sich für ein Schmorgericht unter einer Brotkruste, unsere Freundin für eine riesige Portion gelben Reis mit ein bisschen Fleisch und ich nahm eine Gemüsepfanne. Dazu servierte man uns noch verschiedene Chutneys und Würzsaucen – lauter Kleinigkeiten, die wir uns zusätzlich auf die Teller häuften. Dabei waren die Portionen ohnehin schon riesig, wie so oft in Arabien. Aber auch wenn sich mein Magen deswegen irgendwann geschlagen geben musste: Ich liebe es einfach, ständig etwas Neues zu probieren.
Im Oman gibt es rund 100 verschiedene Dattelsorten und viele davon gibt es auf dem Dattelmarkt in Nizwa zu kaufen. Ein Wahnsinnserlebnis und eine unglaubliche Geschmacksvielfalt.
An einem anderen Tag unternahmen Anne und ich auf eigene Faust eine Taxitour. Eigentlich hatten wir geplant, den Bus zu nehmen, aber dann hat uns dieser Taxifahrer angequatscht und nach ein paar Minuten hatten wir einen guten Preis ausgehandelt. Letztendlich hat es uns sogar weniger gekostet als der Bus und wir haben natürlich viel mehr gesehen. Vor allem aber war Nassim, unser Fahrer, superlustig. Er schickt mir heute noch manchmal Fotos auf Instagram.
Als Erstes ist er mit uns frühstücken gegangen, in ein ganz schlichtes weißes Café mit Marmorboden und Plastikstühlen. Von unserem Tisch aus konnte man direkt in die Backstube schauen. Ich war begeistert, denn ich habe ein Faible für orientalisches Brot. Hier wurde es aus einem ganz dünnen Teig gefaltet, fast wie ein Crêpe, aber weniger süß. Eher wie eine weiche Tortilla. Darauf kamen dann noch Pistazien und Honig. Superlecker! Dazu gab es Karaktee mit Safranfäden. Diesen gewürzten Schwarztee mit süßer Kondensmilch habe ich wirklich schätzen gelernt und zu jeder Tageszeit getrunken. Ich dachte eigentlich, das Rezept käme aus Pakistan. Aber als ich dann ein paar Monate später in Indien war, kannte man das Getränk überhaupt nicht. Es gab dort zwar auch Chai mit Milch, aber der schmeckte ganz anders.
An diesem Morgen jedenfalls machten wir noch eine komplette »Karakteeverkostung« und tranken neben der Version mit Safran auch noch andere mit Kardamom und vielen weiteren Gewürzen. Ich habe es geliebt! Zurück in Deutschland hat Anne deswegen auch gleich ein Dessert für mich entwickelt, das mich immer an den Oman und diese unglaubliche Reise erinnern soll.
Anne und ich wollten uns natürlich unbedingt auch noch den Gewürzmarkt ansehen. Er war wirklich wunderschön. Ich liebe ja Märkte generell, aber im Oman war alles viel ruhiger und ordentlicher, als ich es zum Beispiel aus Tunesien kannte. Hier hätte ich stundenlang herumbummeln können. Überhaupt war alles unglaublich sauber. Ich habe tatsächlich mal beobachtet, wie ein Mann irgendetwas auf die Straße geworfen hat und ein anderer ihn daraufhin ansprach und so lang neben ihm stehen blieb, bis er seinen Müll wieder aufgehoben und in einen Abfalleimer geschmissen hat. Was ich fast noch faszinierender fand, war, dass dabei kein einziges lautes Wort fiel. Und obwohl alles perfekt geregelt zu sein schien, habe ich die ganze Zeit über weder Polizei noch Security gesehen. Nicht einmal der Palast wurde bewacht. Alles erschien mir unheimlich friedlich. Ich bin fast versucht zu sagen: Der Oman ist ein Paradies – zumindest für mich.
In Dubai prallen wirklich Welten aufeinander und das macht die Stadt in meinen Augen atemberaubend.