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ANONYM Der Ammersee und seine gesammte Umgebung

Zwischen den letzten Ausläufern unseres Alpenlandes finden wir ein Silberbecken eingeschaltet, entrückt dem ungesunden aufreibenden Treiben der modernen Welt, und wer erholungsbedürftig ist und am unentweihten Busen der Natur wirkliche Erquickung sucht, der komme an die Ufer dieses ländlichen und stillen Gewässers. Nadel- und Laubholzwaldungen umsäumen die Ufer, zwischen denen bescheiden die Hütten der Gestadebewohner hervorlugen und der Landschaft so recht den Charakter des Idillischen verleihen. Wahrlich, man fühlt die schwermütige, träumerische Ruhe des See’s auch in sich einziehen, wenn man in dem Nachen nachlässig, befangen von den nahezu philosophischen Reizen, hinausrudert und das unendliche Blau und die alten Burgen auf bewaldeten Höhen und sonniglachenden Hängen und Gefilden in dem Spiegel so zitternd und duftig wiedergegeben sind.

Geschichtlich interessante Erinnerungen erwecken in uns die Thürme der ehemaligen Dynastenburgen und späteren Klöster Diessen und Andechs, die Schlösser der Gebieter von Seefeld und Greifenberg, die zertrümmerte Römerveste Pähl, die Ausgrabungen bei Fischen und die Grabstätten unbekannter Generationen, wahrscheinlich die letzten Ueberbleibsel römischer Herrschaft. Unvergleichlich ist das Panorama von der Höhe von Diessen über den Ammersee weg auf den Pilsensee und das Schloß Seefeld mit seinen Zinnen und Erkern oder das liebliche Bild der Aussicht von Schloß Ried.

Das Klima ist durchgehends sehr gesund und an den gegen Wind geschützten Hängen besonders mild. Greifenberg und Diessen werden deshalb sehr zum Aufenthalte für Brustleidende empfohlen, um in den stärkenden weichen Wellen ihre Genesung zu finden.

Von der Kreuzspitze, im Rücken des Berges Kosel bei Ettal, herab fallen die Quellbäche der Ammer, wie sie bis zum Einfluße in den See heißt. Der Ammersee, dessen Fluthen außer ihr 45 größere und kleinere Bäche schwellen und den sie als „Amper“ bei Stegen verläßt, hat einen Umfang von 40 Km, eine Länge von 16,50 km, eine größte Breite (zwischen Rieden und Herrsching) von 5,8 km und mißt in der größten Tiefe im sogenannten Herrschingerwinkel 90 m.

Unter den Schwimmvögeln, welche die Wasser des See’s beleben, sind am zahlreichsten die verschiedenen Arten von Tauchern und Enten. Häufig sind gleichfalls die Lachmöven, doch brüten sie nicht hier, sondern am Pilsen- und Wörthsee. Sie sind allen Münchnern wohlbekannt; denn im Frühlinge fliegen sie in großen Schaaren an den Schwabinger Bach im englischen Garten und verweilen dort den Tag über, um Abends wieder an ihre heimatlichen See’n zurückzukehren. Säger und Schneegänse erscheinen im Spätherbst und Winter, selbst Singschwäne stellen sich hie und da ein.

Von den Fischen sei zuerst der Amaul genannt, weil die Feinschmecker ihm am meisten schätzen, außerdem enthält der See noch Bürschling, Karpfen, Schleihen, Brachsen, Seerießling, Schied, Schwarznörfling, Perlfisch, Forellen, Huchen, Renken, Hecht, Rutten und Waller. Sehr beliebt sind die „Kilche“ d.i. Bodenrenken in geräuchertem Zustande. Hiebei wollen wir der Thatsache nicht vergessen, daß eine sehr große Zahl von Fischen aller Art aus dem Ammer- an den Würmsee gebracht wird, um von den Ausflüglern als leckerer, den dortigen Fluthen entstammender Bissen verspeist und gepriesen zu werden.

Das Recht des Vogelfangs, der Fischerei und der Lohnschiffahrt steht den Fischern nach dem Gesetze vom Jahre 1841 zu. Alter Brauch und Sitte hat sich vielfach bis auf unsere Tage erhalten und wenn wir auch nicht mehr unsere heidnischen Ahnen in den Wäldern vor ihren Götzenfeuern finden, so treffen wir doch noch die feierlichen Bittgänge der Landleute und die Festgebräuche des Allerseelen- und Leonharditages. –

Prachtvolle Wälder zierten und bekränzten vor Zeiten den See ringsum. Die Eiche war früher der verbreitetste Baum; die Fischer zimmerten aus ihren Stämmen ihre Kähne, „Einbäume“, von denen nur einer noch im Schlamme des See’s seiner bald kommenden Feuerbestattung harrt.

Wir besteigen also in Diessen den flinken Dampfer „Marie“ oder den größeren „Maximilian“. Beide sind, wie auch der auf der Amper verkehrende, Halbsalons und allem Comfort der Neuzeit entsprechend eingerichtet. Von Diessen aus fahren wir in 25 Minuten quer durch den See der Station Mühlfeld oder Hersching zu. Auf der Fahrt betrachten wir uns noch einmal das obere Westufer: Majestätisch liegt der Markt Diessen vor unseren Augen, stufenmäßig ansteigend und gekrönt von der alles überragenden Pfarrkirche. Im Süden erblicken wir noch einmal das Hochschloß Pähl, das wie ein herrschender Fürst vom Throne auf seine Umgebung herabschaut. Vom linken Ufer des Sees winken uns noch die Orte St. Alban, Rieden und Holzhausen ein „Behüt dich Gott!“ zu. Und fort geht es, rastlos arbeitet die Dampfmaschine in ihrem dumpfen Raume weiter und Woge auf Woge schwindet an uns vorüber. Wir passiren die Stationen Ried und Breitbrunn am Ost- und Utting und Schondorf am Westufer, bis wir nach einer schönen 1 ½ stündigen Fahrt an unsere Schlußstation Stegen anlangen. Noch einmal nehmen wir Platz unter den schattenspendenden Bäumen der Brauerei, woselbst wir schon bei unserer Rundtour Rast hielten, und betrachten das vor uns im Scheine der Morgensonne lieblich ausgebreitete Wasserbecken.

Nachdem wir uns hier an dem guten Stoffe des Herrn Schreiegg gelabt, nehmen wir Platz in dem schönen Flußdampfer „Maria Theresia“ und in interessanter Fahrt geht es duch zahlreiche Krümmungen der Amper entlang nach Grafrath. Wir sind dem Ziele unserer Heimreise näher gerückt und an dem Orte angelangt, von wo uns das eiserne Dampfroß der Hauptstadt wieder zuführt.

Mich gelüstet's nach Idylle

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