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LUDWIG AURBACHER Mein Ausflug nach dem Ammer-See und seinen Umgebungen

Anfang des ersten Briefes

Fahren kann jeder, (dachte ich mir, als ich zur Stadt hinaus eilte,) aber nicht jeder kann gehen. Zu jenem bedarf es höchstens einer Equipage, und diese kann sich nöthigen Falls auch der Bauer – aus seinem Holzwagen machen; aber zum Gehen braucht man gute Füße, und diese wunschet sich oft ein König vergebens. Daher glaube ich, daß das Sprichwort „bettelmännisch gefahren sey besser als edelmännisch gegangen“ von einem Phlegmatikus erdacht sey, der zum Gehen, wie einst Hume zum Schreiben, zu alt, zu reich, zu dick und zu faul war.

Ueberhaupt, sagte ich zu mir selbst (denn ausser meinem Pudel begleitete mich niemand) hat das Gehen seine Bequemlichkeiten. Man hat zuvörderst niemand dazu nöthig als sich selbst, besonders wenn man sein Herr und Bedienter zugleich ist, d.h. den Reisebündel selbst trägt. Dann darf man sich nach keines andern Laune schicken – weder des Schwagers noch seiner Pferde; ein wichtiger Umstand, der dem Reisenden oft mehr Aerger verursacht, als alle Wirthe. Und gerade die Wirthe – da sie im Fußgänger meistens nur einen armen Schlucker vermuthen, haben doch mehr christliche Nachsicht mit dessen Beutel, als mit der Chatoulle des Fahrenden; wenigstens darf er keine fremde Zeche bezahlen, z.B. für den Schwager gegen Accord.

Über die Idylle des Landlebens

Die glücklichen Menschen! Mehr als jemals lösete sich mir deutlich das Räthsel, daß über Menschenglück das Bedürfnis mehr entscheide, als der Besitz. Weil diese Menschen, abgerissen von der feinern Welt und ihren Gelüsten, eingeschränkt auf ein arbeitsames Leben und einen mäßigen Genuß, - weil sie wenig besitzen, bedürfen sie wenig, und weil sie wenig bedürfen, so genießen sie das Seltene mit desto reinerer, unverfälschterer Freude.“

Über die Bewohner am Ammersee

Genügsamkeit und Arbeitsamkeit theilen sie mit den übrigen Baiern; an Gutmüthigkeit nähern sie sich, wie in der Sprache, schon mehr den Schwaben. Bey einer humanen Regierung erhält sich die Mittelmäßigkeit ihres Vermögens noch so ziemlich unter dem harten Druck der Zeit. Arme sah ich viele; aber keinen Bettler. Ich traf manche Spur einer reinen Vaterlandsliebe. Von den fatalen gebenedeyeten Gesichtern fand ich keine; aber wohl devote. Ueberhaupt scheint hier überall noch eine Reinheit der Sitten und eine Frömmigkeit der Gemüther zu herrschen, die wahrlich dem öffentlichen Gehorsam und dem Privatglück mehr zuspricht, als eine Aufklärung, die bloß den leeren Kopf bescheinet, ohne das kalte Herz zu erwärmen. –

Auf der Südterrasse des Schlosses Seefeld,

wo den Beschauer eine Aussicht entzücket, mit der sich vielleicht wenige in Baiern vergleichen lassen. Nur ist hier alles noch näher, also malerischer und lebendiger dargestellt. Die beyden Seen [gemeint sind Pilsen- und Ammersee] scheinen eine ununterbrochene, gegen vier Stunden lange Wasserfläche zu bilden, die sich in eine verhältnismäßige Breite ausdehnet, und zu beyden Seiten hinter ausgebogenen Ufern in ungeahneten Räumen sich verlieret. Am Schlusse des Sees ruhet das Auge mit Wohlgefallen auf dem schönen Markte Dießen, worauf dessen erhöhteres Schloß mit Glanz und Würde herabschaut. Will es noch weiter ausschweifen, so mag es von Hügel zu Hügel fortfliegen, bis es im tiefsten Hintergrunde auf himmelanstrebenden Gebirgen gesättigt ausruhet.

Andechs

Der Berg Andechs ist der höchste Punct an den Ufern des Ammersee’s. Du kannst dir denken, daß die Aussicht von diesem erhabenen Orte Weite und Pracht hat. Besonders überrascht dich der veränderte Anblick des Sees, von dem, was dir von Seefeld aus gen Dießen hin als seine Länge erschien, hier nur als quere Breite sich darstellt. Wende dein Auge gen Süden. Eine weitauslaufende Ebene trägt dich über zerstreute Dörfer – zwischen Wiesengrün bis gen Weilheim, dem freundlichen Städtchen, und weiterhin über Polling nach den Tyroler-Alpen, die mit majestätischer Pracht das Bild der herrlichen Landschaft begränzen. Oder du steigest vom südöstlichen Ufer des Sees in sanften Erhebungen durch dunkle Wälder aufwärts, bis sich mit kühnem Schwung der Peißenberg emporhebt, von dessen Gibel ein einsames Kirchlein herab winkt. Du magst dich dort einstweilen in Träumen einer göttlichen Aussicht wiegen, bis dir die Wirklichkeit die ungeahneten Schönheiten eröffnet, die den kühnsten Idealen der Phantasie spotten.

Dießen

Wenn nicht schon der, an Menschen- und Häuserzahl beträchtliche, reinliche und gewerbsame Marktort, nebst dem schönen, geräumigen Schlosse (ehemaligen Kloster) die Aufmerksamkeit des Reisenden verdienen würde; so dürfte doch gewiß die ehemalige Klosterkirche, eine der vorzüglichsten des Königreichs, die reinste Bewunderung des Künstlers erhalten.

Eine langweilige Bootspartie

Zum Theil lag die Schuld in der Einförmigkeit des Sees, der sich nun allmählig zwischen unfreundlichen Ufern verenget, und endlich in einen breit- und tieflosen Wasserstand ausläuft. Zum Theil aber möchte wohl dieses Mißbehagen auch daher rühren, weil mein Auge, verwöhnt an herrlichere Seen, keine Sättigung mehr fand.

Mich gelüstet's nach Idylle

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