Читать книгу Essen und Ernährungsbildung in der KiTa - Kariane Höhn - Страница 9
1.1.3 »Is(s)t KiTa gut«? – Bisher noch nicht genug
ОглавлениеEin großer Teil der Kommunen, Träger und schlussendlich der KiTas selbst hat das Angebot einer gesundheitsförderlichen Ernährung als Beitrag zur Ess-Sozialisation noch nicht als zentrale Aufgabe entdeckt. Die von Arens-Azevêdo und ihrem Team durchgeführten Erhebungen »Is(s)t KiTa gut?« (Arens-Azevêdo et al., 20144) und »Verpflegung in Kindertageseinrichtungen« (VeKiTa) (Arens-Azevêdo, 2016; Arens-Azevêdo et al., 2016b5) brachten leider zu wenig Erfreuliches zutage: Auf jeder Ebene der Ernährungsversorgung, angefangen von den Speiseplänen über die Professionalität der Verantwortlichen bis zu den räumlichen Rahmenbedingungen, entspricht die bundesdeutsche Realität des Essens in der KiTa meist nicht den Erfordernissen des Kindeswohls.
Im März 2015 gab es bundesweit 54 536 Tageseinrichtungen, in denen ca. 2,86 Mio. Kinder unter 7 Jahren betreut wurden. Von diesen erhielten ca. 2,01 Mio. eine Mittagsverpflegung. Die Altersgruppe der unter 3-Jährigen (auch Krippenkinder genannt) spielt eine immer größere Rolle: Allein 593 639 der Kinder in Tageseinrichtungen sind in dieser Altersgruppe zu finden. (Arens-Azevêdo et al., 2016b, S. 103)
Beide Studien zeigten, dass weder alle Kinder für die Zeit des Besuches die von Fachgesellschaften empfohlene Abfolge der »kalten« (wie Frühstück) und »warmen« (wie Mittagessen) Mahlzeiten geboten bekamen, noch war eine ausreichende Versorgung mit Nähr- und Wirkstoffen gewährleistet, wobei vor allem das Angebot an Obst und Gemüse (auch als Frischkost) zu gering und das an Fleisch(erzeugnissen) zu hoch war. Die personelle Ausstattung, die räumlichen Bedingungen und die Sicherung der Hygienestandards ließen nach wie vor zu wünschen übrig. DGE-zertifizierte KiTas6 hatten dabei ein besseres Angebot und eine größere Zufriedenheit mit der Situation (Arens-Azevêdo et al., 2014, 2016b; Tecklenburg et al., 2016).
2019 besuchten 3,7 Mio. Kinder eine KiTa. Das waren 93 % aller Kinder! Bezogen auf Kinder derselben Altersgruppe besuchten durchschnittlich 34,3 % der Kinder von 0–2 Jahren (ABL 30,3 %, NBL 52,1 %)7 und 93 % der Kinder von 3–5 Jahren (ABL 92,7 %; NBL 94,2 %) eine KiTa (Statistisches Bundesamt, 2020).
Angesichts dieser hohen Quote der Inanspruchnahme werfen die institutionellen Strukturen der KiTa weitere Fragen8 auf: Von den 3,7 Millionen betreuten Kindern nahmen im Jahr 2019 nur rund 2,3 Mio. Kinder eine Mittagsverpflegung in Anspruch (NQZ, 2020a)9, was – bis auf Ausnahmen – bedeutet, dass für 1,4 Mio. Kinder die KiTas keine Warmspeisenversorgung angeboten haben. Auch die Versorgungsqualität wurde nicht ausreichend gesichert:
Noch 2015 gaben nur 35,1 % der befragten KiTas an, ein dokumentiertes Verpflegungskonzept zu haben. In diesem sind die »Qualität und Angebotsbreite der Mahlzeiten sowie die strukturellen Rahmenbedingungen« zu beschreiben (Tecklenburg et al., 2016, S. 52/M 110).
10,4 % der Kitas sind dabei, ein solches [Verpflegungskonzept] zu erarbeiten und bei 6,0 % ist es in Planung. In 42,3 % der Kitas fehlt hingegen ein Verpflegungskonzept und 6,2 % machten hierzu keine Angabe. Ähnlich ist das Bild auch in Bezug auf das HACCP2-Konzept, über das jede Kita im Rahmen des Hygienemanagements verfügen sollte. Nur 42,1 % der Kitas geben an, ein solches zu haben, während 34,1 % das Konzept nicht bekannt ist und 15,0 % über kein HACCP-Konzept verfügen. (ebd.)
2013 gab nur ein Drittel (34,1 %) der befragten KiTas an, sich für die Gestaltung ihres Verpflegungsangebots an externen (wissenschaftlich fundierten) Standards zu orientieren. Auch 2015 hatten nur
knapp die Hälfte (47,2 %) der Kitas […] Kenntnis über externe Standards für die Verpflegung in Kitas, 45,8 % kennen solche Standards nicht und 7,0 % machen keine Angaben. 29,6 % der befragten Kitas geben an, den DGE-Qualitätsstandard als Basis für die Verpflegung zu berücksichtigen. (ebd.)
Mangelnde Regulierung zeigt sich auch bei der Vertragsvergabe mit Dienstleistern (z. B. Caterern), bei denen nach wie vor noch allzu oft keine oder unzureichende bzw. indifferente Qualitätskriterien ausgewiesen sind. Dazu zählen u. a. Kriterien wie Hersteller- und Einkaufsnachweis10, Be- und Verarbeitung der Speisen, Speisenzusammenstellung, Mengen. Die langfristigen gesundheitlichen Folgen einer ungenügenden Qualität der Ernährung werden in zu hohem Maße noch ignoriert. Daher ist es wichtig, dies in die Verpflegungskonzeptionen aufzunehmen und mit der Auftragsvergabe zu verknüpfen ( Kap. 7.9).