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4. Der Mann mit der Sonnenbrille

Es war, glaube ich, Anfang Juni oder so gewesen, als Noah ihn das erste Mal sah. Wir beide saßen gerade mit einer Eiswaffel in der Hand auf der Mauer neben dem Kiosk am Marktplatz, als Noah mich anstupste:

„Kennst du den Typ da drüben mit dem karierten Hemd und dem Ziegengesicht?“

Ich schaute hinüber auf die andere Straßenseite. Da lehnte ein Mann mit einer Illustrierten in der Hand an der Plexiglaswand der Bushaltestelle.

„Nein … Warum?“

„Hm. Er glotzt schon die ganze Zeit zu uns rüber.“

Ich guckte mir den Mann genauer an. „Nein, den habe ich noch nie gesehen. Ich glaube nicht, dass der was von uns will.“

„Weiß nicht … Sieht irgendwie komisch aus.“

Ein paar Minuten später warf der Mann sein Heft in den nebenstehenden Papierkorb und ging weiter.

Aber am nächsten Tag trafen wir ihn wieder, gegenüber der Schule. Er hatte zwar andere Klamotten an, aber wir erkannten ihn an seinem schmalen Gesicht und dem Ziegenbart. Und der Sonnenbrille.

„Das ist ein Designer-Stück“, behauptete Noah mit Kennerblick. „Die gibt es in dem sündhaft teuren Optikerladen in der Fußgängerzone. Kosten ein Schweinegeld.“

Und wieder ging der Mann kurz darauf weiter.

„Also, wenn der uns noch einmal begegnet, gehe ich zu ihm hin und frage ihn, was das soll“, kündigte Noah an. „Angriff ist die beste Verteidigung, sagt mein Papa immer.“

„Aber du weißt doch gar nicht, ob er uns wirklich beobachtet …“

„Das tut er. Hundertpro. Aber das finde ich heraus, kannst du mir glauben.“

Ich hatte spontan ein ganz kribbeliges Gefühl, behielt das aber für mich.

Am nächsten Tag hielten wir auf dem gesamten Heimweg nach dem Mann Ausschau. Nichts. Noahs Mutter hatte einen Vanillepudding mit Erdbeersoße für uns gemacht. Hinterher marschierten wir wie gewohnt durch den Park zu mir nach Hause, als Noah plötzlich zischte:

„Da! Da steht der Kerl! Neben den Büschen. Na warte!“

Er hechtete über die Rosenbeete auf den Mann zu, musste aber erst eine Gruppe Rentner vorbeilassen. Und dann war der Mann weg. Wie weggebeamt.

„Der hat wahrscheinlich Angst gekriegt, als du auf ihn zugerannt bist“, sagte ich.

Noah keuchte. „Das ist nicht normal, kannst du mir glauben. Der beschattet uns.“

„Aber warum?“

„Ich wette, der will dich entführen und Lösegeld für dich fordern. Am besten gehst du ab sofort nicht mehr allein durch die Stadt, okay?!“

„Okay …“

Na ja, seit diesem Tag sehen wir den Mann nicht mehr aus der Nähe. Manchmal glaube ich ihn in einer Menschengruppe zu erkennen, bin mir aber nicht sicher. Es ist mir auch egal. Noah ist ja bei mir, und an ihm kommt keiner vorbei.

Ich bin Luis!

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