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IV. Unmittelbare Betroffenheit des Emittenten

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Eine Ad-hoc-Publizitätspflicht löst nur eine solche präzise (Insider-)Information aus, die den Emittenten unmittelbar betrifft (Art. 17 Abs. 1 MAR). Das ist insbesondere der Fall, wenn sich die Information auf Umstände bezieht, die im Tätigkeitsbereich des Emittenten eingetreten sind. Nach dem Wortlaut von Art. 17 MAR kommt es nicht darauf an, dass der Emittent die Informationen kennt. Eine Ad-hoc-Publizitätspflicht besteht auch für solche Informationen von denen der Emittent keine Kenntnis hat.[37] Daher ergibt sich aus Art. 17 MAR nicht nur eine Veröffentlichungspflicht, sondern auch eine (Informations-)Organisationspflicht.[38] Sinn und Zweck der unmittelbaren Betroffenheit ist, aus dem Kreis der Insiderinformationen nach Art. 7 MAR solche herauszufiltern, zu deren Erkennung, Analyse und Veröffentlichung der Emittent wirksame Vorkehrungen treffen muss.[39]

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Auch von außen kommende Sachverhalte, die nicht in der Sphäre des Emittenten ihren Ursprung haben, können ihn unmittelbar betreffen, wie z.B. die Information über ein bevorstehendes auf ihn bezogenes Übernahmeangebot oder die Mitteilung eines Großaktionärs über die Durchführung eines Squeeze-out-Verfahrens.[40]

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Bei von außen kommenden Ereignissen, die unter Mitwirkung des betroffenen Emittenten entstehen, kann sich zudem die Frage stellen, ob als Anknüpfungspunkt für das Vorliegen einer Insiderinformation allein auf das exogene Ereignis abzustellen ist, oder ob auch bereits vorbereitende interne Maßnahmen bei dem Emittenten Anknüpfungspunkt für das Entstehen sein können. Diese Frage stellt sich beispielsweise, wenn Bankaufsichtsbehörden sog. Stresstests unter Mitwirkung der von ihnen beaufsichtigen Institute durchführen. So hat die Europäische Bankenaufsichtsbehörde, European Banking Authority (EBA), Ende 2011 die Auswirkungen der Staatsschuldenkrise auf die Eigenkapitalausstattung sowie die langfristigen Finanzierungsnotwendigkeiten der siebzig größten grenzüberschreitenden Banken im Europäischen Wirtschaftsraum erhoben. Die Ergebnisse betrafen die Emittenten unmittelbar und waren potenzielle Insiderinformationen, da sie, je nach ermittelter Kapitallücke, für die Aktien der betroffenen Banken erhebliche Kursrelevanz hatten. Diese Information hat ihren Ursprung außerhalb des Tätigkeitsbereichs des Emittenten in der Sphäre der EBA. Daher entsteht die Ad-hoc-Publizitätspflicht grundsätzlich auch erst dann, wenn die EBA dem Emittenten das Stresstestergebnis mitteilt.[41]

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Wenn sich im Vorfeld der von der EBA angekündigten Veröffentlichung des endgültigen Ergebnisses des Stresstests jedoch aufgrund hausinterner Modellrechnungen einer Bank die Auffassung verfestigt, dass die EBA einen signifikant höheren Kapitalisierungsbedarf als bisher angenommen und öffentlich bekannt ermitteln wird, stellt sich die Frage, ob eine Insiderinformation bereits mit Abschluss der hausinternen Simulationen vorliegt. Dies dürfte zu verneinen sein, weil erst die externe EBA als Herrin des Verfahrens die Kapitallücke verbindlich feststellt.[42]

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Die Frage der unmittelbaren Betroffenheit stellt sich auch im Falle von Konzernsachverhalten, da weder die MAR noch § 26 WpHG eine Konzernregelung beinhaltet. Zunächst richtet sich die Ad-hoc-Publizitätspflicht an jede einzelne Gesellschaft, die als Emittent tätig ist[43] und nicht an den Konzern als solchen. Nicht ausgeschlossen ist jedoch, dass Vorgänge in der Tochtergesellschaft auch die Muttergesellschaft unmittelbar betreffen und umgekehrt.[44] Damit muss eine Muttergesellschaft die Insiderinformationen, die eine Tochtergesellschaft betreffen, auch auf die Relevanz im eigenen Unternehmen hin überprüfen und umgekehrt.

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