Читать книгу Hieroglyphen mit Geheimnis - Karl-Theodor Zauzich - Страница 13

1.6 Die Byblos-Schrift

Оглавление

In der phönizischen Stadt Byblos, unweit von der heutigen Stadt Beirut, wurden zwischen 1929 und 1941 einige Inschriften auf steinernen Stelen, bronzenen Tafeln und Spachteln in einer zuvor gänzlich unbekannten Schrift ausgegraben. Sie müssen nach der Stratigraphie (Datierung der archäologischen Schichten) im 18. Jh. v. Chr. oder später hergestellt worden sein, d.h. sie sind gut ein halbes Jahrtausend älter als die ältesten phönizischen Inschriften. 1945 publizierte Maurice Dunand alle zehn Texte in dem grundlegenden Werk „Byblia Grammata“.16 Die Schrift, die man Byblos-Schrift oder, nach dem phönizischen Namen der Stadt (gubl), gublitische Schrift nennt, verfügt über etwa 100 Schriftzeichen, die wohl alle bildhaften Charakter haben, auch wenn manche so vereinfacht sind, daß man keine konkreten Objekte erkennen kann. Andere Zeichen sind aber ohne Zweifel in der Form (teils spiegelbildlich) mit ägyptischen Hieroglyphen identisch, so = der Djed-Pfeiler (R11), = die Kopfstütze (Q4), = die Wasserlinie (N35), = die Kobra (I12), = das Schilfblatt (M17) sowie ein Vogel , der vermutlich das Wachtelküken (G43) ist. Manche Zeichen ähneln jedoch eher hieratischen als hieroglyphischen Zeichen, wieder andere lassen keine Ähnlichkeit mit irgendwelchen ägyptischen Schriftzeichen erkennen. Unabhängig von der derzeit kaum zu entscheidenden Frage, ob noch andere Schriftsysteme auf die Entwicklung der Byblos-Schrift eingewirkt haben, wird man doch sicher sagen dürfen, daß der ägyptische Einfluß der entscheidende gewesen ist. Das ist auch aus der historischen Situation in der ersten Hälfte des 2. Jahrtausends v. Chr. zu erwarten. Für das Thema dieses Buches ist von besonderem Interesse, daß sich zu fast allen Zeichen der frühen phönizischen Schrift ähnliche Zeichen in der Byblos-Schrift finden lassen. Die phonetischen Werte können jedoch schon deshalb nicht gleich sein, weil die Byblos-Schrift mit rund 100 Zeichen zweifellos eine Silbenschrift und keine Alphabetschrift gewesen ist. Ganz und gar offen ist zur Zeit die Frage, ob die genannten Zeichen wenigstens akrophonisch identisch sind, d.h. mit den gleichen Konsonanten beginnen. Diese Frage wird sich erst dann beantworten lassen, wenn die Byblos-Schrift einmal entziffert sein wird – was sie nach Überzeugung des Verfassers zur Zeit nicht ist. Zwar hat E. Dhorme bereits 1946 eine Entzifferung vorgeschlagen, deren Ansatzpunkt recht überzeugend ist, was von den weiteren, kombinatorisch gewonnenen Ergebnissen aber nicht behauptet werden kann.17 Auch wenn einige Gelehrte der Entzifferung Dhormes zugestimmt haben,18 sind andere, wie Johannes Friedrich,19 skeptisch geblieben. Friedrichs Einwand ist, daß „die Lautwerte der äußerlich ähnlichen ägyptischen und altphönizischen Zeichen, in die byblischen Schriftzeichen eingesetzt, nicht zu den rein kombinatorisch gewonnenen Lesungen Dhormes stimmen“. Dieser Einwand Friedrichs ist in der Tat schwerwiegend; allerdings ist er wenigstens hinsichtlich des allerersten Wortes, das Dhorme zu entziffern glaubte (bšnt „im Jahre“), für die Zeichen b und t nicht richtig, so daß vielleicht – ähnlich wie in der protosinaitischen Schrift – wenigstens e i n Wort korrekt entziffert ist.

Schließlich sei noch darauf hingewiesen, daß die Zeichen der Byblos-Schrift, die in der Regel linksläufig ist, ebenfalls nach links gerichtet sind. Sie sind also gerade anders als die Hieroglyphen ausgerichtet, die dem Auge des Lesers immer entgegenblicken. Generell sind bei der Entlehnung von Schriftzeichen Drehungen und Spiegelungen gegenüber der Vorlage nichts Ungewöhnliches. Es hat den Anschein, als seien in manchen Fällen diese Veränderungen beabsichtigt, um die neue Schrift deutlich von der Quellschrift abzuheben. Die anderthalb Jahrtausende jüngere meroitische Schrift schreibt die hieroglyphischen Zeichen ebenso „verkehrt“ herum wie die Byblos-Schrift.

Der letzte, der die Byblos-Schrift entziffert zu haben glaubt, ist Jan Best in mehreren Arbeiten, die am Ende des Buches aufgelistet sind. Die Methodik seiner Arbeiten ist, vorsichtig gesagt, recht eigenwillig.20

Hieroglyphen mit Geheimnis

Подняться наверх