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August

Ein Kalendermonat mit Geburtsurkunde? Ja, das gibt es: Der August hat eine, einen förmlichen Beschluss des römischen Senats in sprödem Amtslatein: „Da der Imperator Caesar Augustus im Monat Sextilis sowohl sein erstes Konsulat angetreten hat als auch drei Triumphe in die Stadt geführt hat, ... aber auch weil in diesem Monat Ägypten in die Gewalt des römischen Volkes gebracht worden ist und in diesem Monat den Bürgerkriegen ein Ende gesetzt worden ist und aus diesen Gründen dieser Monat für diese Herrschaft der glücklichste ist und gewesen ist, hat der Senat beschlossen, dass dieser Monat Augustus genannt werde.“

Das war im Jahre 27 v. Chr., im siebten Konsulat ebendieses Caesar Augustus, im dritten seines Vertrauten Marcus Vipsanius Agrippa. Im Sommer des Jahres 29 war Augustus – damals hieß er noch „Imperator Caesar, der (Adoptiv-) Sohn des Vergöttlichten (Julius Caesar)“ – nach seinem Sieg über Antonius und Kleopatra aus Ägypten nach Rom zurückgekehrt. Am 16. Januar 27 v. Chr. hat der Senat dem gefeierten Friedensbringer den Ehrentitel Augustus, griechisch Sebastós, verliehen und den Monat Sextilis, den „sechsten“ nach dem altrömischen Jahresanfang am 1. März, in Augustus umbenannt. Anders als Julius Caesar hat Augustus für sein Denkmal im Kalender nicht seinen Geburtsmonat September, sondern seinen Glücksmonat Sextilis auserwählt: Am 19. Sextilis 43 v. Chr. hatte er – noch nicht zwanzigjährig – sein erstes Konsulat angetreten; am 1. Sextilis 30 war er als Sieger über seinen Bürgerkriegsrivalen Antonius und die ägyptische Königin Kleopatra in Alexandreia eingezogen; am 13., 14. und 15. Sextilis 29 hatte er seine jüngsten Siege mit drei glanzvollen Triumphen gefeiert.

Der römische Senatsbeschluss, den der gelehrte Macrobius vier Jahrhunderte später im Wortlaut aus dem Staatsarchiv zitiert, legt den Akzent klar auf den 1. Sextilis, fortan August des Jahres 30 v. Chr. Das Ende der fortwährenden Bürgerkriege und zugleich die Unterwerfung Ägyptens deuteten auf eine historische Zeitenwende: Der nunmehr geschlossene „Kreis der Länder“ um das Mittelmeer schien unter der Herrschaft der „Ewigen Stadt“ erstmals zu einem wirklichen und wahrhaften Weltreich vereint; ein Ende nicht nur des hundertjährigen römischen Bürgerkriegs, sondern überhaupt der Kriege und damit ein erstes „Ende der Geschichte“ schien zum Greifen nahe; die von Vergil in der 4. Ekloge prophetisch verkündete Vision eines ewigen Friedens – mythisch gesprochen: der Wiederkehr der Goldenen Zeit – schien sich zu bestätigen. Für all das stand dieser „August“: für den Zusammenschluss der Welt zu einem ersten weltweiten Global Village, für ein Ende der Kriege und den Einzug eines dauernden, ewigen Friedens.

Was das Wort „Augustus“ eigentlich bedeutet? Das Adjektiv ist in der kultischen Sprache zu Hause; abgeleitet von dem Verb augere mit der Grundbedeutung „vermehren, vergrößern; erhöhen, vertiefen“ und der prägnanten Bedeutung „in seinem Wert, in seinem Rang erhöhen“, bezeichnet es ursprünglich „verehrungswürdige“ Kultorte und Kulthandlungen. Der Titel Augustus, eigentlich „der Erhöhte“, mit der griechischen Entsprechung Sebastós, „der Verehrungswürdige“, ist zu Ehren des Augustus neu geschaffen worden. Er ist nach dem Tode des Kaisers auf alle seine Nachfolger übergegangen; durch ihn kam das zuvor nur selten bezeugte Wort zu weltweiter Geläufigkeit. Nicht nur rund um das Mittelmeer, sondern rund um die ganze Welt ist der Monatsname in vielerlei Sprachen geläufig geworden; alle Auguste und Augusten, alle Sebastiane, Bastl und Wastl haben in diesem Monat sozusagen ihren Namensmonat.

Viele Städte tragen seit alters den römischen Kaisertitel in ihrem Namen, so in Italien Aosta (das alte Augusta Praetoria), in Frankreich Autun (das alte Augustodunum), in der Schweiz Augst bei Basel (das alte Augusta Raurica), in Deutschland Augsburg (das alte Augusta Vindelicum), nicht zu vergessen das ukrainische Sewastopol auf der Halbinsel Krim – die alte, in der Antike griechischsprachige „Augustusstadt“ Sebastopolis. Und mit Augusta, der Hauptstadt des US-Bundesstaates Maine und mehreren anderen Städten gleichen Namens hat auch die Neue Welt ihre traditionsträchtigen Augustusstädte. Sie alle haben ihre Gründungsgeschichte; nur der Dumme August stolpert ohne Geburtsurkunde, ohne Namensgeschichte durch die Manege. Sei’s drum; immerhin hat jeder „Clown“ ja seinen eigenen heißen Draht zum alten Rom, ist jeder „Clown“ ja ein Landsmann des alten Augustus: ein römischer colonus, ein tölpelhafter „Bauer“ vom platten Land.

Die Sau im Porzellanladen

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