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Essen in Kreuzberg

In der Dieffenbachstraße hat ein neues Thailändisches Restaurant aufgemacht. Nadja und ich setzen uns an ein Tischchen. Direkt daneben hat jemand etwas zur Verschönerung der Umwelt beigetragen und ein kleines, von einem Maschendrahtzaun geschütztes Einquadratmeterbiotop angelegt mit einer alten Baumwurzel, Blumen, Unkraut und nach Gartenerde müffelnder Gartenerde.

Hinter uns brüllt eine blonde Powerfrau ins Handy: »Menne, ick bin hier beim Thai, wa.« Alle drehen sich um. Aha, diese Frau, illuminiert von einer neongrünen Trainingsjacke, ist also hier beim Thai. Schön ist das nicht. Sie turnschuht zwischen den Tischen und krakeelt munter weiter. »Komm in die Hufe, Alter. Ick warte dann mal auf dir.«

Ein alter Mann schlurft in Superzeitlupe an einem Krückstock an den Tischen entlang, hält die Hand auf und hustet einen schlimmen Raucherhusten, dem man den grünen Kern anhört, der zwischen dem angesammelten Schleim wabert und nach außen drängt. Ein Motz-Verkäufer wünscht uns »noch einen schönen Abend«, der das aber nicht zu werden verspricht, denn von der anderen Seite bahnt sich unüberhörbar der gefürchtete Chapati-Mann seinen Weg. »Dabadadam« schreit er aus vollem Hals und wie von Sinnen und hält uns das indische, streng riechende Knäckebrot unter die Nase. Das »Dabadadi, dabadadam« hallt noch lange in meinen strapazierten Ohren nach.

»Jetzt fehlt nur noch der Kerzenverkäufer«, sagt Nadja, und schon kommt er angeradelt. In zehn Meter Entfernung schließt er sein Fahrrad ab, kommt bis auf fünf Meter an die Tische, als hätte er Angst, gebissen zu werden, schwenkt eine Kerze groß wie ein Polizeischlagstock, krächzt wie von einem Stimmbruch geplagt kaum hörbar ein weder als Frage noch als Aufforderung zu verstehendes »Kerze kaufen« und dreht auf der Stelle wieder ab, bevor jemand auf die absurde Idee kommt, tatsächlich eine »Kerze kaufen« zu wollen, geht zurück zu seinem Fahrrad, das er wieder aufschließt, um weiterzufahren.

»Ist schon ein bisschen gruselig, oder?«, sagt Nadja. »From Dusk Till Dawn in Kreuzberg«, sage ich. Dann zahlen wir.

Möbel zu Hause, aber kein Geld für Alkohol: Kreuzberger Szenen

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