Читать книгу Möbel zu Hause, aber kein Geld für Alkohol: Kreuzberger Szenen - Klaus Bittermann - Страница 16
ОглавлениеGoldkettchenjungs
Zwei Schwangere liegen in den Liegestühlen der »Goldmarie« und klagen sich ihr Leid. Die eine mosert: »Jeder starrt mir auf den Bauch, als ob er noch nie ne Schwangere gesehen hätte, dabei gibt es die hier doch im Dutzend.« Nur Berlin Mitte soll eine höhere Schwangerendichte haben. Hier rollen sie im Minutentakt an einem vorüber. »Und anfassen will auch jeder«, sagt die andere. »Das geht mir vielleicht auf die Eierstöcke.«
Puuuh, denke ich eingeschüchtert. Sonst denke ich lieber nichts. Ist vielleicht besser so. »Wenigstens schützt ein Bauch vor rassistischen Übergriffen«, sagt die eine wieder. »Hä?«, macht die andere. Drei gut durchtrainierte türkische Goldkettchenjungs aus der U18-Liga wären ihr über den Weg gelaufen, die nur auf ein Zwinkern lauerten, um ihr zu erklären, was Sache ist: »Was guckst du? Willste auf Fresse? Ich mach dich Urban, ey!« Aber dann hätten sie den Bauch bemerkt. Sofort wurden sie sanft und boten ihr sogar einen kleinen Welpen zum Kauf an, der um sie herumsprang. »Für 300 kannst du haben. Kann dein Kind mit spielen.« Auf dem Weg nach Hause beobachte ich, wie drei 16-jährige Kids mit unklarem migrantischen Hintergrund einer Frau hinterher pfeifen und ein paar testosterongesteuerte Anzüglichkeiten giggern. Die Frau dreht sich um. Sie ist hochschwanger, ihre Augen funkeln. »Oh, tut uns leid. Ham wir nicht gesehen. Viel Glück noch«, schnattern sie ehrlich erschrocken über ihren Fauxpas und verdrücken sich schnell. Aber nicht schnell genug, denn ich bin wie ein Schatten hinter ihnen und kriege noch mit: »Geiler Arsch, echt ey.« Aber sie haben den nächsten schon im Visier. Diesmal den von einer garantiert Nichtschwangeren. Das Spiel beginnt von neuem.
Zu Hause ruft mich Horst Tomayer an: »Sach-ma, mein Herzallerliebster, bist du libidinös zufrieden? Alles im grünen Bereich?«