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Baumpatenschaft

Jeden sonnigen Sommermorgen fahre ich auf dem Weg ins Prinzenbad beim Urbanhafen an einem alten Baum mit mächtiger Krone vorbei, der am leicht abschüssigen Hang hin zum Kanal sich dagegen zu stemmen scheint, ins Wasser zu kippen. Das ist jetzt noch nicht so interessant, höchstens für © TOMs Naturtante, die hingebungsvoll Bäume umarmt.

Um diesen Baum herum tut sich jedoch Seltsames. Es sieht ein wenig aus wie eine Kunstinstallation, könnte aber auch einfach nur liebevoll arrangierter Müll sein.

Sobald in einem öffentlichen Raum private Gegenstände herumliegen, habe ich eine instinktive Scheu nahezutreten, aber dann wage ich es doch. Auf den aus dem Boden ragenden Wurzeln liegen Plastikplanen, ich entdecke eine Kronkorkensammlung, eine rote Paprikaschote, verwelkte Blumen, Einkaufstüten von Plus, Plastikschachteln, Besteck, Lametta und andere Dinge, die man an diesem Ort nicht unbedingt vermuten würde.

»Interessierste dich für dette hier?«, fragt ein Mann mit verwuschelten Haaren, der sich unbemerkt genähert hat. Er sieht nicht wie jemand aus, der einem unbedingt ein Ohr abkauen will. Er erklärt mir, dass der Baum unter seinem besonderen Schutz stehe. Er hätte viel zu leiden gehabt, weil sich »Palästinenser oder Araber, det weeß ich jetzt nicht so genau«, an seinen Wurzeln gerieben hätten, und deshalb würde er sie mit einer Plane schützen, damit sie sich wieder erholen könnten, denn sonst würde der Baum seine Orientierung verlieren. Ich nicke andächtig.

Er sagt das ohne missionarischen Eifer, eher professionell. Am Ende der Führung sagt er: »Siehst ja nicht aus wie diese abgestandenen Leute sonst hier, wa. Biste von der Presse? Artikel sind mir egal, aber wenn du Mercedes für ne Patenschaft gewinnen könntest, da würde ich nicht nein sagen.«

Möbel zu Hause, aber kein Geld für Alkohol: Kreuzberger Szenen

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