Читать книгу Möbel zu Hause, aber kein Geld für Alkohol: Kreuzberger Szenen - Klaus Bittermann - Страница 26

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Stilleben

»Faster Pussycat« ziert groß die Fensterfront eines Ladens mit Klamotten für Girlies auf dem Mehringdamm. Mit dem Rücken zum Schaufens­ter steht ein Penner. Sein Gesicht ist mit einem Zwei-Jahres-Bart und ebenso lang nicht geschnittenen Haupthaaren zugewuchert. Er verschränkt die Arme und tritt von einem Fuß auf den anderen. Er bettelt nicht, er friert nur.

Ich gehe in die Commerzbank an der Ecke Gneisenaustraße. Hinter der Schalterdame sitzt ein Praktikant und starrt gelangweilt aus dem Fenster. Der Computer ist aus dem letzten Jahrhundert und funktioniert nur nach gutem Zureden, und ich denke, dass diese Filiale ziemlich runtergekommen ist, seitdem sich die Commerzbank ihre Kunden vom Leib hält. Vielleicht geht es der Commerzbank ja auch schlecht. Vielleicht sollte man für sie spenden?

Der Penner steht immer noch vor Pussycat. Ich füge mich unauffällig ins Straßenbild ein und stehe auch ein wenig herum. Ein mit einem Baldachin überdachter Handwagen voller Bücher steht ebenfalls da, aber schon länger als ich. Er erinnert mich an den Gemüsekarren, mit dem der Dadaist, Dichter und Boxer Arthur Cravan durch Paris gezogen ist, um seine kleine Literaturzeitung Maintenant zu verkaufen. Eine Kasse befindet sich auch auf dem Wagen. Tatsächlich stöbert jemand mit Umhängetasche durch die abgegriffenen Taschenbücher. Ein Schlenderer versucht die Kasse mitzunehmen, aber sie ist festgeschraubt. Einen Euro kostet das Buch. Ein Schnäppchen. Der Mann mit der Umhängetasche hat eine Schwarte gefunden, steckt sie ein und schwingt sich aufs Fahrrad. Er hat einen Euro gespart.

Vor »Leckerback« steht ein Pärchen und trinkt einen Kaffee zum Abwinken. Dann verabschieden sie sich. »Hau ab, du Zwerg«, sagt sie. Der Zwerg haut tatsächlich ab. Der Penner steht immer noch vor Pussycat.

Möbel zu Hause, aber kein Geld für Alkohol: Kreuzberger Szenen

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