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Wieder in Korsika 1792/93

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Napoleon konnte unter diesen Umständen nicht länger auf dem Kontinent bleiben. Sein neuerliches Ausweichen nach Korsika zusammen mit seiner neunjährigen Schwester Marianna, die er nicht in der Obhut eines kirchlichen Instituts zurücklassen wollte, glich allerdings fast einer Fahnenflucht, denn eigentlich hätte er wie seine noch bei der Armee befindlichen Kameraden an die Grenze eilen und sich den eindringenden Feinden entgegenstellen müssen. Da aber außer dem »Heiligen römischen Reich« auch Spanien, Neapel und Sardinien-Piemont Frankreich den Krieg erklärt hatten, ließ sich seine erneute Reise zur Not als selbstverfügte Abordnung an die Mittelmeerfront rechtfertigen. In dem Drunter und Drüber, das in den Wochen bis zum Zusammentritt des Konvents in Paris herrschte, gelang es ihm tatsächlich, sein abermaliges Ausweichen auf die Insel den Zuständigen im Kriegsministerium als patriotische Tat zu verkaufen. Als Köder diente ihm dabei der von ihm erfundene Auftrag, dass Frankreich nunmehr auch im Mittelmeer gegen die Feinde der Revolution vorgehen sollte, und zwar in Gestalt eines Überfalls auf die Nachbarinsel Sardinien, die zum Königreich Piemont gehörte. Napoleon machte sich daran, diesen Plan in Ausführung zu bringen.

Es sollte für lange Zeit sein letzter Aufenthalt in Korsika werden. Das Landeunternehmen gegen Sardinien, zu dem er Teile der Freiwilligenverbände aufbot, scheiterte, da die eigenen Leute meuterten. Paoli, dem er sich bereits durch seine Aktion gegen die Zitadelle von Ajaccio entfremdet hatte, zog nun seine schützende Hand endgültig von ihm ab. Joseph, die zivile Hoffnung der Familie, dessen Geburtsurkunde Napoleon eigens zu dem Zweck hatte fälschen lassen, damit er das für den Eintritt in die neuen Ämter nötige Alter vorweisen konnte, war bei den Wahlen zur Legislative gescheitert und verpatzte nun auch seine mögliche Abordnung in den Konvent, da er den »Babbo«, also Paoli, und die führenden Familien gegen sich hatte. Auch standen den Bonaparte-Brüdern viele der wahlberechtigten Bürger und Bauern zunehmend kritisch gegenüber. Sie hatten ihnen in der Hetze gegen Buttafoco und das Ancien Régime beigepflichtet, doch das rigide Vorgehen der französischen Revolutionäre gegen die eidverweigernden Priester rechnete man ihnen zum Nachteil an und machte sie für die Vertreibung der auf der Insel beliebten Kapuziner verantwortlich.

Vollends in den Strudel der sich überschlagenden kriegerischen Ereignisse gerissen wurden die Bonapartes, als sich im neugewählten Konvent Stimmen durchsetzten, die Paoli des Separatismus bezichtigten. Einer der Ankläger Paolis war Napoleons jüngerer Bruder Lucien. Dieser erboste sich darüber, dass Paoli ihn nicht zu seinem Sekretär gemacht hatte. Da dessen Anglophilie bekannt war und die Republik sich seit der Hinrichtung des Königs am 21. Januar 1793 auch im Krieg mit Großbritannien befand, befürchtete man in Paris, Paoli könnte die Insel an die Engländer ausliefern. Saliceti, inzwischen zum radikalen Jakobiner mutiert, kam mit zwei weiteren Konventskommissaren auf die Insel, um einen Haftbefehl gegen Paoli zu vollstrecken. Dagegen revoltierten dessen bäuerliche Anhänger. Deren Wut richtete sich als erstes gegen die Bonapartes, die man im Einverständnis mit den Jakobinern glaubte. Napoleons Einlenkversuch kam zu spät und wurde von Paoli ignoriert. Als Napoleons Haus in Ajaccio von aufgebrachten Paolisten niedergebrannt wurde, begriff dieser, dass seine Zeit in Korsika vorbei war. Er begab sich mit seiner Familie auf ein französisches Schiff, das ihn nach Toulon übersetzte.

So ging Napoleons frühes Engagement für Korsika spurlos zu Ende. Er ist danach, von wenigen Tagen abgesehen, nicht mehr auf die Insel zurückgekehrt. Zu klein – so scheint es im Nachhinein – war der Gegenstand, an den er seinen jugendlichen Elan verschwendet hatte. Aber fühlte er sich nun als Franzose? Selbst wenn er später Frankreich zu Gegenstand seiner Liebe gemacht hat, so ist er doch nie in dem Sinne ein Franzose gewesen, wie es Talleyrand oder Caulaincourt waren. Viel spricht dafür, dass er vielmehr an die Stelle seines alten Fetischs Korsika das eigene mächtige Ego setzte. August Fournier hat den Vorgang vielleicht am besten getroffen, wenn er schrieb:

»Er hat aufhören müssen, Korse zu sein, er hat es nie dahin gebracht, Franzose zu werden. Mit ihm ist auch sein Ehrgeiz heimatlos geworden […].«40

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