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Pfeilgiftfrösche
ОглавлениеAuch Frösche sind meist entweder auffällig warnfarben oder gut getarnt. Musterbeispiele für Warnfarben in Kombination mit hochtoxischen Giften sind die Pfeilgiftfrösche (▶ 15). Die bunten Baumsteiger-, Färber- oder Pfeilgiftfrösche nehmen mit der Nahrung Substanzen auf, aus denen sie hochgradig toxische Alkaloide herstellen. Bedingt durch über die Haut abgegebene Nervengifte zählen sie zu den giftigsten Tieren weltweit. Der Name Pfeilgiftfrosch rührt daher, dass Indianerstämme in den südamerikanischen Tropen ihre mit dem Blasrohr zu verschiessenden Pfeile mit dem Hautgift der Frösche versahen. Trotz ihrer enormen Giftigkeit, lohnt es sich offenbar für die Frösche auch, lokale Warnsignalgemeinschaften zu bilden (Lötters et al. 2007). Der in Peru weit verbreitete Ranitomeya imitator kommt in unterschiedlichen Gebieten zusammen mit Ranitomeya fantastica, R. ventrimaculata und R. variabilis vor (Symula et al. 2001). Ranitomeya imitator gleicht in jedem Gebiet seiner jeweils mitbewohnenden Ranitomeya-Art, obwohl die Färbungsunterschiede erheblich sind und obwohl auch die mitbewohnenden Ranitomeya-Arten in verschiedenen Farbmorphen auftreten (▶ 16). Damit ist Ranitomeya imitator ein seltenes Beispiel von Signalnormierung, indem eine Art eindeutig als Nachahmer auftritt.
In Ecuador lebt im südlichen Teil der giftige Epipedobates parvulus und im nördlichen Teil der weniger giftige Epipedobates bilinguis, der sich vor allem durch gelbe Farbflecken an den Beinen von E. parvulus unterscheidet, (▶ 15) vor. Der ungiftige Allobates zaparo lebt in dem gesamten Verbreitungsgebiet der beiden Vorbild-Arten und imitiert jeweils das zu seinem Teilgebiet passende Vorbild (Darst & Cummings 2006). Nun gibt es eine schmale Überlappungszone, in der beide Vorbilder vorkommen. Hier, so würde man erwarten, sollte der Nachahmer das giftige Vorbild imitieren, da dann seine Schutzwirkung besser ist. Jedoch ist im sympatrischen Bereich der Nachahmer in der Farbmorphe des weniger giftigen Vorbildes anzutreffen. Lernversuche mit naiven Hühnerküken haben in diesem Fall gezeigt, dass nach Erfahrung mit dem weniger giftigen Epipedobates bilinguis die Vögel die ungiftigen Allobates zaparo mieden, während sie nach Erfahrung mit dem stark giftigen Epipedobates parvulus bereitwillig ungiftige Allobates zaparo angriffen. Die Reizgeneralisierung bei Vögeln ist demnach abhängig von der Art der Erfahrung. Sie begünstigt in diesem Falle die Nachahmung eines weniger giftigen Vorbildes.
▲ 15 Der giftgrün gepunktete Baumsteigerfrosch Dendrobates auratus ist auch in grüner Umgebung auffällig (oben). Die wie ein totes Blatt geformte und gefärbte Kröte Bufo typhonius ist auf dem Boden schwer zu entdecken (Mitte). Epipedobates parvulus mit auffallender roter Oberseite und gelben Beinmarken (unten). (Originalfoto E. parvulus Leo Rupp)
▲ 16 Signalnormierung bei Pfeilgiftfröschen durch die variable Art Ranitomeya imitator (jeweils rechts) und den ähnlichen nicht verwandten Arten R. variabilis, (1. Reihe links), R. ventrimaculata (2. Reihe links) und die farbpolymorphe Art R. fantastica (3. – 5. Reihe links) (Originalfotos 3. Reihe rechts und 5. Reihe links Harald Divossen, alle anderen Karl-Heinz Jungfer)