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ОглавлениеSpinnenmimikry
Unverstandene Spinnenmimikry
Spinnenmimikry galt bis vor wenigen Jahren als wenig gut verstanden. Eine harmlose wespenähnliche Schwebfliege ist vermutlich leichter in ein Mimikrysystem einzuordnen als eine Spinne, die in ihrer Wehrhaftigkeit unterschiedlich eingeschätzt wird. In den letzten Jahren sind jedoch entscheidende experimentelle Befunde zur Mimikry bei Spinnen erzielt worden. Zunächst soll die Signalgebung von Spinnen vorgestellt werden. Sowohl Warnsignale, Tarnung, Lock- und Schrecksignale können bei Spinnen vorkommen.
1 Warnsignale: Spinnen können Giftstoffe mit ihren Cheliceren (Greifwerkzeugen) in Beutetiere injizieren: Kleinere Beutetiere können durch die Spinnengifte gelähmt oder getötet werden. Die Gifte einiger Spinnen wie den Schwarzen Witwen (Latrodectus) können auch größeren Wirbeltieren und dem Menschen gefährlich werden. Warnfarben können giftige Spinnen vor dem Zugriff von potentiellen Beutegreifern schützen.
2 Tarnung: Viele Spinnen sind Lauerjäger, die von einer Tarnung in der Umgebung profitieren können.
3 Locksignale: Räuberische Spinnen können ihren Nahrungserwerb steigern, wenn sie potentielle Beutetiere anlocken.
4 Schrecksignale: Viele Spinnen nutzen, um außerhalb der Reichweite ihrer Beine Beute zu machen, Gespinste. Oft zu kunstvollen Netzen mit erheblicher Flächenausdehnung gesponnen, können Schrecksignale ungeeignete Beutetiere wie z. B. Vögel abhalten und damit die Fangdauer des Netzes erhöhen.
5 Opfer: Spinnenräuber begeben sich in die Rolle des vermeintlichen Opfers, das bereits im Netz gefangen ist.
Bei Spinnen ist tatsächlich alles verwirklicht. Die Weibchen der in wärmeren Gebieten Europas lebenden Röhrenspinne (Eresus niger) bekommt man äußerst selten zu Gesicht. Sie leben verborgen in mit Spinnenfäden ausgekleideten Fangröhren in der Erde. Nur die kleineren Männchen laufen auf Brautschau häufiger umher. Die Männchen sind durch schwarz-weiß geringelte Beine und ein rotes Opisthosoma (Hinterleib) mit vier schwarzen Punkten auffällig gekennzeichnet. Die Funktion als Warntracht zeigt das Männchen, wenn es gereizt wird: Es richtet sich wie zum Kopfstand auf und präsentiert das Opisthosoma dem Angreifer. Quantitative Beobachtungen über die natürliche Feindabwehr gibt es jedoch nicht. Auch die bekannten giftigen Schwarzen Witwen (Latrodectus) sind durch ihre schwarze Farbe mit rotem Zeichnungsmuster auffällig.