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Mimikryringe

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Müller’sche Mimikrysysteme können äußert komplex werden, wie Untersuchungen von Beccaloni (1997) im Regenwald des Napo-Gebietes in Ecuador zeigen. Auf eng begrenztem Gebiet fand er mehrere Müller’sche Mimikrykomplexe. Wie vielfältig diese Mimikrykomplexe sind, kann man an den Beobachtungen Beccalonis ermessen: Insgesamt beobachtete er 124 verschiedene Arten in acht Mimikrykomplexen, darunter 55 vermutlich allesamt ungenießbare Ithomiinae und 34 andere Tagfalter-, 34 Nachtfalterarten sowie eine Libelle, die sowohl genießbare Nachahmer Bates’scher Mimikrysysteme als auch ungenießbare Mimeten (Nachahmer) Müller’scher Mimikrysysteme sein können. Zudem sind einige polymorphe Arten wie Heliconius numata und Dismorphia theucharila in mehreren Mimikrykomplexen vertreten; beide Arten sind schwach giftig. Die ungenießbaren Falter der Ithomiinae gehören zusammen mit anderen Arten Müller’schen Mimikrysystemen an, während die genießbaren Falter Nachahmer eines Bates’schen Mimikrysystems darstellen, für die der Müller’sche Mimikryring als Vorbild dient. Joron et al. (2006) untersuchten die stammesgeschichtlichen Implikationen solcher Müller’schen Mimikrysysteme. Sie konnten zeigen, dass verschiedenen Melinaea-Arten aus der Unterfamilie Ithomiinae ähnlich gefärbte Formen einer einzelnen Art, Heliconius numata, aus der Unterfamilie der Heliconiinae gegenüberstanden. Dadurch können in diesem Signalnormierungssystem die Melinaea-Arten als Vorbild angesehen werden. Das ist nicht möglich bei den sich jeweils stark ähnelnden Formen von Heliconius melpomene und Heliconius erato, die jeweils sympatrisch vorkommen (▶ 18). Hinter der Entstehung der diskreten Farbmorphen der drei Heliconius-Arten steckt ein Supergen. Joron et al. (2006) fanden eine Kontrollregion, die dafür sorgt, dass nur diese diskreten Farbmorphen ausgebildet werden, jedoch keine Übergangsformen.

Der erste experimentelle Feldnachweis dieses Musterbeispiels evolutiver Anpassung gelang erst im Jahre 2001. Durrell Kapan (2001) nutzte den ungewöhnlichen Polymorphismus des ungenießbaren Schmetterlings Heliconius cydno (Nymphalidae), um im Freiland eine höhere Überlebensrate derjenigen Morphen nachzuweisen, die einem lokal häufigen Vorbild anderer giftiger Schmetterlingsarten ähnelten. Er fing weiße und gelbe Morphen von Heliconius cydno alithea (H. c. a.) und ließ beide Morphen in Gebieten frei, in denen entweder Heliconius sapho candidus (H. s. c.) oder Heliconius eleuchia eleusinus (H. e. e.), aber keine der beiden Morphen von H. c. a. vorkamen. Alle 4 Formen sind ungenießbar. H. s. c. ähnelt der weißen Morphe und H. e. e. ähnelt der gelben Morphe von H. c. a.. Nach dem Freilassen der Falter versuchte Durrell Kapan an mehreren Tagen, die freigelassenen Tiere wieder zu finden. Er konnte über jeweils mehrere Tage Falter derjenigen Morphe von H. c. a. dort häufiger wieder finden, wo bereits ein ähnlich aussehender giftiger Falter vorkam. Im Einzelnen konnte er über mehrere Tage Falter der weißen Morphe von H. c. a. in dem Verbreitungsgebiet vom ähnlichen H. s. c. häufiger wiederfinden, und Falter der gelben Morphe von H. c. a. häufiger in dem Verbreitungsgebiet vom ähnlichen H. e. e.. Dieser Feldnachweis des Schutzes durch ein weiteres Vorbild, ein so genanntes Co-Vorbild, konnte gleichzeitig zeigen, dass verschiedene Co-Vorbilder einen geographisch unterschiedlichen Selektionsdruck ausüben, der die Existenz von Polymorphismen bei ungenießbaren Arten mit Warnfärbung, so genannten aposematisch gefärbten Arten, erklären kann.

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