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Spinnen locken Beute und Räuber
ОглавлениеDie tropische Wespenspinne Argiope argentata ist auf der Bauchseite braun mit gelben Streifen und auf der Rückenseite weiß und UV-reflektierend gefärbt. Die radnetzbauende Spinne ernährt sich überwiegend von blütenbesuchenden Insekten, meist Bienen. Auch der von den Bienen gesammelte Pollen kann einen Beitrag zur Ernährung dieser Spinnen leisten. Craig und Ebert (1994) untersuchten den Einfluss der Körperfärbung der Spinnen auf die Fängigkeit in einem Waldgebiet in Panama. Vor den in der Mitte ihrer Radnetze sitzenden Spinnen stellten die Arachnologen (Spinnenforscher) im Durchmesser zehn Zentimeter große Blenden auf, die sie aus Gras hergestellt hatten, das an einem Drahtring befestigt war. Die Blenden erhöhten die Fängigkeit der Netze vermutlich deshalb, weil die Spinne gut gegen die Blende kontrastiert und eine Lockwirkung von ihrer Körperfärbung ausging. Dieser Effekt zeigte sich, egal ob die Blende die Bauch- oder Rückenseite der Spinnen abdeckte. Besonders aber die UV-reflektierende Rückenseite lockte effektiv blütenbesuchende Insekten an. Zumindest als Hypothese konnten die beiden Spinnenforscher nun formulieren, dass das Suchbild der blütenbesuchenden Insekten bei der visuellen Anlockung durch den Spinnenkörper eine Rolle spielt. Es liegt dann natürlich nahe zu vermuten, dass der Spinnenkörper durch seine Ähnlichkeit in Form und Farbe mit Blüten attraktiv auf Blütenbesucher wirkt. Erstaunlich ist allerdings, dass weiße insektenbestäubte Blüten nahezu ausschließlich UV-absorbierend sind und viele Bienen weiße UV-reflektierende Farben nicht gerne anfliegen. Auf diesen Aspekt wird im Zusammenhang mit anderen Versuchen im Folgenden nochmals hingewiesen.
Die große Seidenspinne Nephila pilipes lockt mit ihrer auffälligen Körperzeichnung sowohl Beutetiere als auch Räuber in ihr Netz in den Wäldern Taiwans. Fan et al. (2009) arbeiteten mit eingefärbten Spinnenattrappen: Gelbe Spinnenattrappen lockten mehr Beutetiere an als natürlich gefärbte Attrappen, aber auch mehr Räuber. Die Forscher glauben daher, dass die natürliche Körperfarbe eine Abwägung zwischen der Anlockung von Beute und dem Risiko, selbst gefressen zu werden darstellt.