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g) Problem des Verschuldens bei Aufklärungsfehlern

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Der Strafrichter ist unzweifelhaft daran gebunden, den Angeklagten nur dann zu verurteilen, wenn er das ihm vorgehaltene Unrecht verschuldet hat. Deshalb muss die Verschuldensfrage, die in der Praxis des Zivilprozesses bei der Aufklärung leider oft nicht gestellt wird,[59] gerade im Strafverfahren auch unter dem Aspekt der persönlichen Vorwerfbarkeit und konkret-individuellen Vermeidbarkeit der Pflichtverletzung mit besonderem Nachdruck geprüft werden. Der Strafrichter darf sich nicht damit zufrieden geben, die im Einzelfall geleistete Aufklärung unter Hinweis auf einschlägige Zivilurteile als unzureichend zu qualifizieren, und daraus ohne weiteres – oder nur mit der formelhaften Wendung: dies sei auch schuldhaft – die Strafbarkeit des Arztes ableiten. Notwendig ist vielmehr eine eigenständige Bewertung des ärztlichen Verhaltens auf der Ebene der Schuld im Hinblick darauf, ob der Arzt im konkreten Fall nach seinen ihm eigenen Fähigkeiten und Kenntnissen imstande war, den Umfang der objektiv verlangten Aufklärung zu erkennen und zu erfüllen. Die subtile Prüfung der Verletzung der Aufklärungspflicht im Strafrecht nach einem subjektiven Maßstab unter den Gesichtspunkten Vorhersehbarkeit, Vermeidbarkeit und Zumutbarkeit ist insbesondere vor dem Hintergrund einer nicht immer ohne weiteres verständlichen zivilgerichtlichen Judikatur geboten.[60]

Auch in dem schon geschilderten Myom-Fall[61] mahnte der BGH eine exakte Schuldprüfung im Rahmen der Aufklärungsproblematik an. Voraussetzung für die Fahrlässigkeitshaftung ist nach den Worten des Gerichts nämlich nicht nur die Aufklärung über die in Rede stehenden Risiken, sondern darüber hinaus auch die Kenntnis des Arztes über alle Umstände, die die Patientin bei ordnungsgemäßer Aufklärung abgehalten hätten, ihre Zustimmung zu erteilen.[62] In diesem Erfordernis liegt eine wichtige Einschränkung der Strafbarkeit, die in der Praxis aber meist zu Unrecht unerörtert bleibt.[63]

Arztstrafrecht in der Praxis

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