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a) Zur haftungsbegründenden Kausalität
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Der Nachweis der haftungsbegründenden Kausalität (s. Rn. 105) unterliegt der strengen Anforderung des § 286 ZPO. Die Beweislast trägt der Anspruchsteller. Er hat den erforderlichen Zurechnungszusammenhang zwischen dem Betrieb des Kfz und der Verletzung des Rechtsgutes darzulegen und zu beweisen; Zweifel an der Ursächlichkeit gehen zu seinen Lasten.[80] Die Beweisführung muss jedoch nicht zu einer absoluten und unumstößlichen Gewissheit führen. Vielmehr ist ausreichend, wenn ein für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit unter Beweis gestellt wird.[81] Also ein unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlung und des Ergebnisses der Beweisaufnahme nach freier Überzeugung gewonnener, für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit, der den Zweifeln Schweigen gebietet.[82] Eine Beweislastumkehr aus Billigkeitsgründen ist im Einzelfall unzulässig.[83] § 287 Abs. 1 ZPO ist bei der Feststellung der haftungsbegründenden Kausalität selbst dann nicht anzuwenden, wenn der Geschädigte den Beweis, dass eine zeitlich nach dem Unfall aufgetretene Erkrankung (Morbus Sudeck) unfallbedingt ist, nach dem strengen Maßstab des § 286 ZPO nicht führen kann.[84]
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Der Anscheinsbeweis für Verschulden greift nur dann ein, wenn sich bei Betrachtung aller unstreitigen und festgestellten Einzelumstände des Verkehrsgeschehens ein Sachverhalt ergibt, der nach der Lebenserfahrung typischerweise auf einen Sorgfaltsverstoß hinweist.[85]
Bei Auffahrunfällen spricht z.B. der erste Anschein für ein Verschulden des Auffahrenden.[86] Zur Entkräftung des Anscheins genügt nicht der Hinweis auf einen Geschehensablauf, nach dem der Schaden die typische Folge einer anderen Ursache sein kann. Der Inanspruchgenommene muss beweisen, dass eine andere Ursache „ernsthaft“ in Betracht kommt.[87] So z.B., dass der Anspruchsteller die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritten hat[88] oder dass der Vorausfahrende unvorhersehbar und ohne erkennbare Ursache plötzlich abbremst.[89]
Kein Anschein, wenn sich z.B. die Kollision, das Auffahren, in einem unmittelbaren örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem Fahrstreifenwechsel des Vorausfahrenden ereignet.[90] Der Anscheinsbeweis ist bei Auffahrunfällen auf der Autobahn regelmäßig nicht anwendbar, wenn zwar feststeht, dass vor dem Unfall ein Spurwechsel des vorausfahrenden Kfz stattgefunden hat, der Sachverhalt aber im Übrigen nicht aufklärbar ist.[91] Nach Ansicht des BGH soll es aber bei dem Anscheinsbeweis wegen des Auffahrens verbleiben, wenn unaufklärbar ist, ob überhaupt ein Fahrstreifenwechsel stattgefunden hat.[92] Der Anscheinsbeweis ist dagegen ebenfalls nicht anwendbar, wenn ein Fahrer – trotz Gegenverkehrs – von einem Kfz überholt wird und er in diesem Zusammenhang nach rechts von der geraden und übersichtlichen Fahrbahn abkommt.[93]
Wer die Gegenpartei schuldhaft in der Möglichkeit beschneidet, den Anschein zu erschüttern oder zu widerlegen, kann sich nicht auf die Grundsätze des Anscheins berufen.[94]