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1.5.10 Theologischer Bezugsrahmen (‚Sache‘)

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Bild und ‚Sache‘ sind in der älteren Gleichnisforschung die beiden ‚Hälften‘ bzw. Ebenen eines Gleichnisses. Das Gleichnisbild veranschaulicht demzufolge eine bestimmte, dem menschlichen Erfahrungshorizont grundsätzlich entzogene, theologische ‚Sache‘. Dieser Begriff ist irreführend und wird hier konsequent vermieden. Er suggeriert eine klar umrissene Bezugsgröße der Gleichnisse. Diese wurde und wird in der Regel mit der Gottesherrschaft (basileía tou theoú bzw. basileía tṓn ouranṓn) identifiziert. Problematisch ist daran zum einen, dass ‚Reich Gottes‘ selbst eine Metapher, wenn auch eine usuelle Metapher, ist: Sie bringt die Wirklichkeit Gottes mit der Wirklichkeit eines weltlichen Königreichs zusammen. Daher ist es so eine Sache mit dem Reich Gottes als ‚Sache‘. ‚Reich Gottes‘ wird überhaupt nur in einigen Gleichnistexten als explizite Rahmenmetapher verwendet.1

Zum anderen ist ‚Reich Gottes‘ nur zum Teil ausdrücklich die Bezugsgröße; viele Texte nennen ihre Bezugsgröße nicht ausdrücklich, sprechen auch nicht von einem basileús als kýrios-Figur und verweisen stattdessen auf andere Bezugsgrößen, wie etwa die Freude im Himmel (Gleichnistrilogie Lk 15). Dementsprechend vermuten einige Forscher die ‚Sache‘ im situativen oder literarischen Kontext der Gleichnisse.2 Andere sehen in den Gleichnissen überhaupt keine ‚Sache‘, sondern die Inszenierung einer von Jesus gestifteten, neuen Existenzform: der Liebe.3

Bei genauerem Hinsehen entpuppt sich die so genannte ‚Sache‘, besser: der theologische Bezugsrahmen als aspektreiches Bündel (vor-)religiöser Erfahrungen und theologischer Erkenntnisse.4 Diese haben alle etwas mit der im Gleichnis angezeigten Wirklichkeit Gottes zu tun. Die Alltagswirklichkeit erscheint, unter dem Vorzeichen der Wirklichkeit Gottes, in einem neuem Licht. Das, worum es geht, ist ein dynamisches Wechselverhältnis zwischen der göttlichen und der menschlichen Wirklichkeit (vgl. → 2.5.6).

Definition: Das eigentlich Gemeinte eines vergleichenden Textes ist innerhalb eines theologischen Bezugsrahmens zu verorten und umfasst ein aspektreich-komplexes Bündel (vor-)religiöser Erfahrungen und theologischer Erkenntnisse.

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