Читать книгу Gleichnisse - Kurt Erlemann - Страница 44
1.5.11 Sprachgeschehen bzw. Sprachereignis
ОглавлениеDie Rede vom Gleichnis als Sprachereignis (auch: Sprachgeschehen) geht auf die Zeit der ‚metaphorischen Wende‘ ab Mitte des 20. Jahrhunderts zurück, in welcher der po(i)etische Charakter der Metapher neu entdeckt wurde (→ 2.2.3). Als ‚erweiterte Metapher‘ (→ 2.2.3c) wurde dem Gleichnis die Sprachkraft zuerkannt, die Wirklichkeit Gottes nicht nur zu illustrieren, sondern sie sogar zu realisieren. Auf den Punkt bringt diese Auffassung Eberhard Jüngel:
Die basileia [Gottesherrschaft] kommt im Gleichnis als Gleichnis zur Sprache. Die Gleichnisse Jesu bringen die Gottesherrschaft als Gleichnis zur Sprache.1
Eine andere Wirklichkeit der basileía als im sprachlichen Vollzug, indem das Gleichnis ausgesprochen wird und es in den Rezipienten wirkt, gibt es nach dieser Auffassung nicht. Das Erzählen von Gleichnissen ist gleichsam ein performativer Akt, der das, wovon er redet, Realität werden lässt.2 Diese besondere Sprachkraft des Gleichnisses macht es zu einer Offenbarungsrede sui generis. – Es ist zu diskutieren, ob Gleichnisse tatsächlich himmlische Fakten schaffen können und es diese jenseits davon gar nicht gibt (→ 2.2.3d; 2.4.3; 2.4.5; 2.5.3b; 2.5.4d).
Definition: Der Begriff Sprachereignis / Sprachgeschehen zielt auf Sprache als performativen Akt ab, der etwas Wirklichkeit werden lässt, indem er es ausspricht.