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a) Beobachtung von Mischformen
ОглавлениеEs gibt keine scharfe Grenze zwischen eindeutigen und deutungsbedürftigen Texten. Jedes Gleichnis hat klar verständliche und deutungsbedürftige Elemente. Deutungsbedürftige Elemente sind z. B. andeutende und verschleiernde Transfersignale. Sie durchbrechen die Realistik und die Konterdetermination der narratio und weisen auf eine theologische Deutungsebene hin (→ 1.5.9).1
Beispiel: Das Gleichnis vom verlorenen Sohn (Lk 15,11-32) gilt als Mustergleichnis Jesu. Seine Botschaft der unbedingten Liebe des Vaters zu seinen Söhnen leuchtet unmittelbar ein. Gleichwohl enthält es deutungsbedürftige Elemente: Was besagt der Hinweis auf die Schweine, die der jüngere Sohn zu hüten hat? Was bedeutet der Ring, den der Vater dem Heimgekehrten ansteckt? Was meint die Rede von ‚tot‘ und ‚lebendig‘ (V.24.32)? Ausgehend von der Kohärenz und Integrität des Gleichnisses, müsste man es, Jülichers Logik folgend, Jesus gänzlich absprechen oder aber die besagten Elemente der nachträglichen, verfälschenden Interpretation durch Lukas zuordnen.
Jülichers Entgegensetzung zwischen eindeutigen Gleichnissen und uneindeutigen Allegorien sowie sein Postulat eines idealtypischen, eindeutigen Gleichnisses wirken konstruiert.2
Wirkliche Gleichnisse bewegen sich gerne im Raum zwischen diesen beiden Extremen.3
Das Statement von Peter Dschulnigg bringt das Problem auf den Punkt.4