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d) Der rezeptionsästhetische Aspekt

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In Zuspitzung des kommunikationstheoretischen Ansatzes fragt Dieter Massa (*1966) nach dem Einfluss der Leserschaft auf die Textgestaltung bzw. nach dem Verhältnis von Textproduktion und -rezeption.1 Leitend ist dabei das Bild vom Autor, der das Gleichnis so konzipiere, dass es von der intendierten Leserschaft möglichst optimal verstanden werden kann. Um dies zu gewährleisten, sei nicht nur jedes gleichnisinterne Element sorgfältig formuliert, sondern auch die Implementierung in den literarischen Kontext ein bewusster Akt der Leserlenkung.2

Im Fokus stehen insbesondere die Transfersignale des Textes (→ 1.5.9; 2.2.5b; 2.5.2a). Auch im Blick sind traditionsgeschichtliche Prätexte, Traditionen und Motive, die in den Text einfließen und das Verstehen der Adressaten in eine bestimmte Richtung lenken. Damit werde ein Interpretationsrahmen umrissen, innerhalb dessen die Adressaten den Text deuten könnten; eine eindeutige Festlegung des Textsinns unterbleibe jedoch, was der Polyvalenz der Metaphorik, dem überschießenden Sinnpotenzial des Textes und der individuellen Aneignung durch die Leserinnen und Leser entspricht. Die Frage der Autorintention verliert bei diesem Ansatz an Relevanz; wichtiger ist das (jeweilige) Textverständnis der Adressaten. Der theologische Bezugsrahmen ergebe sich aus dem kreativen Leseakt. Der Bezugsrahmen sei nicht einseitig im Sinne einer ‚zeitlosen, religiösen Satzwahrheit‘ oder einer ‚neuen Existenzmöglichkeit‘ zu verstehen; kritisiert wird auch die Annahme einer ‚ästhetischen Autonomie‘ der Gleichnisse (→ 2.2.6g).

Der Ansatz bewegt sich zwischen einer Fixierung des theologischen Bezugsrahmens im Sinne Jülichers und der existenzialen Interpretation einerseits sowie einer völligen Öffnung des Textsinns im Sinne des Strukturalismus andererseits.

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