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2. Allegorisierung

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Jülicher verstand unter Allegorisierung die nachträgliche, verfälschende Überlagerung ursprünglich allegoriefreier Texte mit ‚allegorischen‘ Elementen wie z. B. Metaphern, zeitgeschichtlichen Anspielungen etc. – Elemente, die auf eine tiefere Sinnebene hinweisen und zugleich deutungsbedürftig sind.1

Beispiele: 1) Die allegorisierende Anreicherung des Gleichnisses von der königlichen Hochzeit Mt 22,1-14 durch V.7: Die Belagerung einer Stadt mit anschließender Zerstörung durch Feuer passt in keiner Weise zur kontextuellen Handlung der Vorbereitung einer Hochzeitsfeier. Somit sprengt V.7 die Erzählebene und ruft nach Auslegung. Es handelt sich hier wahrscheinlich um einen Reflex auf die Zerstörung Jerusalems im Jahre 70 n. Chr. Für diese Annahme spricht nicht nur die Geschichtstheologie des Matthäus (die Zerstörung Jerusalems als Strafe für die Ablehnung Jesu), sondern auch der synoptische Vergleich: Das Element fehlt in der lukanischen Parallele Lk 14,15-24. – 2) Zum Winzergleichnis Mk 12,1-12parr. vgl. → 1.3, These 8.

Die Allegorisierung ist ein Mittel, um schon ursprünglich deutungsbedürftige und teilweise unverständlich gewordene Texte in einer neuen historischen Situation zu aktualisieren und ihren ursprünglichen Sinn mit historischer Erfahrung zu verbinden. Allegorisierung ist, gegen Jülicher, positiv zu bewerten – als wichtiges und probates Mittel, Texte über ihre Ursprungssituation hinaus zu tradieren.

In Umkehrung der Auffassung Jülichers wird folgende These gewagt: Die Evangelisten haben nicht ursprünglich klare Gleichnisse Jesu missverstanden. Sie haben sie nicht unnötig allegorisiert oder gar vorsätzlich verfälscht, sondern sie haben die oft als rätselhaft empfundenen Gleichnisse Jesu durch Zufügung andeutender und klärender Elemente einem weiteren Adressatenkreis zugänglich gemacht und aktualisiert.2

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