Читать книгу Sieben Gespräche über die heilige und wesensgleiche Dreieinigkeit - Kyrill von Alexandria - Страница 11
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ОглавлениеA. Wenn sie also klar und deutlich die Natur des Sohnes angeben wollten, so würden sie, ohne mehr zu erröthen, glaube ich, sagen, daß er weder Gott ist von Natur noch auch geworden.31 Denn wenn er von der Wesenheit Gottes des Vaters sich entfernte, aber doch wieder vorzüglicher ist, als es der Natur der gewordenen Dinge gemäß ist, so hat er sicher aufgehört, wahrer Gott zu sein; wann er aber entrinnen wird, unter die Geschöpfe gezählt zu werden, weiß ich nicht.
B. Du verstehst es sehr wohl. Und endlich sagen sie zur Bekräftigung ihrer Ansicht, Mittler Gottes und der Menschen32 heisse er aus keinem anderen Grunde, als, wie ich glaube, ebendeßhalb.
A. Und was ist ungereimter als Dieses? Unsere Feinde sind Thoren, wie geschrieben steht.33 Denn wie sollten sie nicht von weiser und tadelloser Denkart soweit als möglich entfernt sein, da sie mit ihren kühlen Denkerfindungen die Lehren der Wahrheit niederkämpfen zu können wähnen? Denn unser in der That ehrwürdiger und höchst weiser Paulus oder vielmehr der gesammte Chor der Heiligen haben gleichsam eine doppelte Bewandtniß mit dem Sohne erkannt und uns überliefert, nach seiner Vereinigung mit dem Fleische, das heißt nachdem er wie wir geworden ist in vollständiger Ähnlichkeit, nur die Sünde ausgenommen. Daher stellen sie, eine bunte Unterweisung uns auswebend, den Eingeborenen bald als noch unbekleidet und den Maßverhältnissen der Schöpfung entrückt und ganz unverbunden mit unserer Natur dar, bald aber wieder als durch die Knechtsgestalt fast beschattet, aber doch unablässig haftend und festhaltend an den seiner eigenen Natur zukommenden Gütern und unveränderlich mit den Würden der Gottheit bekränzt. Denn als immer sich gleichbleibend und unfähig, einen Schatten von Wandel und Veränderung zu erleiden, stellt ihn der vom Geiste Erleuchtete dar, da er sagt:34 „Jesus Christus, gestern und heute Derselbe und in Ewigkeit.“
B. Was soll nun Dieses gegen die Behauptungen Jener?
A. Während man in die heiligen Schriften keinen fahr- und nachlässigen Geist hineinlassen soll, spielen sie gewissermaßen in den so ehrwürdigen Sachen, abweichend ich weiß nicht wie von dem geraden Wege und ausgleitend und abschweifend auf den Seitenpfad. Denn daß man den königlichen Weg gehen solle, ist doch wohl, meine ich, nichts Anderes, als daß man weder zu weit nach rechts noch auch nach links ablenken soll. Denn schau, wie unbesonnen sie nach Gutdünken dahinfahren, ohne zu erwägen oder zu bedenken, welche von den Schriftstellen auf das nackte Wort, das heißt wie es vor der Menschwerdung ist und gedacht wird, passen, welche dagegen auf das bereits die Ähnlichkeit mit uns angezogen habende. Denn wenn sie meinen, hierauf keine Rücksicht nehmen und so ohne weiters und ohne Umschau Alles, was geschrieben ist, aufnehmen zu sollen, was hindert dann noch, sag’ mir, sie selber sollen es lehren, wenn es auch von ihm heißt, er habe gegessen und geschlafen und nicht ohne Mühe umherwandern können (denn er war ermüdet von der Reise), und was noch mehr ist als Dieß, daß er nämlich gestorben ist, [dennoch] zuzugestehen, das Wort Gottes sei nahrungsbedürftig, für Mühsal und Schwäche empfänglich und sogar auch sterbensfähig? Meinen sie also nicht, es sei uns hierin höchst nothwendig die Unterscheidung, die das für jede Zeit Geziemende gehörig auseinanderhält und sondert?
B. Höchst nothwendig; wie denn nicht?
A. Da es sich demnach durchaus als nothwendig und höchst gut erwiesen hat, alles Einzelne, was von ihm verkündet ist, zu unterscheiden, so höre nun, wie Paulus beschreibt, was er seiner Natur nach ist; denn „der da ist,“ sagt er,35 „der Abglanz der Herrlichkeit des Vaters und das Ebenbild seines Wesens und Alles trägt durch das Wort seiner Macht“. Und anderswo wieder:36 „Denn lebendig ist das Wort Gottes und kräftig und schärfer als jedes zweischneidige Schwert und dringt durch bis zur Theilung von Seele und Leib, Gelenken und Mark; es richtet Gedanken und Gesinnungen des Herzens. Und kein Geschöpf ist unsichtbar vor ihm, sondern Alles ist nackt und aufgedeckt vor seinen Augen, an den unsere Rede sich wendet.“ Und Dieß zwar sagt er von dem Eingeborenen, sofern er noch nicht mit dem Fleische gedacht wird. Von demselben aber, sofern er bereits wie wir geworden und im Fleische war, sagt er:37 „Er hat in den Tagen seines Fleisches Gebete und Bitten mit lautem Ruf und mit Thränen an Den, der ihn vom Tode erretten konnte, gerichtet und ist erhört worden wegen seiner Ergebenheit, und obwohl er Sohn ist, hat er an Dem, was er litt, Gehorsam gelernt.“ Steht denn nicht ganz bestimmt, wenigstens nach Dem, was in beiden Stellen ausgesprochen ist, die Natur der Thatsachen mit sich selbst im Widerstreit? Der Abglanz der Herrlichkeit Gottes des Vaters, das Ebenbild des göttlichen Wesens, der Alles trägt durch das Wort seiner Macht, das lebendige, kräftige und scharfschneidige Wort, heißt es, habe Gebete und Bitten dargebracht und zwar Thränen vergießend, um den Andrang des Todes abzuwehren; allein „in den Tagen“, sagt er, „seines Fleisches“, das heißt als das Wort, das Gott ist, Fleisch wurde, gemäß den Schriften, und nicht im Menschen war wie auch in den Heiligen, in denen es wohnt durch die Theilnahme, nämlich am heiligen Geiste. Doppelt also ist die Bewandtniß mit dem Sohne. Zuschreiben muß man ihm also als Gott, was Gottes ist, und als uns gleich geworden das Unsrige, das heißt das Menschliche. Die unpassende und nicht wohl unterscheidende Vermengung der Sachen aber muß man gar sehr verwerfen, da sie die genaue und sorgfältige Auffassung der Begriffe benimmt und die Schönheit der Wahrheit nicht wenig verunstaltet.
B. Du hast Recht.