Читать книгу Die Grenze - Leon Grüne - Страница 11

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2009 hatte Diedrich Erhard die letzten Tauben in Dulingen gesehen. Jeden Freitag um zwölf Uhr hatte er sich mit einer Tüte Sonnenblumenkerne vor den Supermarkt auf die grün gestrichene Holzbank, von der die Farbe langsam abblätterte, gesetzt und abwechselnd sich und die Tauben mit Sonnenblumenkernen versorgt. Brot durfte er ihnen nicht geben, da es in ihren Mägen gären und ihnen so schaden könnte. Nachdem ihn sein ehemaliger Freund Julius Liebenbröck, der vor wenigen Jahren den friedlichen Tod des zu hohen Alters gestorben war, in die hohe Kunst des Taubenfütterns eingeweiht hatte, hatte er so allerlei Kenntnisse darüber erlangt, wie er sie richtig füttern musste. Getrocknete Erbsen, Popcornmais, Sonnenblumenkerne, roher Naturreis sowie Weizen- und Dinkelkörner eigneten sich besonders gut zum Verfüttern, verarbeitete Lebensmittel mit vielen Kohlenhydraten und Salz hingegen ganz und gar nicht. Im Herbst 2008 hatte die Gemeinde beschlossen, das Füttern von Tauben zu verbieten, da der Kot der Tiere die Stadt übermäßig verunreinigte und sie zudem Parasiten und Krankheiten übertrugen. Anfang des Jahres, noch zu der Zeit von Dr. Beram, waren drei Menschen in Dulingen an Typhus erkrankt. Die Gemeinde gab dem übermäßigen Bestand von Tauben und deren Fäkalien die Schuld an den schweren Durchfallerkrankungen. Seitdem war das Füttern von Tauben verboten und wurde mit einem Bußgeld von bis zu 3.000 Euro geahndet. Daher saß Diedrich jeden Freitag auf der Bank vor dem Supermarkt, von der langsam die grüne Farbe abblätterte, und aß alleine aus seiner Tüte mit Sonnenblumenkernen. Die Tauben waren so etwas wie seine letzten Freunde gewesen, die ihm noch Spaß bereiten konnten. Doch nun waren auch sie, wie der Rest seiner Freunde und seine Frau, fort und kamen nicht wieder. Zehn Jahre war er nun allein gewesen. Doch wer weiß. Vielleicht würde er sie schon bald alle wiedersehen.

Die Grenze

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