Читать книгу Die Grenze - Leon Grüne - Страница 17

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Wie ein geprügelter Hund, was er ja im gewissen Sinne, mit Ausnahme der Spezies, auch war, ging Mark über den Schulhof zu den Steinen, wo er gestern Jonas getröstet und Erik in den Dreck geschubst hatte. Diesen Morgen fand er seinen Freund nicht dort vor, denn er war am heutigen Tag zuhause geblieben. Irgendwas war mit seinem Magen und er musste sich wohl übergeben, hatte seine Klassenlehrerin ihm genervt erzählt, während sie das Mathebuch schnell wieder in ihrer Ledertasche verstaute und zügig aus dem Raum verschwand. Mark war nicht traurig, dass Jonas heute nicht da war. Er hätte ohnehin nicht mit ihm reden können, weil er immer noch mit den Gedanken bei seinem kleinen Bruder Ben war. Und das war in Ordnung so. Es gab für alles eine Zeit im Leben, und jetzt war die Zeit zur Trauer um einen geliebten Menschen. Eine Zeit, die ein jeder im Leben erhalten sollte.

Nachdenklich setzte Mark sich auf einen der Steine und betrachtete in Gedanken versunken seine von der Erde verdreckten weißen Schuhe. Nach ein paar weiteren Schritten würde die Schleife an seinem linken aufgehen. Langsam driftete er in seine eigene kleine Welt ab, die er immer wieder aufs Neue aufsuchte, wenn er alleine war und sich von der Welt ausgeschlossen und verstoßen fühlte. In seiner eigenen Welt war er kein kleiner, schwacher Junge. In seiner Welt war er ein stolzer und prächtiger Adler, der im Tiefflug über das Gelände der Schule hinweg glitt und die Schüler und Lehrer auf dem Pausenhof beobachtete. Hinter der Schulmensa standen ein Junge aus der neunten und ein Mädchen aus der achten Klasse und küssten sich verlegen, ohne zu bemerken, dass sie von dem majestätischen Vogel beobachtet wurden. Leise schnitten die Flügel des Tieres durch die Luft und er flog an dem jungen Pärchen vorbei auf den großen Hof. An den drei steinernen Tischtennisplatten spielten mehrere Jungen und Mädchen aus der fünften Klasse mit einem Mini-Fußball ein Spiel namens Platte. Es funktionierte ähnlich, um nicht zu sagen genauso wie der Rundlauf beim Tischtennis, nur mit den Händen anstelle des Schlägers. Auch sie bemerkten nicht, wie der Vogel stumm und unsichtbar an ihnen vorbeiflog und sich langsam den Steinen, bei denen Mark saß, nähert.

Ein paar Meter von dem einsamen Kind entfernt bewegte sich eine kleine Gruppe Jungen mit mäßigen, aber bestimmten Gang auf ihn zu. Der Größte der drei stellte sich genau vor den Jungen, der alleine auf dem Stein saß, packte ihn am Kragen und sagte wütend etwas, das er nicht verstehen konnte. Neugierig setzte sich der Adler auf einen der Äste des Baumes, der den Steinen am nächsten war, und betrachtete die Situation aufmerksam. Unsanft hob der große Junge den kleineren, beleibteren vom Stein und stieß ihn auf den Boden, wo er ihm einen Tritt in die Seite versetzte. Nachdem er ein weiteres Mal eine Beleidigung ausgesprochen hatte, spuckte er auf den korpulenten Jungen, der seine Brille bei dem Stoß verloren hatte und entfernte sich lachend mit den anderen beiden vom Ort des Geschehens. Ein paar Sekunden wartete der Vogel noch, ob der Junge wieder aufstehen würde, dann erhob er sich in die Lüfte, während der Junge sich langsam vom Boden aufrichtete und schluchzend seine Brille aufhob.

Die Grenze

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