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Fragen über Fragen: Ein Interview mit meiner Mutter

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Ihre sportlichen Erfolge kann man bei Wikipedia und in allerlei sportlichen Chroniken nachlesen, und auch sonst weiß ich natürlich einiges über meine Mutter. Immerhin haben wir nun auch schon beinahe fünf Jahrzehnte miteinander verbracht, da bleibt es nicht aus, dass man Dinge erfährt, typische Eigenschaften und interessante Verhaltensmuster immer wieder erkennt. Aber trotzdem gibt es bestimmt vieles, was ich noch nicht über sie weiß. Dass sie nicht gern Fragen über sich beantwortet und sehr genau darauf achtet, dass Gespräche über sie nicht etwa unkompliziert ablaufen, ist mir allerdings genauso bewusst, wie dass sie gern in die Sauna geht, weil sie da so angenehm entspannen kann. Außerdem gilt in unserer Sauna Redeverbot, was sie wiederum beinahe dazu zwingt, mit mir zu sprechen. Verbote reizen meine Mutter schon seit jeher sehr. Wenn ich also Glück habe und es ein wenig geschickt anstelle, passt sie vielleicht dort nicht ganz so gut auf, und ich erfahre doch noch das eine oder andere, was ich noch nicht wusste und was sie mir womöglich unter normalen Bedingungen nicht erzählen würde. So oder so: Einen Versuch ist es wert.

»Sag mal, Mama, würdest du mir ein paar Fragen über dich beantworten?«

»Über mich?«

»Ja, über dich. Um dich geht es ja auch in diesem Buch. Ich kann mir ja nicht alles ausdenken, oder?«

»Warum eigentlich nicht? Das wäre doch sicher viel interessanter! Und lustiger wäre es auch.« Sie lacht.

»Das bezweifle ich.«

»Ach Lucinde, ich weiß nicht … Fragen über mich? Wen interessiert das alles überhaupt? Kannst du nicht einfach über jemand anderen ein Buch schreiben?«

»Ich kenne niemanden, der so ist wie du.«

»Schon klar. Aber sicher fallen mir die guten Sachen erst wieder heute Nacht ein, und ich ärgere mich, dass ich dir genau das Falsche erzählt habe. Und dann ist es zu spät.«

»Ach Quatsch! Es ist nicht zu spät. Ich schreibe immerhin ein Buch und kein Gedicht. Das braucht bestimmt noch eine ganze Weile. Du kannst mir also auch morgen früh noch erzählen, was dir wichtig ist. Sogar noch übermorgen und überübermorgen.«

»Und überüberüber …? Ich will einfach das Richtige sagen, damit nicht irgendjemand da draußen später denkt, ich sei eine verrückte Alte.«

»Warum sollten das jemand denken? Erstens haben die meisten selbst eine Mutter, und zweitens: Seit wann interessiert es dich, was die Leute denken? Das ist ja eben das Großartige an dir. Du machst das, was du für richtig hältst und was dir Spaß macht. Wenn das bedeutet, dass du eine verrückte Alte bist, kannst du stolz auf dich sein. Ich bin es jedenfalls. Und außerdem kannst du gerne lesen, was ich geschrieben habe. Das wäre sogar gut, dann kann ich sicher sein, dass du mit den Geschichten einverstanden bist.«

»Ich soll … Das ganze Buch?«

»Das ganze Buch.«

»Ich weiß gar nicht, wann ich das machen soll! Nee, Lucinde, weißt du was? Ich bin mit allem einverstanden, was du schreibst – hoffe ich zumindest. Und weißt du was? Man sollte sich nicht immer so viele Gedanken machen. Das verursacht doch nur Bauchschmerzen. Und Bauchschmerzen braucht kein Mensch, oder? Und überhaupt: Was willst du eigentlich wissen?«

Was ich wissen will ist eigentlich, ob das Bild, das ich von meiner Mutter habe, mit dem übereinstimmt, das sie von sich hat. Aber weil ich genau weiß, dass meine überaus großzügige Mutter mit Insiderinformationen über sich selbst eher geizig ist, muss ich anders vorgehen. Ich brauche eine richtige Strategie. Denn wenn ich ihr sage, was ich erfahren will, würde sie von mir verlangen, ihr erst einmal zu erzählen, warum ich ausgerechnet das wissen möchte. Ich weiß also, dass ich anders anfangen muss. So gut kenne ich sie immerhin also schon einmal. Was bin ich nur für ein Fuchs! Also:

Mama im Unruhestand

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