Читать книгу Zerbrochen auf Wangerooge - Malte Goosmann - Страница 10
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ОглавлениеHeute sollte für ihn der Tag der Tage sein. Er hatte alles, was er für sein Vorhaben brauchte, dabei. Die Entscheidung mit der Straßenbahn oder mit dem eigenen Auto in die Nähe des Hauses zu fahren, war ihm schwergefallen. Die Pro und Contra Argumente hielten sich die Waage. Letztendlich hatte er sich aus einem Bauchgefühl heraus für sein eigenes Auto entschieden, das er einige Straßen weiter abstellen wollte. Eine Original-DHL-Jacke hatte er nicht besorgen können. Stattdessen hatte er sich in einem Sportgeschäft eines großen Bremer Einkaufszentrums eine gelb-rot-schwarze Ski Jacke gekauft, die er nach vollbrachter Tat sofort entsorgen würde. Ein mittelgroßes Paket, das er sich in einem DHL-Shop besorgt hatte, lag auf seinem Rücksitz. Der falsche Oberlippenbart war angeklebt und saß bombensicher. Er spürte, als er sein Auto in der Nebenstraße abstellte, eine gewisse Anspannung, die ihn aber nicht behindern würde. Im Gegenteil, Anspannung war immer gut und schärfte die Sinne. Er durfte sich keinen Fehler erlauben. Er griff zur Base-Cap und setzte sich die falsche Brille auf, nahm das Paket und machte sich auf den Weg zu Reginas Haus. Die Straßen dieser Vorstadtsiedlung waren leer, nur wenige Menschen waren unterwegs. Das musste nicht unbedingt ein Vorteil sein, denn umso eher konnten mögliche Nachbarn, die hinter den Gardinen standen, eine brauchbare Beschreibung abgeben. Er war sich sicher, dass die Kriminalpolizei flächendeckend die gesamte Nachbarschaft befragen würde. Nun bog er in die Straße ein. Niemand war zu sehen. Zielstrebig, und ohne sich umzublicken, ging er mit dem Paket unter dem Arm auf den Hauseingang zu. Kein Fenster stand auf kipp. War Regina vielleicht gar nicht zu Hause? Eine gewisse Unsicherheit befiel ihn. Sollte er abbrechen? Quatsch, er hatte es ja noch gar nicht versucht. Vielleicht war sie im Garten. Er schaute kurz nach rechts und links, dann klingelte er. Nichts rührte sich, keine Schritte, keine Geräusche. Er klingelte ein zweites Mal. Wieder keine Regung, Abbruch. Er drehte sich um und verließ den Hauseingang. Plötzlich hörte er von der Seite eine Stimme:
„Hallo, ich kann doch das Paket für Frau Ammermann annehmen.“
Die Stimme kam vom Nachbarhaus. Fieberhaft arbeitete sein Gehirn. Wie sollte er jetzt reagieren? Wenn er weglaufen würde, war das richtig auffällig. Ihm musste etwas anderes einfallen. „Danke, das ist nett, aber dies ist eine Sendung mit hohem Wert, da geht das nicht.“
Was Besseres war ihm auf die Schnelle nicht eingefallen. Aber das schnelle Okay der Nachbarin beruhigte ihn wieder. Scheinbar hatte sie ihm die Ausrede geglaubt. Mit schnellen Schritten, ohne sich noch einmal umzudrehen, verließ er die Örtlichkeit. Als er wieder in seinem Auto saß und Jacke, Bart und falsche Brille abgelegt hatte, schrie er laut „Scheiße, Scheiße“ und schlug dabei mit beiden Händen mehrmals auf das Lenkrad ein. Als er sich endlich wieder beruhigt hatte, startete er sein Auto und fuhr weg.