Читать книгу Zerbrochen auf Wangerooge - Malte Goosmann - Страница 16

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In der Frühstückspause nahm er seine Tageszeitung aus der Tasche und blätterte den Regionalteil auf. Er hatte die bisherige Berichterstattung über den Mord an Regina Ammermann aufmerksam verfolgt. Aus den Artikeln schloss er, dass die Polizei nichts in der Hand hatte. Schwammige Formulierungen, vage Andeutungen waren sichere Belege für eine magere Spurenlage. Dass er eventuelle DNA-Spuren am Tatort hinterlassen hatte, war nicht völlig auszuschließen. Bei dem heutigen Stand der Kriminaltechnik hinterließ jede Schuppe eine Spur. Solange aber keine Vergleichs-DNA existierte, waren solche Spuren für ihn völlig ungefährlich. Beim Umblättern auf die nächste Seite hätte er beinahe einen Lachanfall bekommen. Ein Phantombild prangte ihm entgegen. Das war der Beweis. Sie hatten nichts. Natürlich hatten sie die Nachbarin vernommen, die das Paket annehmen wollte. Aber diese Beschreibung war ein Witz, Oberlippenbart, Brille. Dieses Bild hatte nun wirklich nichts mit ihm gemein. Eine Gefahr ging von dieser Darstellung nicht aus. Die Mordkommission würde jetzt genug damit zu tun haben, mögliche Hinweise aus der Bevölkerung abzuarbeiten, eine gute Beschäftigungstherapie.

Er ließ das Geschehene noch einmal Revue passieren. Ohne Zweifel hatte ihm seine Tat Erleichterung verschafft. Doch die Art der Tötung war kein Kinderspiel gewesen. Die Länge des Todeskampfes hatte ihn überrascht und auch mürbe gemacht. Nicht, dass er mit Regina Mitleid empfunden hätte, aber so etwas durchzuziehen, war für ihn nicht ganz einfach gewesen. Er wurde jäh aus seinen Gedanken gerissen, als ein Polizeiwagen direkt neben seinem Büro auf die Friedhofseinfahrt fuhr. Jetzt bloß nicht durchdrehen. Er atmete tief durch. Das konnte nicht sein, dass die Beamten seinetwegen gekommen waren. Schnell faltete er die Zeitung zusammen, nahm noch einen Schluck Grünen Tee, schon klopfte es an seine Bürotür.

„Moin, uns liegt eine Anzeige von Friedhofsanliegern vor, die sich beschwert haben, dass hier nachts irgendwelche Partys gefeiert werden.“

Er atmete einmal tief durch. Sie waren nicht wegen ihm hier. „Ja, ich bin informiert. Die Jugendlichen klettern nachts über die verschlossene Tür und feiern ihre Gothic-Partys im Mausoleum von Baron Knoop.“

Der Blick des Beamten sprach Bände. Mit Gothic konnte der nichts anfangen.

„Sie wissen doch, dass sind diese schwarz gekleideten Jugendlichen. Manchmal sind die geschminkt und haben so Punk-Frisuren. Wenn ich mich nicht irre, gibt es dafür eine spezielle Musikrichtung.“

Der Beamte verzog sein Gesicht und schüttelte mit dem Kopf.

„Und was soll das?“

„Ich bin da kein Experte, aber die sind von allen Sachen, die mit Tod zusammenhängen, fasziniert, glaube ich wenigstens.“

Er amüsierte sich etwas über die Fassungslosigkeit, die sich im Gesicht des Beamten widerspiegelte.

„Und wo ist dieses Mausoleum?“

Er schloss die Tür seines Büros ab und ging mit dem Beamten rechts in Richtung Trauerhalle. Dann bogen sie nach links in einen Weg direkt an der Friedhofsgrenze ab. Der hohe Säulenbau mit den fünf langen Spitzen fiel sofort ins Auge, das größte Grabmal auf diesem Friedhof.

„Hier ist es. Das ist das Mausoleum des Bremer Kaufmanns Ludwig Knoop, der vom russischen Zaren zum erblichen Baron gemacht worden ist, weil er in Russland die Textilindustrie aufgebaut hat.“

Die beiden Streifenbeamten schienen sich nicht sonderlich für seine Ausführungen zu interessieren. Stattdessen machten sie Aufnahmen von den Spuren der nächtlichen Feten. Leere Flaschen, Reste einer abgebrannten Fackel, leere Chipstüten und zwei Kondome gehörten zu den Hinterlassenschaften der Jugendlichen. Dieses chaotische Bild war ihm fast peinlich. Er musste seinen Arbeitern schnell Bescheid geben, damit diese den Unrat beseitigen würden. Er führte die beiden Polizisten noch zurück bis zum Eingang. Die Beamten verabschiedeten sich und fuhren mit ihrem Streifenwagen davon.

Er atmete wieder ganz tief durch. Die Tatsache, dass er bei dem Erscheinen der Beamten nervös geworden war, beunruhigte ihn.

Zerbrochen auf Wangerooge

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