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Hanf in den Kräuter- und Arzneibüchern des Mittelalters
ОглавлениеInteressanterweise erschien 1484, im gleichen Jahr wie die Hexenbulle, das Kräuterbuch Herbarius Moguntinis (Mainzer Kräuterbuch), worin «hanff, haniff» aufgeführt ist. Der Verfasser des Werkes ist nicht bekannt: die in Mainz hergestellte Inkunabel gilt zusammen mit dem Herbarium des Pseudo-Apuleius als erstes gedrucktes bebildertes Kräuterbuch der Welt (FISCHER 1929: 74-79). Auch in den folgenden Werken, so in dem im Jahr 1485 gedruckten Kleinen (H)ortus sanitatis wie im Großen Hortus sanitatis (im Jahr 1491 gedruckt) fehlt Hanf nicht. Altbekannte Anwendungen wie die Behandlung von Wasser- und Gelbsucht werden übernommen (HORTUS SANITATIS 1485: FISCHER 1929: 79-94: HEILMANN 1966: 99).
Ähnliches findet sich in Werken des später berühmt gewordenen Paracelsus. Der Hanf(samen) ist Bestandteil in seinem «Arcanum compositum», das er als wichtiges Arzneimittel mit besonderer Heilkraft ansah (MARTIUS 1856: 138: SCHNEIDER 1985: 27).
Nur ganz sporadisch tauchen Berichte auf, dass Hanf auch berauschende Effekte habe. Allerdings bezogen sich solche Aussagen immer auf den Gebrauch von Cannabis oder Haschisch außerhalb Europas. So beschrieben in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts der deutsche Arzt Johannes Wier (Weyer) oder auch der berbischstämmige Geograf Leo Africanus die psychotropen Effekte von Hanf (ABEL 1980: 108, MARTIUS 1856: 138).
Abb. 2: Darstellung von Cannabis im Kräuterbuch von Leonard Fuchs
Abb. 3: Darstellung von Cannabis im Kräuterbuch des Tabernaemontanus
Ab 1500 entstanden als Folge der sich etablierenden Buchdruckerkunst epochenprägende Kräuterbücher. Man ging dazu über, die Pflanzen so naturgetreu wie möglich abzubilden. Bei den als Väter der Botanik bezeichneten Kräuterbuchautoren Otto Brunfels, Hieronymus Bock und Leonard Fuchs wird die Pflanze beschrieben und in kunstvollen Holzschnitten porträtiert.
Aber auch nachfolgende Kräuterbuchautoren wie Adam Lonicer, Jacobus Theodorus Tabernaemontanus oder Andreas Matthioli erläutern die medizinischen Anwendungen von Hanf. Letzterer schreibt:
«Den Weiber / so von wegen der auffstoßenden Mutter hinfallen / sol man angezündeten hanff für die Nasen halten / so stehen sie bald wiederumb auff»
(TSCHIRCH 1910: 849).
Bemerkenswert ist, dass in diesem Kräuterbuch der therapeutische Gebrauch von Hanfrauch zur Inhalation erwähnt wird, denn man verwendete in dieser Zeit fast ausschließlich die Samen oder das daraus gewonnene Öl, deren Nutzen man schon lange kannte. Im gleichen Kräuterbuch wird ein äußerlich angewandter Umschlag aus Hanfwurzel zur Behandlung von Gichtschmerzen erwähnt: auch dies war bis dahin unüblich.
Auch andere Gelehrte widmen sich der Hanfpflanze. So beschreibt der berühmte Zürcher Arzt Conrad Gessner in einem seiner Werke folgendes Hanfrezept gegen Haarausfall:
«Das Wasser von Hanffsaamen mit Knoblauchsafft gebrannt / eben auff die weise wie das Rosenwasser distilliert wird / ist ein zierd Wasser. Dann so man die glatten kaalen orth darmit bestreicht / so macht es daselbst haar wachsen» (GESSNER 1583).