Читать книгу Cannabis in der Medizin - Manfred Fankhauser - Страница 7

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«Und sie tat in den Wein, von dem sie tranken, ein Mittel, Sorgen und Zorn zu stillen und alles Leid zu vergessen. Wer das Mittel genoss mitsamt dem Weine des Mischkrugs, dem rann keine Träne den Tag die Wange herunter, lägen ihm auch tot darnieder Vater und Mutter, selbst, wenn man vor ihm den lieben Sohn oder Bruder mit dem Schwert erschlüge vor seinen Augen» (HOMER 1938: 55).

Ob dieses in der Antike als Nepenthes bezeichnete Wundermittel tatsächlich etwas mit Hanf zu tun hatte, bleibt bis heute ein Geheimnis. Bereits in frühster Zeit wurde über die Zusammensetzung dieses Arzneimittels diskutiert; vielleicht war es bloß eine dichterische Erfindung. Gäbe es ein solches Pharmakon tatsächlich, dann käme dies einem Allheilmittel gleich, einer Panazee. Gerade in Zusammenhang mit Cannabis wird der Begriff Wundermittel oftmals verwendet – doch was davon ist Realität, was Fiktion? Das vorliegende Buch gibt einen Ein- und Überblick zu Hanf in der Medizin. Dabei liegt der Fokus auf der langjährigen praktischen Erfahrung mit diversen Cannabispräparaten unter besonderer Berücksichtigung der Schweiz.

Nach einer kurzen Einführung in die Kulturgeschichte des Hanfs wenden wir uns der Medizin zu. Einblicke in die Medizingeschichte beschreiben den Stellenwert des Arzneimittels Cannabis in der westlichen, abendländischen Tradition, im Wissen, dass in anderen Kulturen der Hanf bereits früher auch als Medikament eingesetzt wurde. Der Aufschwung des Indischen Hanfs in Europa ab Mitte des 19. Jahrhunderts und sein vorübergehendes Verschwinden in der Bedeutungslosigkeit Mitte des 20. Jahrhunderts werden ebenso dargestellt wie die Gründe für die Wiederentdeckung dieser einst hochgeschätzten Medizinalpflanze.

Die Kapitel zu Botanik und Chemie bilden den zurzeit gültigen Kenntnisstand zu diesen Themen ab. Die botanische korrekte Einordnung von Cannabis ist seit Jahrhunderten ein Thema und noch heute nicht abgeschlossen. Auch die Erforschung der chemischen Zusammensetzung der Hanfpflanze ist ein kontinuierlicher Prozess; noch immer werden neue Inhaltsstoffe entdeckt. Dabei spielen die hanfspezifischen Cannabinoide die wichtigste Rolle. Aber auch von anderen Inhaltsstoffen wie den Terpenen verspricht man sich therapeutisches Potenzial. Die beiden wichtigsten Cannabinoide, Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD), werden kurz porträtiert.

Der Schwerpunkt in diesem Buch ist den medizinischen Anwendungen von Cannabis gewidmet. Als Einstieg werden das hochkomplexe Endocannabinoid-System (ECS) und die dazugehörenden Cannabinoid-(CB)-Rezeptoren vorgestellt. Darauf folgt ein Überblick über die Bedeutung von Cannabis in der heutigen Medizin. Die wichtigsten Anwendungsgebiete von Cannabis werden besprochen. Für Patienten und Fachpersonen wichtige Fragen zu Dosierungen, möglichen Nebenwirkungen, Wechselwirkungen, Abhängigkeitspotenzial usw. werden beschrieben.

Der Praxisteil des Buches basiert auf dem langjährigen Erfahrungsschatz der Autoren mit dem Einsatz von Cannabinoiden bei Patienten. Nebst den aktuell verfügbaren Cannabismedikamenten werden insbesondere cannabinoidhaltige Individualrezepturen aus der Schweiz, aus Deutschland und Österreich eingehend besprochen. Statistiken und grafische Darstellungen zur Verschreibungspraxis in der Schweiz geben einen Einblick, wie für mehrere tausend Patienten eine entsprechende Cannabisrezeptur verordnet wurde. Zur Veranschaulichung werden Fälle aus der Praxis von Patienten vorgestellt. Auch Cannabis verschreibende Ärzte kommen zu Wort und nehmen zu einzelnen Fallberichten Stellung.

Anders als die meisten anderen Medikamente hat Cannabis bis heute eine bewegte Rechtsgeschichte. In Kapitel 7 wird auf die aktuelle gültige Rechtslage eingegangen. Sowohl in der Schweiz als auch in Deutschland und Österreich unterstehen Hanfpräparate (mit wenigen Ausnahmen) dem Betäubungsmittelgesetz. Trotz international gültiger Grundlagen zeigen sich beträchtliche nationale Unterschiede. Schließlich werden die divergenten Ansätze zur Erstattungsfähigkeit von Cannabispräparaten erörtert.

Im Schlusskapitel kommen international bekannte und ausgewiesene Cannabisexperten sowie erfahrene Pioniere des Medizinalcannabis zu Wort und schildern die Fragen und Herausforderungen in der Cannabisforschung und der praktischen Arbeit mit Cannabinoiden.

Das Interesse für Cannabis und dessen Etablierung in der Medizin ist nichts anderes als die schon längst überfällige Wiederentdeckung eines altbekannten Arzneimittels, das sich erneut bewährt.

«Von vorherein war das Interesse, welches die ärztliche Welt dem Mittel [gemeint ist ein Cannabismedikament] entgegentrug, ein bedeutendes und die über dasselbe vorliegende Literatur ist ziemlich umfangreich.»

(E. MERCK, 1883)

Cannabis in der Medizin

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